Dienstags bei Inge
Ansichten übers Leben und Sterben und den Rest dazwischen
Eine archivierte Kolumne von IngeWrobel
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Die große böse Telekom vs. die kleine gute Inge
Hieße ich Erin Brockovich, würde ich um mein Recht kämpfen. Hieße ich Michael Kohlhaas, bliebe ich stur bis ans bittere Ende. Aber: ich heiße Inge und lebe nicht im 20. Jahrhundert in Amerika oder im 16. Jahrhundert in Berlin, sondern im 21. Jahrhundert in Baden-Württemberg – und bin es leid. Dieser Multikonzern hat mich kleingekriegt, zermürbt, zernervt.
Ich werde also, weil ich keine Kraft mehr habe, zahlen. Ich zahle eine dreistellige Eurosumme inklusive Anwaltskosten für Leistungen, die nicht erbracht wurden. Zuvor zahlte ich Portokosten und Einschreibgebühren für Briefe, die nie beantwortet wurden. Ich erklärte in teuren Hotline-Telefonaten Zusammenhänge, die ignoriert wurden. Ich sprach per Telefon, eMail und Brief mit ständig anderen Mitarbeitern über immer denselben Sachverhalt: Ein Kunde kündigt ordnungsgemäß einen Vertrag für eine Dienstleistung, aber das Dienstleistungsunternehmen reagiert nicht, sondern schickt weiterhin Rechnungen und Mahnungen.
Als ich die Abbuchungsgenehmigung storniere und bereits abgebuchte Zahlungen zurückfordere, wird mir der Saft abgedreht. In den eMail-Postfächern stauen sich die Mails, die nicht abgeholt werden können, da uns der Internet-Zugang verwehrt ist. Trotzdem kommt jeden Monat die Rechnung für eine Flatrate-Pauschale, die nicht mehr genutzt werden kann. Die seit über zwanzig Jahren bestehende Telefonnummer wird nicht zur Portierung durch meinen neuen Anbieter freigegeben. Erst als ich mich mit der neuen Nummer etabliert habe und diese Eintrag bei allen Leuten, die sie wissen müssen, gefunden hat, soll ich die alte nun doch zurückhaben.
Ich habe alles ausgeschöpft und zu klären versucht, was frau machen kann – außer einem persönlichen Erscheinen bei der Telekomzentrale in Bonn.
Als das erste Anwaltsschreiben kam hoffte ich noch, dass nun endlich, endlich vernunftbegabte Menschen sich des Falles annähmen und erkennen könnten, dass in Wahrheit die Telekom uns Geld schuldet.
Voller Hoffnung widersprach ich der ungerechtfertigten Forderung und lieferte reichlich Schrifliches, das für den Durchblick sorgen sollte. Die Anwaltskanzlei versprach, mit ihrer Mandantin, der Deutsche Telekom AG, Rücksprache zu nehmen, und sich dann wieder zu melden.
Ich war so sicher, dass nun alles gut wird, denn das Recht ist eindeutig auf meiner Seite. Aber wer hat ihn nicht schonmal gehört, diesen Spruch, dass Recht haben und Recht bekommen zweierlei Stiefel sind?!
Bitter ist diese Erkenntnis, dass der Spruch stimmt: Nach gut einem Monat teilt die Rechtsanwaltskanzlei mir nun knapp mit, dass nach erfolgter Rücksprache mit ihrer Mandantin die Forderung zu Recht bestehe. Wenn ich nicht bis zur gesetzten Frist zahle, wird „unverzüglich das gerichtliche Mahnverfahren“ eingeleitet.
Wie schon gesagt: Ich fühle mich, wie sich Michael Kohlhaas, der in Wahrheit übrigens Hans Kohlhase hieß, gefühlt haben mag. Aber ich bin nicht lebensmüde – nur schon „gerädert“ genug durch den Nervenkrieg. Deshalb werde ich zahlen.
Was ich mit der Wut mache, die in mir kocht, weiß ich noch nicht. Ein bisschen davon hab ich jetzt bei Ihnen, meine treuen Leser, abgeladen. Danke dafür! und „Entschuldigung!“