KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Cicero auf schwankendem Grund (von loslosch)
233. Kolumne / 10. Gastkolumne
Essay zum Thema Frieden
von loslosch
Iniquissimam pacem iniustissimo bello antefero (Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr.; Ad familiares). Den äußerst ungerechten Frieden ziehe ich dem äußerst ungerechten Krieg vor.
Widerspruchsvolle Thesen im Gesamtwerk eines großen Schriftstellers finden sich nicht selten. Schon allein deshalb, weil ein schöpferischer Geist im Verlauf einer langen produktiven Phase seine Weltsicht modifiziert, wenn nicht stark verändert. Diese Sentenz hier wirkt wie eine pazifistische Botschaft, ist aber wohl nicht konsequent zu Ende gedacht. Es soll vermutlich die Aussage eines am Konflikt Unbeteiligten sein. Im Prinzip gibt es keinen "gerechten" Krieg; denn immer leiden auch Unschuldige, zumal in Kriegen der Gegenwart. Als extrem ungerechter Krieg lässt sich ein unprovozierter Angriffskrieg bezeichnen. Als extrem ungerechten Frieden empfinden wohl alle unterlegenen Völker das Ergebnis eines verlorenen Krieges. Nicht von ungefähr spricht man vom Friedensdiktat (oder Diktatfrieden), das die Besatzer dem Verlierer aufdrücken. Die im antiken Spruch gegenübergestellten Alternativen sind in der geschichtlichen Realität so nicht darstellbar.
Beispiel Tibet: Ein äußerst ungerechter Frieden, den die chinesischen Besatzer dem Volk der Tibeter in den 1950er Jahren aufgezwungen haben. Vor der Alternative, einen Krieg gegen das übermächtige China zu führen, der nicht einmal ein äußerst ungerechter gewesen wäre, standen die Ureinwohner Tibets im Jahre 1950 nicht. Und die Indianer Nord-, Mittel- und Südamerikas? Die Ureinwohner Australiens? Die sibirischen Burjaten, Jakuten und Tschuktschen? Und und und.
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(21.01.11)