Alle 526 Textkommentare von Habakuk

09.12.20 - Kommentar zum Text  versuche assoziativen denkens von  nadir: "Hat ein wenig gedauert, bis ich mich mit dem Gedicht anfreunden konnte. Mittlerweile finde ich deine surrealistisch-symbolistisch-expressionistisch angehauchten Gedankenassoziation sehr interessant. Manches braucht halt seine Zeit. ;-) Könnte ich mir sehr gut auch als Bewusstseinsstrom (stream of consciousness) vorstellen, eine Erzähltechnik des modernen Romans, die Gedanken und Bewusstseinsvorgänge in spontan-assoziativer und ungeordneter Form wiedergibt. So in der Art etwa: der himmel ... atmet seit jahrtausenden ein ... deswegen wölbt er sich so ... und wenn er ausatmet ... alles alles wird anders werden sagst du ... aber dein gesicht bleibt kalt ... und zerbricht die worte dabei – du zurrst den krähenruf an deinem hals fest ... er sitzt so locker ... fast fällt er ... an deiner haut klebt noch der lärm den dein denken verursacht –zuhause zerrt an deinem gesicht ... schatten knöpfen den raum zu – der in deinen worten aufgesprungen ist ... dein mund ... zerbrochenes glas ... das gesicht wird in der sprache gezüchtet ... bewegungen verirren sich ... bis du stillstehst und schaust ... das gesicht eines kindes ... aus sandkörnern zusammengelegt ... deine zerbrochene kindheit ist mein heiles glas – den menschen in leisen und lauten mosaiksteinen denken ... manchmal sind die augen ausgetrunken bevor es tag ist ... dann trocknen die worte auf ihnen ... schweigen – du ziehst den draht aus der stille ... der tod in dein gesicht genäht – dünner als draht Gruß H."

26.11.20 - Kommentar zum Text  Wintersinn von  juttavon: "„Wintersinn“, so lautet der Titel deines Gedichts. Den Winter assoziiere ich mit einem Zyklus des Zerfalls, mit Tod und Stille. Somit sagt der Titel bereits das aus, was die Verse verdeutlichen. Eine Interpretation des Gedichts erübrigt sich. Es erschließt sich m. E. von selbst. “wir werden uns ähnlicher/im Schweigen“ sind schöne Schlussverse. Auffallend die rhetorische Figur „Personifikation“ bei „stiller Schnee, die Zeit geht langsam, leise singt der Tod“. Besonders erwähnt seien die Assonanz beim Diphthong „ei“ in Zeit, Zweige, leise, Schweigen“, die Alliteration bei „Schnee, schwarze, Schweigen“, die wohlklingenden Konsonanzen, hervorheben möchte ich diesbezüglich die Konsonanz auf „w“ bei „schwarze Zweige/Wind/wir werden/Schweigen. Sehr eufonisch, dein Gedicht, liebe Jutta. HG H."

