Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Die wahren Stars
von Dieter_Rotmund
Gastkolumne von Eiskimo
Während weltweit WM-Fieber herrscht und die Medien heißlaufen , weil der Favorit X oder der Star Y sensationell „überirdisch gut“ oder – was mehr Quote brächte – „unterirdisch schlecht“ war, ist die maßgebliche Fußball-Wirklichkeit eine total andere. Ich will hiermit die Aufmerksamkeit einmal weglenken von den abgezockten Profis hin zu den echten Amateuren, weglenken vom medienhörig inszenierten Spektakel zurück zum Spiel „just for fun“. Denn dort, das ist meine These, dort trifft man die wahren Stars.
Ich selbst habe schon als Kind, als D-Jugendspieler, einige hautnah kennengelernt. Da ich in Frankreich groß wurde, hießen sie Jean-Jacques (unser Jugendtrainer) , Monsieur Chanteloup (unser Sonntags-Chauffeur) oder Madame Duval (ebenfalls Fahrerin, aber auch Trikot-Wartin) – um nur die treuesten dieser Helfer/innen zu nennen. Es waren Ehrenamtler, Idealisten, engagierte Eltern, echte Freunde des Fußballsports, die sich da über Jahre hinweg für uns Kinder und Jugendlichen einsetzten. Einfach so. Sie hielten das Klubheim in Ordnung, flickten die Netze, kreideten den Platz, kauften auch schon einmal neue Bälle oder Trikots und waren vor allem …. immer da, wenn man sie brauchte.
So kamen sie am Sonntag früh zum Treffpunkt, hatten ihre Autos frei geräumt für die Rasselbande aufgeregt plappernder Jungens, die sich zu viert auf die Rückbank quetschten, voller Tatendrang. Diese Begleiter blieben natürlich dabei, wenn das Match endlich los ging, im Winter, bei oft grauenhaften Wetterbedingungen, im Sommer , bei bleierner Hitze. In der Pause bekamen wir von ihnen Orangen aufgeschnitten oder kalten Tee gereicht, was natürlich eine treu sorgende Mutter vorbereitet und mitgebracht hatte. Nach dem Spiel gab es wieder Erfrischungen ….. zum Trost, falls das Spiel „in die Hose gegangen“ war, oder als Belohnung für die glücklichen Sieger.
Meine Eltern selber hatten kein Auto, sie gehörten auch nicht zu den immer so präsenten Helfern. Aber das war überhaupt kein Thema – mein Bruder und ich waren einfach Teil der „Fußball-Familie“, und dass wir Deutsche waren, interessierte auch keinen. Ich erinnere mich nur, dass wir wegen unserer Körpergröße (die Franzosen waren im Durchschnitt deutlich kleiner) beide in die Abwehr gestellt wurden, das germanische Bollwerk sozusagen.
Woran ich mich auch erinnere: Es wurde bei jedem Wetter gespielt, auf den miserabelsten Plätzen. Wasserlachen, knöcheltiefer Schlamm – „pas de problème!“ Manchmal standen wir auch ohne Schiedsrichter da, und dann sprangen die Väter ein: Die erste Halbzeit pfiff ein Papa der gastgebenden Mannschaft, die zweite einer des Gastes. Es sollte ganz einfach … Fußball gespielt werden!
Ja, und nach dem Schlusspfiff war Schluss. Ich meine das wörtlich. Wir wurden in die Autos gepackt und nach Hause chauffiert. Ungeduscht, so lecker riechend wie fünf 11jährige halt nach 60 Minuten Powerplay riechen – mitsamt der völlig eingesauten Trikots, blutenden Knie, verklebten Unterwäsche….
Ja, wenn das keine Stars waren, die väterlichen Chauffeure und treu sorgenden Mütter, die dann zu Hause auch dafür sorgten, dass die Schuhe vom Schlamm befreit und die Trikots wieder vorzeigbar wurden. Das waren Stars, zu Deutsch: Sterne, leuchtende Vorbilder!
Ich weiß natürlich, dass auch in Deutschland – damals wie heute – die gleichen tollen Ehrenamtlichen und Hintergrund-Akteure mit am Ball sind. Wahrscheinlich gibt es diese unbekannten Stars überall auf der Welt. Ihnen möchte ich hier Respekt und Anerkennung aussprechen.
Und wenn ich am Ende dieser meiner bescheidenen Fußball-Erinnerung eine Art Quintessenz formulieren sollte, ist es der Satz: Es wurde bei dieser Nachwuchs-Arbeit nie von Geld geredet. Oder anders ausgedrückt : Es ging diesen Stars, den wahren, um Fußball, nur um Fußball.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Merke: So einen Absturz mit den zum Teil ja sehr bösen Reaktionen können meine "Stars" hier nicht erleben. Von denen braucht keiner einer Bühne für "Hosiannah!" , und erspart bleibt ihnen deshalb auch das "Kreuziget sie!", dieses Spießrutenlaufen, das wir heute in den Medien vorgeführt bekommen.
(28.06.18)
Kolumne gerne gelesen, auch wenn ich den Einführungssatz für entbehrlich halte - der Jugendamateurbolzplatzfußball braucht keinen Vergleich mit den Profi-Kickern zu ziehen, finde ich. Die Geschichte kann für sich alleine stehen.