KLICKS UND CLIQUEN

Synthesen + Analysen in der Matrix


Eine Kolumne von  Bergmann

Montag, 31. Dezember 2012, 18:16
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Consolatio theatri mundi

335. Kolumne


„... bringen Sie einmal Ihre ganze Rücksichtslosigkeit auf die Bühne | Ihren ganzen Weltekel Bernhard | schreiben Sie so ein Stück Welttheater | dass es das Burgtheater zerreißt | so einen richtigen grandiosen Weltscherz Bernhard | ... diesen ganz großen weltumwerfenden Wurf | ... schreiben Sie der Welt ein Loch in den Bauch...“ Diese Worte legt Bernhard in seinem Dramolett Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen (Frankfurt/Main, 1987) dem Regisseur Peymann in den Mund.

Theatermachen heißt leben wollen - ein größenwahnsinniger Versuch in einer widerwärtigen Welt, eine Unmöglichkeit, weil sich die Welt nicht zum Theater machen lässt.
Böse schwingt mit: Das Theater macht nie wirklich Theater, das lebt; es macht kein Leben. Auch nicht das Antitheater-Theater. Überhaupt: Weltverneinung, auch das ist letztlich leben wollen, rettet nicht (BRUSCON Wenn wir klar denken | müssen wir uns umbringen. Th. B., Der Theatermacher).
Bernhards Stücke demonstrieren die Vergeblichkeit des Sisyphos als Künstler. Er schreibt hier über sich selbst. Jeder Weg im Leben ist schon das Ziel, weil es kein Ziel gibt. Dieser Weg ist tragisch, er führt in die Katastrophe der permanenten Lebenssinnlosigkeit. Auf diesem Weg sieht der Mensch immer komisch aus. Das Komische am Tragischen ist die Notwendigkeit diesen Weg trotzdem zu gehen. Am Ende ist das Komische selber tragisch.
Es gibt nur eine Möglichkeit die Welt zu ertragen: Der Idee, wie die Welt sein könnte, wie sie sein sollte, eine fragile Gestalt zu geben im Raum der Kunst. Das Theater ist der Versuch, die Idee sichtbar zu machen. Dieser Versuch muss scheitern, weil er die Welt braucht, wie sie ist. Die Apotheose aller Vergeblichkeiten ist das Scheitern der Ideen in der Welt - oder das Scheitern der Welt im Theater der Ideen.

Nur die Kunst rettet uns ein wenig: „Die hohe Kunst | oder der Alkoholismus | ich habe mich für die hohe Kunst entschieden“ - weil sie aus der Unerträglichkeit der Welt, in der sie schließlich auch scheitert, entsteht.

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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag


 loslosch (11.01.13)
der schluss ist böse: | ... |

 Bergmann (11.01.13)
Nein. Wieso?

 loslosch (11.01.13)
das männchen fehlte: jetzetle

 Theseusel (11.01.13)
Hi Uli!

Ich lese Deine Kolumne gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um die Vorwürfe gegen Klaus Kinski, um den es ja auch hier schon einige lebhafte Diskussionen gab

und habe gerade eine ganze Menge Text gelöscht...;)

Zum letzten Satz sei nur erwähnt, dass sehr viele Theatermacher (und nicht nur die) zweigleisig fahren;) und die Weltbühne hat keine Koordinaten. Sie ist im Kopf, der manchmal dafür rollt - ob auf, vor oder hinter der Bühne.

Allein, ich suche den Trost bei einem Mann, der Linderung verschreibt ohne vorher die Wunde zu schlagen!

Empörung "machen" ist leicht.

Eine "Steigerung" wäre für mich z.B. ein Bühnenstück in dem der todkranke Hauptdarsteller den Coctail des klaren Denkens zu Beginn des ersten Aktes einnimmt ... dann geschieht drei Akte nichts

Es war mal wieder sehr tröstent bei Dir
Gerd

 Theseusel (11.01.13)
*g* mit d;)

 Bergmann (12.01.13)
Mein lieber Theseus,
du hast wieder einen Stein in mein Brett gestoßen.
Hast bestimmt recht mit der Zweigleisigkeit, mit der wir letztlich alle durchs Leben ohne Koordinaten fahren. Wer mit einem Gleis auskommt und Koordinaten hat, muss sehr reich sein, verdammt viel Glück haben und ein echter Gott sein. Wir sind ja nur Scheingötter, Halbmenschen, Viertelwesen, Achteltiere ...
Cordialemente, Uli
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