KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
Freitag, 12. August 2011, 18:17
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Seine Todesstunde zu wissen ist wie ständiges Sterben
262. Kolumne
Pereundi scire tempus assidue mori
(Publilius Syrus, 1. Jh. v. Chr.; Sententiae)
Lothar (loslosch) verdankt und zugedacht
Der religiöse Mensch, der es schafft, an seine Wiederaufstehung zu glauben, ist noch besser dran, denn ihm kann der Tod nichts anhaben. Glauben ist gerechtfertigter lebenskünstlerischer Selbstbetrug... Zwar weiß auch der Glaubende nicht, wann er (anders) weiterlebt, aber er kann sich im Gegensatz zu Atheisten und Agnostikern zudem noch in Vorfreude steigern! Es ist erwiesen, dass gläubige Menschen im Durchschnitt länger leben, insbesondere Mönche und Nonnen. Die besten Lebenskünstler unter ihnen dehnen ihre Vorfreude auf den Tod aus wie einen Liebesakt, so lange es geht, und so genießen sie auch ihr Leben mehr als jeder andere, zumal sie weniger weltliche Ablenkung (!) und Abwechslung benötigen als die anderen. Ich erinnere auch an Thomas Manns zentralen Erkenntnissatz: „Du sollst dem Tod keine Macht über deine Gedanken geben!“ Das ist im „Zauberberg“ nicht primär christlich gemeint. Sondern als kluges Lebensgesetz. Aus höchster Erkenntnis erfolgt Verdrängungskunst! Den Tod verdrängen und zugleich in Leichtigkeit akzeptieren, das ist die Überwindung falschen Lebens.
Ernst Jünger sagt im Ersten Pariser Tagebuch: „In der Tat ist es ein Vorrecht des Menschen, die Zukunft nicht zu kennen; das ist einer der Diamanten im Diadem der Willensfreiheit, das er trägt.“ Ich schätze den Schriftsteller Ernst Jünger sehr, und es war gut, dass er den Rausch „In Stahlgewittern“ protokollierte und seiner Eitelkeit nicht die Maske einer falschen Bescheidenheit aufsetzte. Aber in dem zitierten Satz kann ich den Begriff des Vorrechts nicht verstehen, auch nicht akzeptieren; und wohltuendes Nichtwissen als „Diamant im Diadem der Willensfreiheit“ (Krone der Schöpfung...) ist Quatsch.
Mit der Gewissheit des Todes müssen wir fertig werden. Manche fallen in tiefe Depressionen, zumal wenn sich der Tod im hohen Alter immer mehr andeutet und in Unbeweglichkeit und Schmerzen bemerkbar macht. Da wird es auch immer schwieriger mit der Verdrängungskunst. Wenn wir nicht mehr mit dem Tod kokettieren können, hat er uns schon angefasst.
Der Tod
Ach, es ist so dunkel in des Todes Kammer,
Tönt so traurig, wenn er sich bewegt
Und nun aufhebt seinen schweren Hammer
Und die Stunde schlägt. – Matthias Claudius, 1799
An den Tod
Mich aber schone, Tod,
Mir dampft noch Jugend blutstromrot, -
Noch hab ich nicht mein Werk erfüllt,
Noch ist die Zukunft dunstverhüllt -
Drum schone mich, Tod.
Wenn später einst, Tod,
Mein Leben verlebt ist, verloht
Ins Werk - wenn das müde Herz sich neigt,
Wenn die Welt mir schweigt, -
Dann trage mich fort, Tod. – Gerrit Engelke, 1914
-
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
hat für mich einen hohen wiedererkennungswert, uli. danke. lo
„Du sollst dem Tod keine Macht über deine Gedanken geben!“ Das ist im „Zauberberg“ nicht primär christlich gemeint. Sondern als kluges Lebensgesetz. Aus höchster Erkenntnis erfolgt Verdrängungskunst![/QOTE]
Ach, es gibt doch nichts, welches unergötzlicher ist, als Unzufriedenheit im Leben. Doch, doch ich korrigiere mich, es gibt noch etwas Schlimmeres: den eskapistischen Ideen unzufriedener Menscher zu lauschen. Man solle nicht schon im Leben gestorben sein. Aha. Verbürgt durch den Mann, der schwul war. Man, was für ein Traum.
Was sagt Sir Karl? Die Zukunft - und damit auch alles Andere sage ich - ist offen. Das hätte der, in diesem Falle ungläubige Thomas, mehr beherzigen sollen und endlich, und sei es nur ein einziges Mal: nackt und queer wie eine verfickte Prinzessin durch sein Zimmer 34 im Zauberberg gehen sollen. Ist er aber nicht. Gibt aber Verdauungs-Ratschläge. Man, ist mir schlecht.
Ach, es gibt doch nichts, welches unergötzlicher ist, als Unzufriedenheit im Leben. Doch, doch ich korrigiere mich, es gibt noch etwas Schlimmeres: den eskapistischen Ideen unzufriedener Menscher zu lauschen. Man solle nicht schon im Leben gestorben sein. Aha. Verbürgt durch den Mann, der schwul war. Man, was für ein Traum.
Was sagt Sir Karl? Die Zukunft - und damit auch alles Andere sage ich - ist offen. Das hätte der, in diesem Falle ungläubige Thomas, mehr beherzigen sollen und endlich, und sei es nur ein einziges Mal: nackt und queer wie eine verfickte Prinzessin durch sein Zimmer 34 im Zauberberg gehen sollen. Ist er aber nicht. Gibt aber Verdauungs-Ratschläge. Man, ist mir schlecht.
Sir Karl Raimund Popper? mann, mann, das sollt man verständlich ausdrücken ...
im ganzen zustimmung. nur "zusammenreißen" ist eine unglückliche formulierung. wie reißt man(n) sich zusammen?
ob das alles pseudokorrelationen sind? es wird ja nirgends behauptet, dass nur der gottesglaube diese lebensverlängerung ermöglicht. satirisch gesprochen: "das glück (längeres leben) ist mit die doofen." lo, bekennender agnostiker
ob das alles pseudokorrelationen sind? es wird ja nirgends behauptet, dass nur der gottesglaube diese lebensverlängerung ermöglicht. satirisch gesprochen: "das glück (längeres leben) ist mit die doofen." lo, bekennender agnostiker