31.10.20 - Kommentar zum Text  Für eine Malerin von  juttavon: "Das Gedicht gefällt mir gut, liebe Jutta. In eindrucksvollen, lyrischen Bildern zeichnest du das Leben der Malerin Frieda Kahlo nach. Die Stimmung des Gedichts lässt sich nur erspüren, wenn man sich die Schicksalsschläge und die damit einhergehenden Leiden physischer und seelischer Art vor Augen führt, die seit frühester Kindheit ihr Leben durchzogen. Ein unvorstellbar schmerzvolles Künstlerleben. „Eine tödliche Müdigkeit, und natürlich oft Verzweiflung. Der Kummer und der Schmerz, die Lust und der Tod sind nur ein Prozess.“ So lautete ihre Aussage. Als Künstlerin bearbeitete Frida Kahlo in ihren Bildern ihr Leiden, insbesondere die chronische Krankheit, aber auch ihre Eheprobleme. Personalpronomen sind ein Beispiel für eine Wortart, deren Aufgabe es ist, Nähe oder Distanz, also persönliche Beziehungen auszudrücken. Das lyrische Ich identifiziert sich womöglich mit der Malerin, die eben diese persönliche Nähe zum Tod zu haben scheint. Der Vers „kannst du ihn malen/den Tod“ lässt mich dies vermuten. Immer wieder musste die Malerin liegend in einem Ganzkörpergips bzw. Stahlkorsett verbringen. „Die Eisenketten/in denen das Verlangen nach Leben stirbt“. Das Bedrohliche, Aggressive der Situation kommt insbesondere in S2 für mich sprachklanglich sehr gut zur Wirkung. Der zweifache Zisch-Reibelaut-Trigraph „Sch“ in „Schwarz“ bzw. „verschlingt“, die harten, scharfen Konsonanten „z, t, k“, die Reibe- bzw. Zischlaute f und v, die scharfen Zischlaut-Digraphen „St, ch“ unterstreichen dies. Wenngleich sie Religion grundsätzlich ablehnte, entwickelte sie eine tiefe transzendente Sehnsucht, verbunden mit dem Wunsch, nie mehr zurückzukehren. S3, V1-3 lassen mich daher an den altägyptischen Mythos vom „Benu“ denken, der sich nach der Schöpfung als erstes Wesen auf dem aus der Flut auftauchenden Land niederließ. In bestimmten Zeitabständen kommt er aus Arabien oder Indien nach Heliopolis, wo er sich im Tempel des Sonnengottes ein Nest aus Myrrhen baut. Hier verbrennt er beim Sonnenaufgang in der Glut der Morgenröte, um aus seiner Asche verjüngt wieder aufzuerstehen und zum Himmel emporzufliegen. Der griechische Phönix-Mythos kommt mir gleichfalls in den Sinn. Male die Tropfen des Meeres, heißt es im letzten Vers. Das Meer als Symbol für das Unbewusste in seiner Gesamtheit, die Fülle von Gedanken, Gefühlen, Emotionen und Hoffnungen. In lyrischer Bildlichkeit hast du das Leben der Malerin trefflich bedichtet. Sprachklanglich beeindruckend. Nicht zuletzt durch die Sprachfiguren Alliteration (Farben/verschlingt, male/Meeres, schwarz/Stirn, verschlingt/verbleicht), Assonanz (kannst/malen, Verlangen/Schwarz/Farben/erkaltet/Augen, Tod/Blutrot/Vogel, Tropfen, stirbt/verschlingt/spiegelt/Licht) und Konsonanz, die ich nicht einzeln aufführe. HG H. Kommentar geändert am 01.11.2020 um 06:20 Uhr"

25.10.20 - Kommentar zum Text  szene von  nadir: "Traumhaft-suggestive Bilder, dem unmittelbaren Verständnis entzogen, die mich an den Surrealismus und Symbolismus denken lassen. Gefällt mir sehr gut. BG H."

