KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Dienstag, 09. August 2011, 00:20
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Metaprozesse

264. Kolumne

Für zwei Euro auf dem Flohmarkt: „Brehm’s Illustrirtes Thierleben. Für Volk und Schule bearbeitet von Friedrich Schödler. Mit 709 Abbildungen nach der Natur, ausgeführt unter Leitung von R. Kretschmer und E. Schmidt, und 1 Karte ‘Heimath der wichtigsten Thiere’. Dritter Band. - Niedere Thiere. Neue Stereotyp-ausgabe. Leipzig. Verlag des Bibliographischen Instituts. 1875.“ 945 Seiten.
Darin sind Kriechthiere, Lurche und Fische; die wirbellosen Thiere: Insekten, Tausendfüßler und Spinnen; Krebse, Würmer, Weichtiere, Stachelhäuter, Coelenteraten, Urthiere.
Ich las vom heiligen Pillendreher und der gemeinen Honigbiene, den tierischen Verwandten des Sisyphos. Die Fische sehen phantastisch aus, etwa der Himmelsgucker oder der Knurrhahn, der Rothfeuerfisch, der Sattelkopf, der Seebader, der Heringskönig, der Seeschmetterling, der Angler, die Seefledermaus, die Tabakspfeife, der Schlammbeißer, der Igelfisch, der Fahak, das Vierhorn, das Drachenpferdchen, der Hammerfisch, der Meerengel, der Marmelrochen, der Nagelrochen, die Spöke.
Wir sehen diesen Tieren physiognomisch oft sehr ähnlich. Mir kommt es so vor, als erlebten wir archetypische Lebenssituationen nur etwas bewusster als diese Thiere: Warten, Hoffen, Lauern, Angst, Verstellung und Grinsen, Ignoranz, Blödheit, Neid, Ärger, Zorn, Träumen, Dösen ... zeichnen sich ein in unsere Gesichter, Körperhaltungen und Verkleidungen.
In diesen Bildern verstehe ich das Leben in der Vielfalt der Formen, im absurd erscheinenden Sinn oder im sinnvoll erscheinenden Absurden, da verschwindet jeder Sinn, das Absurde gibt es nicht, Zufall ist der Bruder der Notwendigkeit, alles kommt aus dem scheinbaren Nichts, dem ungeordneten Etwas, geht durch Formen und Verwandlungen, alles ist Prozess, mit dem Beginn steht das Ende schon fest. Wahrscheinlich sind wir nur flüchtiger Bestand Gestalt gewordener Tautologien.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 loslosch (26.08.11)
Naja, am schluss wirds pointierter fatalismus. mittendrin schriebst du von "Thieren" außerhalb brehmscher zitierung. auch ein flüchtiger bestand. was ich gestern erfuhr: das kleinste säugetier wiegt zwei gramm (wie schwer ist eigentlich das neugeborene?). es ist die schweinsnasenfledermaus, erst 1974 entdeckt, dann zunächst als insekt (hummelartige) eingeordnet. brehm würde staunen, der einen teil seines lebens ungewollt opferte, spätfolge seiner reisen in die tropen.

 Lala (26.08.11)
Die Wiedererkennung des eigenen Selbst in den zufälligen Grimassen vielnamiger – und übrigens langatmiger - Fische? Das Wiedererkennen der eigenen Evolution im Durchlauf der eigenen Embryonal-Entwicklung? Und dann? Wird einem das Ende dieses großartigen Brehms Tierleben auf dem Grabbeltisch der Trödler, für Zwei Euro Fuffzig präsentiert. Ja, Sch ei ß e. Geiler ist anders ... .
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