Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Nur für Erwachsene
von Dieter_Rotmund
Genug gesagt. Originaltitel Enough Said, USA 2013, Regie Nicole Holofencer
Keine altklug plappernden Kinder im Kinosaal und auch keine Teenager, die nervös all zehn Minuten auf das Display ihres Smartphones schauen, damit den ganzen Saal erhellen und gegen das ungeschriebene Gesetz der Höflichkeit verstoßen, dass man das mobile Telefon für die Dauer des Films ausschaltet.
Und das an einen der Jahresendzeitfeiertage, am - wenn wir ehrlich sind - im Grunde überflüssigen zweiten Weihnachtsfeiertag. Der Grund dafür, dass das Saalpublikum nicht nur erwachsen, sondern auch ruhig und unaufgeregt ist, ist, dass ein ruhiger und unaufgeregter Film gezeigt wurde, in dem es zudem noch um's Älterwerden und um Beziehungsalltag geht. Also gar nichts für redundanzbedürftige Kinder mit einer großen Nachfrage an äußerst einfach geschnitzten Charakteren und auch nichts für Teenager, die entweder geistlose Dauer-Action sehen wollen oder irgendeine grotesk übertakelte Liebesgeschichte. Sie würden über Genug gesagt sagen, es sein darin "nichts passiert".
Tatsächlich passiert in dem Film, aber es wird einem nicht vorgekaut, es ist ja auch nicht allzu kompliziert. Raum wird dem Zuschauer gelassen, die Protagonisten zu beobachten.
Ich selbst habe mich aufgeregt, aber schon vor Beginn des Filmes. Mein Plan war, Blau ist eine warme Farbe im OmU (Original mit Untertitel) zu sehen. Aber La vie d'Adèle, so der Originaltitel, wurde an diesem Abend nicht in der Originalversion gezeigt! Nicht, dass ich scharf darauf wäre, Fremdsprachen zu hören, die ich mal besser, mal schlechter verstehe. Nur ist die deutsche Synchronisation oft derart lieblos "drübergesprochen", scheinbar den Schauspielern quer verkantet in den Mund gelegt, dass mir dann die Lust völlig vergeht. Also war ich gestern abend nicht in La vie d'Adèle, sondern in Genug gesagt. Übrigens in der deutsch synchronisierten Fassung. - Jaja, ich weiss, sehr inkonsequent, aber ich habe mich für Mittwochabend zu einem der wenigen Male verabredet, an denen man La vie d'Adèle im OmU sehen kann...
Die Regisseurin von Enough Said hat sich gut entwickelt, könnte man sagen: Nicole Holofencer (Jahrgang 1960) begann Ende der Neunziger Jahre mit viermal Regie für Sex and the city und einmal Gilmore Girls, also mit oberflächlicher, völlig verplapperter TV-Serie. Doch schon Friends with money von 2006 bewies sie, dass sie auch ganz anders kann: Ihr Ensemble und das sog. Setting sind praktisch die gleichen geblieben, aber Friends with money ist ein ebenso nachdenklicher wie unaufdringlicher Film - eben wie nun Enough Said. Ein erwachsener Film für ein erwachsenes Publikum.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
"prätentiöse Getue des Mainstream-Lesbenfilms abermals wiederholt"
Es gibt "Mainstream-Lesbenfilm"? Also in den deutschen Multiplexkinos werden wenig Filme gezeigt, in deren Mittelpunkt gleichgeschlechtliche Liebe steht...
Erkennt der Kinobesucher die Liebe, wenn er sie sieht? In La vie d'Adele gibt es eine sehr starke Trennungszene, die ich sehr beeindruckend fand.