KLICKS UND CLIQUEN
Synthesen + Analysen in der Matrix
Eine Kolumne von Bergmann
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Abrechnung mit Brecht
529. Kolumne
Ein paar Gedanken zu Uwe Kolbe: Brecht
Man muss manche Bücher nicht gelesen haben, wenn man deren Hauptaussagen schon selbst erkannt hat. So geht es mir mit Uwe Kolbes Buch über Brecht (2016). Seine Abrechnung enthält recht viel Banales oder Selbstevidentes und ist in mancher Hinsicht polemisch überzogen.
Die Einbeziehung Heiner Müllers in diese Abrechnung überzeugt mich nicht. Heiner Müller inszenierte sich selbst, wie Brecht, nach allen Regeln der Kunst. Es gibt kein reines Schriftstellertum, und es ist fraglich, ob es überhaupt wünschenswert wäre. Immer ist (Selbst-)Inszenierung im Spiel. Man kann das sowohl beklagen als auch gut finden, und zwar auch beides gleichzeitig. Die moralische Reinheit und Standfestigkeit eines Dichters ist nicht alles, man muss jeden Fall genau betrachten. Tempora mutantur, et nos in illis mutamur – das Leben ist ein permanenter Lern- und Selbstfindungsprozess. Die persönliche Schwäche in seiner DDR-Existenz (Berliner Ensemble: all diu werlt, ich han min lehen ...) kann man Brecht verzeihen. Seine literarischen Wahrheiten bleiben bedenkenswert, sein ‚episches Theater’ allerdings wird sich kaum behaupten können; es ist einfach zu ideologieverhaftet und teils penetrant didaktisch. Brecht hat durch seine intellektuelle Autorität die DDR-Diktatur zwar indirekt anerkannt, aber nicht verlängert. Im Kalten Krieg der Ideologien glaubte er an das größere historische Recht des Sozialismus.
15.9.2016
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Kommentare zu diesem Kolumnenbeitrag
naja, goethe verstand es auch, sich im naschgarten zu bedienen. shakespeare nicht auch?
(30.09.16)