Wanda und das Weltgeschehen
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Eine archivierte Kolumne von Songline
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Tanz auf dem Totentuch
Es gibt ja so Tage, da wundert frau sich nur noch. Zum Beispiel darüber, dass – glaubt man den im Privatfernsehen zur Schau gestellten öffentlichen Umfragen – kaum noch jemand weiß, warum eigentlich Ostern gefeiert wird. Nein, liebe Leser unter 40, es ist nicht, weil irgendwelche Hasen an diesem Tag bunte Eier legen!
Wer glaubt, dass der Feiertag irgendwas mit der Kirche zu tun hat, ist schon ziemlich klug. Wer denkt, dass wir Christi Geburt feiern, ist schon ganz heiß dran. Wer sich erinnern kann, dass es um Christi Tod und Auferstehung geht, bekommt hundert von hundert Punkten und wer an Ostern in die Kirche geht, ist schon nicht mehr von dieser Welt.
Der facebook-Generation ist das kirchliche Brimborium zu Ostern ziemlich schnuppe. Vor allem aber ist ihr das Verbot von Vergnügungsveranstaltungen ein Dorn im Auge. Die Piratenpartei beantragte, gegen die Karfreitagsruhe mit einer Tanzdemo protestieren zu dürfen, was verboten wurde. In Trier fand sich ein flashmob am Dom zusammen und veranstaltete mit Kopfhörern im Ohr ein Silent Dancing. Das war zwar noch kein Tanz auf dem Totenrock, zeugt aber doch von genau der Intoleranz, die man der Kirchgängerfraktion vorwirft.
Nun frage ich mich, ob die Spaßgesellschaft nicht mal für wenige Tage im Jahr auf Party verzichten kann. Wenn sie das nicht kann, sollte sie zumindest so konsequent sein und die Abschaffung aller kirchlichen Festtage als Feiertage beantragen. Wer nicht glaubt, muss auch nicht blaumachen. Aber in dieser Richtung hört man nichts, weder von den Piraten, noch von den flashmobbern. Ist halt schön, wenn man sich jeweils das Beste raussucht: Schön viel freie Zeit am Feiertag, um schön viel zu feiern. Was auch immer. Hauptsache nicht das, wofür der Feiertag als solcher gedacht ist.
Man mag von der Kirche halten, was man will: Die österlichen Zeremonien sind ein Kulturgut, das den Jahreskreislauf nicht nur in Deutschland seit Jahrhunderten prägt. Demnach ist die Ablehnung der Feiertagsruhe nicht eine berechtigte Forderung nach persönlicher Freiheit, sondern eine Intoleranz gegenüber der Tradition, welche von der weit überwiegenden Bevölkerungsmehrheit geachtet wird.
Auch wenn man nicht glaubt, sollte einem irgendwas wert-voll sein. Und sei es die Achtung vor der Kultur des Landes, dessen Freiheiten man an allen Tagen genießen darf. Auch an Ostern. Nur dann nicht in der Disco. Die Piraten und facebooks werden das wohl verschmerzen können.
In diesem Sinne: Frohe Ostern!
Bis bald mal,
Wanda
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
da hast du nicht (sorgfältig genug) recherchiert. Jesus hat über 12 Millionen "Freunde" auf Facebook. Sic!
Ich mag Tage wie Karfreitag oder Totensonntag nicht aus religiösen Gründen, sondern weil sich eine Ruhe über das Land legt, die ich sehr erholsam finde. Besinnung kann, aber muss nicht religiös sein.
@ Dieter - muss sich dann nicht jemand als "Jesus" vorher bei facebook angemeldet haben?
Dass mit den 12 Mio. Freunden habe ich aus der heutigen Sonntags-FAZ. Ich habe es nicht überprüfen können, weder Anzahl noch ob Jesus persönlich dort einen Account hat, weil ich kein Gesichtsbuch-Mitglied bin...
Wenn ich Christus sage, erkläre ich damit nicht schon notwendig meine Gläubigkeit, sondern beziehe mich auf die Göttlichkeit Jesu. Der Vergleich mit dem Führer (A. H.) ist wieder mal höchst deplaziert und ungeschickt.
Trotzdem sehe ich in Dieter Rotmund das notwendige Salz in der Kolumnensuppe. Sein Widerspruchs- und Kritikergeist hat stets aufklärerische Wirkungen.