KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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DOPPELPHÖNIX
166. Kolumne
Ich glaube, dass es Gott nicht gibt, dass wir aber Göttliches in uns tragen:
Die Fähigkeit unser Leben zu gestalten und so uns selbst zu erschaffen. Ich empfinde mich als Schriftsteller wie ein Schöpfer - ohne Wahn. Ich bin Auctor, weil ich meine biologischen Determinanten, die ich nicht leugnen kann, wenigstens partiell übersteigen will. So gesehen ist mir Schopenhauers Philosophie, wenn ich sie mit Camus (Der Mythos von Sisyphos) verknüpfe, am nächsten. Daher meine Liebe zu Thomas Mann, den ich auch wegen seiner Sprache bewundere.
Ich kann ohne Sprache, ohne Kunst, nicht leben, ich will Dichter (oder Schriftsteller) sein. Ich kann die Welt nur ertragen, wenn ich mein Leben so gestalte, dass ich die Welt in meiner Arbeit verändere, indem ich sie bewusster mache - auch als Lehrer. So gesehen lebe ich für die Dichtung. So ein kleiner Gott will ich sein. Das ist nicht vermessen.
Ich bin ein Kind des Glücks: Weil ich die starke Kraft und Lebensbejahung habe und immer schon hatte. In meiner nicht eben leichten Jugend war es schon so. Ich habe in meiner Familie seit Jahren den Spitznamen Doppelphönix. ICH BIN PHÖNIX, DOPPELT. Ich habe nur eine leichte Neigung zur Melancholie, gerade soviel wie nötig um zu schreiben, nicht mehr. Wenn ich ganz alt bin, verstärkt sie sich wahrscheinlich. Aber das dauert noch. Ich rechne mit einem langen Leben.
Die Welt ist klein und eng. Auch am Rhein ist nicht die große weite Welt, auch in Berlin nicht überall, und auch nicht in New York oder London oder Paris. Ach was. Das Schicksal schlägt überall zu. Oder: Unser Schicksal gestalten wir an jedem Ort. Wir können heute überall ins Netzwerk der Literatur einsteigen. In diesem Netzwerk fühle ich mich versponnen und wohl.