27.06.20 - Kommentar zum Text  Wolfsgeheul von  juttavon: "Nicht leicht zu deuten, dein Gedicht, liebe Jutta. Aber klanglich schön. Zuhauf Alliterationen, Assonanzen sowie Konsonanzen in den Versen, die alle aufzuzeigen ich mir diesmal erspare. Spontan kamen mir bei deinen Versen folgende Gedanken: „Alles ist Klang, alles ist Schwingung, alles schwingt, ist lebendig miteinander verwoben, sich beeinflussend, Klänge, Frequenzen, nicht sichtbar mit dem physischen Auge, aber spürbar, alles durchdringend. Alles schwingt miteinander, in Disharmonien oder harmonisch. Wir reagieren, bewusst oder unbewusst auf die Schwingungen, die uns umgeben, auf uns einwirken. Erfahren das als innere „Klänge“, wenn man bereit ist, nach Innen zu hören. Äußere Klänge können uns wieder zu uns zurückführen, jenseits des Verstandes, des Egos, der eigenen Grenzen“. – Aus dem Buch „Nada Brahma - Die Welt ist Klang" von Ernst Berendt – Aus der Quantenphysik wissen wir, dass die Welt nicht aus festen Bestandteilen besteht, sondern aus Schwingung. Schwingung wird in geordneter Form zum Klang, der in manchen Bereichen für uns Menschen hörbar wird, in der Musik beispielsweise. Es gibt einen Grundton, eine Grundschwingung, der alles zugrunde liegt, welche die gesamte Schöpfung zusammenfügt und zusammenhält. Dies ist der Urton, das bekannte mystische Aum, Om. Man könnte diesen Ton auch Gott, Urquelle oder Schöpferkraft nennen. Es ist die Lebenskraft, der alles innewohnt, die lebensspendende Kraft. Es gibt gar keine Materie. Alles ist Schwingung. Sagt Prof. Dr. Dr. Hans-Peter Dürr, Quantenphysiker. Wenn wir von dem Gedanken ausgehen, dass alles Klang, Schwingung ist, müssen wir folgern, dass wir selbst auch Klang oder Schwingung sind. Unsere Seelen haben ebenfalls ihre eigene Ur- Schwingung, der wiederum der Ur-Ton der gesamten Schöpfung zugrunde liegt. Wenn wir in Einklang mit diesem Ton sind, sind wir es auch mit dem Leben selbst. In diesem Zusammenhang sei die Tradition des „Nada-Yoga“ erwähnt. Ton und Sprache haben ohne Zweifel religiöse Dimensionen. Musik und Sprache sind womöglich ein Zeichen für die Existenz einer Welt hinter der Welt. Töne sind das Ergebnis von Gedanken und stehen somit auch mit dem von dir benutzten Bild „Erinnerung“ in Verbindung. Wissenschaftlich ist das untersucht worden. Die heilende und wohltuende Wirkung von Musik lässt sich so einordnen. Von all dem obig Angefügten könnte dein Gedicht handeln. Ich empfinde es so. Jetzt muss ich nur noch das fehlende Verbindungsstück zum Wolf finden, dessen Heulen sich wie ein Meteorit, der in die Atmosphäre eintritt, anhört. Hierzu greife ich noch einmal einen weiter oben angeführten Satz auf: „Wenn wir in Einklang mit diesem Ton sind, sind wir es auch mit dem Leben selbst“. Auf Wölfe trifft dies wohl zu. Auf wilde Tiere, wenn man sie in ihrer archaischen Ursprünglichkeit belässt, grundsätzlich, denke ich. Der Mensch muss evtl. diesbezüglich ein wenig differenzierter betrachtet werden. HG H."

30.05.20 - Kommentar zum Text  Ankommen von  juttavon: "Mir gefällt die Prosaskizze besser, liebe Jutta. Feine impressionistische Klänge hast du dem Text angedeihen lassen, wie es sich für eine Skizze auch gehört. Du hast dich für parataktische Satzkonstruktionen entschieden, um das Wesen einer Prosaskizze, die ja nur Momentbilder, Ausschnitte beschreibt, zu verdeutlichen. Augenblicksempfindungen, Stimmungen in kurzlebigen Begegnungen, Licht-, Farb-, Duft- oder Geräuscheindrücken, in allem wird die flüchtige Andeutung angestrebt. Da passen parataktische Satzkonstruktionen mit kurzen Sätzen sehr gut, da sie dem Text die demgemäße Dynamik verleihen. An der einen oder anderen Stelle hättest du es für meinen Geschmack ruhig noch intensivieren können, zum Beispiel: „Die Ordnung der Bäume ist vertraut. Das Licht zwischen den Häusern. Der Heckenschnitt. Meine Schritte werden schneller. Die Schatten dunkler. Taste die Stadtmauer entlang. Hinauf zur Burg. Sinke ins Tal. Weit bis zur Bergkette“. Im Gegensatz dazu verlangt die Versrede Pausen, da durch die Betonung wichtiger Wörter und das bewusste Setzen von Pausen, bspw. durch Enjambements, das Sprechtempo variiert. Das gibt dem Gedicht erst den erforderlichen Rhythmus. Die syntaktische Einheit eines Prosatextes erfordert dies nicht zwangsläufig. HG H."

