Schweizer Käseallerlei

Nicht immer ganz ernstgemeinte Blicke über die Grenze


Eine archivierte Kolumne von  Maya_Gähler

Montag, 12. November 2007, 00:57
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Von Ponys und anderen Flaschen

Wie ich in meinem Gedicht *Eine Hessin auf Tells Spuren* schon mal kurz beschrieb, ist es gar nicht so einfach sich in der Gastronomie der Schweiz zurecht zu finden. Das fängt schon damit an, dass es nicht Gastronomie heisst, sondern Gastgewerbe oder im Dialekt *Gaschtig*.
Ich kann euch nur raten, wenn ihr mal in der Innerschweiz zu Gast seid und ihr würdet euch gerne mit einer Fanta erfrischen, bestellt von Anfang an Sinalco. Ich will hier keine Produktewerbung machen, sondern nur erklären, dass es sonst passieren kann, dass ihr ein Glas Wein hingestellt bekommt. Inhalt ein Fendant… ausgesprochen tönt das fast wie Fanta. Und unter Rücksichtnahme auf den Gast, ist man da sehr grosszügig in der Aussprache. Aber eben, Fanta und Fendant (Foanda) sind zwei paar Schuhe.

Immer wieder wird man mit Worten konfrontiert, welche in der deutschen Sprache eine ganz andere Bedeutung haben. Unter einem Pony zum Beispiel versteht man gemeinhin ein Kleinpferd.

Hier in der Schweiz hat das Wort auch die Bedeutung einer kleinen Flasche, genauer einer kleinen Bierflasche. Wenn ihr mich jetzt fragt, wieso das ausgerechnet Pony heisst, so kann ich nur raten.
Die Wikipedia gibt Auskunft darüber, dass mit Pony in der Gastronomie ein Damengedeck bezeichnet wurde. Also eine Piccoloflasche Sekt und ein Orangensaft. Es gab ja auch das Herrengedeck. Dies war meist eine Flasche Bier und ein Piccolo oder auch mal eine Flasche Bier und ein Korn. Meist wurde das in Bars oder Tanzlokalen so angeboten, um damit die Gagen für die Tänzerinnen zu finanzieren.

Apropos Bar. Da war ich auch ganz schön erstaunt, wie locker man hier eine Bar sieht. Für mich hatte das immer etwas Anrüchiges. Hatte so einen kleinen Beigeschmack von Verruchtheit. Spannend, aber eben…
Wenn man in der Schweiz sagt, man trifft sich in der Bar XYZ, dann ist das was ganz Normales. Fast jedes Restaurant hat eine kleine oder auch grössere Bar. Nix Anrüchiges. Vergleichbar mit einer Hotelbar, in der man sich mit Menschen trifft oder auch mal ganz alleine etwas trinkt.
Da kommt auch keine Dame, die eingeladen werden möchte und man für ein Glas Champagner soviel bezahlen muss, dass man dafür eine Woche essen könnte.
Klar gibt es in der Schweiz diese Art von Etablissement, aber die sind auch als solche gekennzeichnet.

Nun noch einmal zurück zu dem Pony. Meine Erfahrung damit hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Vor über 20 Jahren habe ich in einem bekannten Kurort der Schweiz in einem Viersternehotel gearbeitet. In der Bar, welche gleichzeitig tagsüber als Restaurant genutzt wurde. Viele Kurgäste und ihre Besucher kamen am Sonntag hierhin zum Tanztee. Ich liebte diese gemütlichen Sonntagnachmittage.
Manchmal war es ein wenig schwierig, wenn die Musik etwas lauter war als Zimmerlautstärke. Wenn im Raum und auf der Terrasse sich um die hundert Menschen befanden. Alle warteten darauf, dass sie von mir bedient wurden, da ich diesen Raum alleine managen musste. Ich hatte auch keine Hilfe am Buffet, musste also alles alleine einschenken etc. Wer schon einmal im Gastgewerbe gearbeitet hat, der weiss, wie man da rennen muss. Der Küchenbereich war nur über die Hotelhalle zu erreichen. Ich lief an diesen Sonntagen einige Kilometer, aber ich hatte Spass daran.

Jedenfalls kam eines Tages eine Gruppe in den Raum, alles ältere Herrschaften und sehr hübsch anzusehen. Sie trugen Trachten. Als alle ihren Platz eingenommen hatten, ging ich an den Tisch und sagte in meinem damaligen noch sehr vorherrschenden Hessendialekt: „Ei gude Tach, was darf isch ihne dann bringe?“ In der Hektik vergas ich manchmal Hochdeutsch zu reden. Man schaute mich an und sagte: „Froillein sie sind nöd öppe vo do?“ Ich erklärte woher ich sei. Konnte aber dem Gespräch nicht so folgen, da es Leute aus dem Appenzeller Land waren, die ihren Dialekt unbeirrt weitersprachen.

Lange Rede, kurzer Sinn. Die Bestellung wurde aufgegeben. Kafi creme, Kafi fertig, s`Mineral, das habe ich alles verstanden. Aber als einer der Herren ein Pony bestellte, da sagte ich zu ihm: „ Entschuldigen Sie bitte, aber wir haben nur einen Esel.“ Das Gelächter war riesengross. Ich wusste nur noch nicht warum. Man klärte mich auf, dass der Herr eine Flasche Bier wollte. Und sie meinten, ich sei ganz schön schlagfertig. Wen ich denn mit dem Esel meinen würde, wohl den Chef. Da war ich vollends verwirrt. Zum Hotel gehörte wirklich ein Esel, der hiess Jonny. Aber das wollte mir niemand mehr glauben.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag

wupperzeit (58)
(12.11.07)
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 souldeep (15.11.07)
liebe gudrun,
das ist etwas, was ich immer wieder mit staunen lese,
wenn menschen sich selbst ständig neue impulse zum
weitererzählen geben...das fasziniert mich.
ein geplauder ganz allein...

:)
danke für die aufklärung - ich kannte auch nur ponys
mit vier beinen, obwohl ich immer in der schweiz gelebt
habe...
und ich habe auch in einer bar gearbeitet - und im restaurant,
wo jetzt drei die arbeit machen, die ich allein bewältigen musste
damals...
jaja. wir werden älter.
:)))

liebe grüsse
kirsten

 styraxx (15.11.07)
Pony hin, Pony her, da ist viel Lokalkolorit drin. Jedenfalls habe ich mich beim Lesen deiner Kolumne köstlich amüsiert.

Liebe Grüsse
c.
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