KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Eine Juristische Plauderei meines Großvaters
281 Kolumne
Der Heimkehrer / Juristische Plauderei v. Dr. Bergmann
Heinz und Ursula lernten sich auf einer Festlichkeit kennen. Sie verliebten sich auf den ersten Blick ineinander und heirateten dann auch bald. Da kam 1939 der unselige zweite Weltkrieg. Heinz mußte ins Feld und geriet in Gefangenschaft. Jahrelang hörte Ursula nichts von ihm. Sie war erst 22 Jahre alt und lebenslustig. Freilich trauerte sie zunächst sehr um ihren Gatten.
Als er aber gar zu lange ausblieb und keinerlei Kunde von ihm zu erlangen war, brach ihre Lebenslust durch. Da so gar keine Aussicht auf die Rückkehr ihres Heinz zu bestehen schien, gab sie schließlich die Hoffnung auf. Sie wurde viel umworben. Wer konnte es ihr da verdenken, daß sie eines Tages den Bemühungen von Horst nachgab und ihm ihr Jawort erteilte? Um eine neue Ehe eingehen zu können, mußte aber Heinz zuerst für tot erklärt werden. Die formellen Voraussetzungen waren gegeben und so ließ Ursula ihren ersten Mann für tot erklären. Dann heiratete sie Horst.
Da kam plötzlich der für tot erklärte Heinz aus der Gefangenschaft zurück: Was nun? Das Ehegesetz von 1946 gibt uns genaue Auskunft. Durch die Schließung der neuen Ehe ist die alte aufgelöst. Sie bleibt es auch dann, wenn die Todeserklärung aufgehoben wird. Lebt der für tot erklärte Ehemann noch, so kann seine frühere Ehefrau, in unserem Falle also Ursula, die Aufhebung der neuen Ehe verlangen. Tut sie das nicht, so kann der Heimkehrer gegen die neue Ehe nichts unternehmen. Ursula wollte bei ihrem Horst verbleiben. Auch Heinz war damit zufrieden.
Nun war aber aus der ersten Ehe ein Sohn hervorgegangen. Welcher Elternteil konnte ihn beanspruchen? Auch das hat das oben erwähnte Ehegesetz geregelt. In erster Linie kommt es darauf an, in welcher Weise sich die Eltern darüber verständigen. Können sie sich nicht einigen, so bestimmt die Vormundschaftsbehörde, welchem Elternteil die Sorge für die Person des Kindes zustehen soll. Vormundschaftsbehörde ist die Abteilung „Jugendhilfe und Heimerziehung" beim Rat der Stadt. Für den Unterhalt des Kindes hat in jedem Fall der Vater zu sorgen, so weit er dazu in der Lage ist. Andernfalls trifft nach dem Grundsatz der Gleichberechtigung der Frau die Unterhaltspflicht die Mutter.
[LDZ (Liberaldemokratische Zeitung, Halle/Saale) vom 28.3.1954, S. 27]
Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
Die Bezeichnung "Juristische Plauderei", die der Chronist gewählt hat, ist wohl dem humanen Umgang der Beteiligten geschuldet.
Ekki