Wanda und das Weltgeschehen

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Eine archivierte Kolumne von  Songline

Samstag, 07. April 2012, 22:23
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Tanz auf dem Totentuch

Es gibt ja so Tage, da wundert frau sich nur noch. Zum Beispiel darüber, dass – glaubt man den im Privatfernsehen zur Schau gestellten öffentlichen Umfragen – kaum noch jemand weiß, warum eigentlich Ostern gefeiert wird. Nein, liebe Leser unter 40, es ist nicht, weil irgendwelche Hasen an diesem Tag bunte Eier legen!

Wer glaubt, dass der Feiertag irgendwas mit der Kirche zu tun hat, ist schon ziemlich klug. Wer denkt, dass wir Christi Geburt feiern, ist schon ganz heiß dran. Wer sich erinnern kann, dass es um Christi Tod und Auferstehung geht, bekommt hundert von hundert Punkten und wer an Ostern in die Kirche geht, ist schon nicht mehr von dieser Welt.

Der facebook-Generation ist das kirchliche Brimborium zu Ostern ziemlich schnuppe. Vor allem aber ist ihr das Verbot von Vergnügungsveranstaltungen ein Dorn im Auge. Die Piratenpartei beantragte, gegen die Karfreitagsruhe mit einer Tanzdemo protestieren zu dürfen, was verboten wurde. In Trier fand sich ein flashmob am Dom zusammen und veranstaltete mit Kopfhörern im Ohr ein Silent Dancing. Das war zwar noch kein Tanz auf dem Totenrock, zeugt aber doch von genau der Intoleranz, die man der Kirchgängerfraktion vorwirft.

Nun frage ich mich, ob die Spaßgesellschaft nicht mal für wenige Tage im Jahr auf Party verzichten kann. Wenn sie das nicht kann, sollte sie zumindest so konsequent sein und die Abschaffung aller kirchlichen Festtage als Feiertage beantragen. Wer nicht glaubt, muss auch nicht blaumachen. Aber in dieser Richtung hört man nichts, weder von den Piraten, noch von den flashmobbern. Ist halt schön, wenn man sich jeweils das Beste raussucht: Schön viel freie Zeit am Feiertag, um schön viel zu feiern. Was auch immer. Hauptsache nicht das, wofür der Feiertag als solcher gedacht ist.

Man mag von der Kirche halten, was man will: Die österlichen Zeremonien sind ein Kulturgut, das den Jahreskreislauf nicht nur in Deutschland seit Jahrhunderten prägt. Demnach ist die Ablehnung der Feiertagsruhe nicht eine berechtigte Forderung nach persönlicher Freiheit, sondern eine Intoleranz gegenüber der Tradition, welche von der weit überwiegenden Bevölkerungsmehrheit geachtet wird.

Auch wenn man nicht glaubt, sollte einem irgendwas wert-voll sein. Und sei es die Achtung vor der Kultur des Landes, dessen Freiheiten man an allen Tagen genießen darf. Auch an Ostern. Nur dann nicht in der Disco. Die Piraten und facebooks werden das wohl verschmerzen können.

In diesem Sinne: Frohe Ostern!

Bis bald mal,
Wanda

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 Dieter_Rotmund (08.04.12)
Liebe Songline-Wanda,

da hast du nicht (sorgfältig genug) recherchiert. Jesus hat über 12 Millionen "Freunde" auf Facebook. Sic!

 BrigitteG (08.04.12)
@ Wanda - ich hab es nicht mit der Religion, aber solange eine Religion nicht fundamentalistisch wird (was immer bedeutet, dass die Frauen einen Dreck wert sind), habe ich überhaupt keine Probleme damit, dass Menschen glauben (und sie hoffentlich mit mir auch nicht).

Ich mag Tage wie Karfreitag oder Totensonntag nicht aus religiösen Gründen, sondern weil sich eine Ruhe über das Land legt, die ich sehr erholsam finde. Besinnung kann, aber muss nicht religiös sein.

@ Dieter - muss sich dann nicht jemand als "Jesus" vorher bei facebook angemeldet haben?

 Songline (08.04.12)
@ Dieter: Die haben aber nicht zu einen flashmob aufgerufen, um für Ruhe zu demonstrieren.

 Songline (08.04.12)
@ Brigitte: So sehe ich es auch. Danke für deinen Kommentar.

 Dieter_Rotmund (08.04.12)
Nein, Jesus hat seit ca. 2000 Jahren zu keinem Flashmob mehr aufgerufen.
Dass mit den 12 Mio. Freunden habe ich aus der heutigen Sonntags-FAZ. Ich habe es nicht überprüfen können, weder Anzahl noch ob Jesus persönlich dort einen Account hat, weil ich kein Gesichtsbuch-Mitglied bin...

 Dieter_Rotmund (09.04.12)
Übrigens sollte man - wenn man sachlich und/oder tolerant sein will - für die Benennung des wohl einflußreichsten christlichen Propheten nicht "Christus" wählen (sondern z.B. "Jesus"), zeugt die Bezeichnung "Christus" doch a priori von einer gewissen, wie soll ich sagen, Unterwürfig- bzw. Personenkulthaftigeit, weil,sie eine Art Ehrentitel ist. Das ist in etwa so, als würde man nicht "Adolf Hitler", sondern nur "Führer" schreiben. Für diesen Vergleich möge man mich vor mir aus wahlweise kreuzigen oder "vergasen", ein besserer ist mir auf die Schnelle nicht eingefallen, sorry! Aber es wird glasklar, was ich meine.

 Songline (09.04.12)
@ Dieter: Da du dich beschwertest, dass einem gewisse Dinge den Spaß am Kolumnenschreiben verderben: Mir verderben deine Kommentare den Spaß, weil du mit schöner Regelmäßigkeit Haarspalterei betreibst und mir dabei unterschwellig etwas anhaftest. Die Bezeichnung "Christus" ist durchaus geläufig und sie zu benutzen, ist für mich kein Zeichen von Unterwürfigkeit, sondern von der Verwendung des allgemeinen Sprachgebrauchs im zeitlichen Zusammenhang mit dem dazu gehörigen Fest.

 Dieter_Rotmund (09.04.12)
Nun gut, dann hier meine allerletzter Kommentar zu Wandas Weltgeschehen: In meinem Freundes- und Bekannteskreis sagen nur die wenigen Evangelikalen - also die sog. 150%igen - "Christus". In wissenschaftlichen Artikeln und in der seriösen Printpresse schreibt ebenfalls keiner als neutrale Benennung "Christus".

 Bergmann (30.12.12)
Ich schlage noch Jesus Christus vor, da haben wir Mensch und Gott beieinander.
Wenn ich Christus sage, erkläre ich damit nicht schon notwendig meine Gläubigkeit, sondern beziehe mich auf die Göttlichkeit Jesu. Der Vergleich mit dem Führer (A. H.) ist wieder mal höchst deplaziert und ungeschickt.
Trotzdem sehe ich in Dieter Rotmund das notwendige Salz in der Kolumnensuppe. Sein Widerspruchs- und Kritikergeist hat stets aufklärerische Wirkungen.
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