21.05.20 - Kommentar zum Text  ein Beben von  juttavon: "Sprachlich ein schönes Gedicht, liebe Jutta, dem Musikalität und Rhythmus zu eigen sind. In diesem Gedicht scheint es mir um eine Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und einem Du zu gehen. Verbundenheit, Anziehung, Trennung und Abschied. „Im Hals steigt mit engem Ton die Klage“, „dem Leuchten zu/das eben noch sichtbar uns bezwang“. Ein gewisser Zweifel beim Aufeinandertreffen der beiden lyrischen Subjekte klingt auch in dem Vers „unsicheren Schrittes besteigen wir das Felsenmoor“ an. Der Begriff des Felsenmoores scheint mir eine Wortneuschöpfung, ein Kunstwort zu sein. Vllt. ein Bild für die Ambivalenz der Gefühle. Der Fels als Bild für Festigkeit, Sicherheit, das Moor dagegen für Unsicherheit, Unbeständigkeit. Dies ist natürlich meine persönliche Rezeption. Alles mag völlig anders intendiert gewesen sein. HG H. Kommentar geändert am 21.05.2020 um 13:40 Uhr"

19.05.20 - Kommentar zum Text  einzeln von  juttavon: "Reduktion im Ausdruck und Verknappung in der Form prägen dein Gedicht, liebe Jutta. Sehr klangvoll, der doppelte Diagraph ch, Alliteration bei „a/b“, Assonanz bei „u/ü/e“, Häufung gleicher Konsonanzen (Konsonanz) bei „n/t/r“, um nur einige Beispiele aufzuzeigen, die dafür mitverantwortlich sind. Alles mahlen die Mühlsteine/heraus kommen Sterne./Der Vorabend des längsten Tages. (George Seferis) Der Mühlstein als Sinnbild des Lebens, für manchen sicherlich eine treffliche Metapher. Der Mühlstein, der das Korn zermahlt zu Mehl, woraus Brot entsteht, ein Symbol für das Leben. Mir scheint, das lyrische Ich befindet sich in einem Transformationsprozess, einer Entwicklung, einem Wandel oder einer Verwandlung. Welcher Art diese ist, muss hier nicht gemutmaßt werden. Dass es ein schmerzlicher Prozess sein könnte, kommt in dem Vers „zwischen den reibenden Häuten“ zum Ausdruck. „Ein Luftzug ergreift alles“. Luft als geistiges Symbol mag ein Hinweis darauf sein, dass es sich womöglich um einen innerlichen/seelischen Prozess handelt. Sprachlich schön. Gefällt mir gut. HG H."

10.05.20 - Kommentar zum Text  Untergrund von  juttavon: "Gefällt mir ausgesprochen gut, liebe Jutta. Sprachlich sehr ansprechend. Schwanke noch ein wenig, wie ich den Text klassifizieren könnte. Als impressionistische Prosaskizze wäre eine Möglichkeit und läge sicherlich nicht völlig daneben. Ein „Gedankenbericht“ bzw. eine „erlebte Rede“, beides Begriffe, welche gleichfalls zutreffen würden. Wie auch immer. Durch die hypotaktische Struktur der Sätze, die nur durch Kommata getrennt sind, entsteht eine musikalisierte Sprache. Erinnerungen, Reflexionen, Eindrücke reihen sich aneinander. Die Sprache und die poetischen Bilder klingen teilweise wie Lyrik an. Die Grenzen zwischen den Sätzen und Gedanken verwischen und gehen in eine komplex-verschlungene narrative Innensicht von Augenblicksregungen auf. Die gewählte hypotaktische Struktur bringt die Dramatik dieses inneren Vorgangs sehr gut zur Geltung und steigert zudem noch das Tempo des Textes. Letzteres womöglich auch ein Hinweis auf die Hektik vor der erzwungenen Ruhe durch das Virus. Sicherlich wäre zu überlegen, das Bild des Virus durch ein anderes zu ersetzen. Dann bekäme der Text mehr Allgemeingültigkeit. Schöne Prosaminiatur. HG H."

26.04.20 - Kommentar zum Text  Achte Etage, Balkon von  niemand: "Manche Gedichte auf KV können einen schon in den Selbstmord treiben. Manche Satiren aber auch. ;-) BG H."

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