Film & Fußball

Eine cineastische Mannschafts-Kolumne


Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"

Donnerstag, 02. April 2020, 12:25
(bisher 815x aufgerufen)

TV: Eine historische Chance verpasst

von  Dieter_Rotmund


Business-as-usual kennzeichnete und kennzeichnet immer noch das bundesdeutsche Fernsehprogramm. Und zwar in einer Zeit, in der sich viele potentielle Zuschauer zuhause aufhalten, also mehr oder weniger direkt vor dem Fernseher. Von gelegentlichen Einblendungen menschelnder Hashtags auf dem Bildschirm abgesehen, hat sich nichts geändert. Programmschemata wurden beibehalten, zufällig zu dieser Zeit fast unbemerkt die letzte "Lindenstraße"-Folge gesendet. Und das, obwohl es eine riesige Gelegenheit gewesen wäre, Zuschauer zu begeistern und die fürs Fernsehen zu gewinnen: Angebote von Serien-Binge-Watching, passenden Kinofilmen (Contagion auf DVD wird derzeit nicht unter 130 Euro gehandelt) oder anderen, den Umständen entsprechenden Unterhaltungsformaten: Fehlanzeige. Man könnte auch sagen, eine "historische Chance" ist verpasst. Denn auch das Internet versagt, was den Unterhaltungssektor betrifft: Wie mir eine erfahrene Letsplay-Guckerin verriet, können die Letsplayer nicht an sich halten und plapperten wild über ihre gähnend langweiligen persönlichen Erfahrungen mit den Einschränkungen. Das ist schlichtweg unprofessionell. Sie hat daher das Letsplay-Schauen vorerst aufgegeben. Das Internet hat ebenfalls versagt, was die Versorgung mit seriösen Nachrichten betrifft. Nicht, daß es dort keine gäbe, aber das Fernsehen schneidet hierbei deutlich besser ab. Selbst bei den üblichen, hastig zusammengeschrattelten TV-Dokus merkt man, daß eine gewisse Grundsorgfalt vorherrscht und auch journalistische Distanz besteht. Etwas, was den halb-jugendlichen Dampfplauderern (Axelschweiss, Tanzverbot, Drachenlob) in ihren dunklen Kellerlöchern völlig abgeht. Die fühlen sich jetzt im Vorteil, weil sie die persönliche Selbstisolation schon jahrelang praktizieren. Es gibt tatsächlich sog. "Gamer" (eine Art Berufsbezeichnung für vergessene HartzIVer), die meinen auf eine Dystopie besser vorbereitet zu sein, weil sie das schon tausendfach in irgendwelchen Computerspielen nachgestellt hätten. Was soll man dazu sagen.
Nun ja, zurück zum Thema: Das Fernsehen reagiert äußerst träge und hat nur gepunktet, was die Nachrichtensendungen betrifft. Manche sind zwar etwas oberflächlich, aber Fake News sind Mangelware. Doch irgendwann hat jeder genug, und will einfach nur eine nette Geschichte erzählt bekommen. Warum auch nicht, das gehört zum kulturellen Grundbedürfnis des Menschen. Ich wünsche mir, dass die Free-TV-Macher alle diese Serien, von denen sie nur die erste bis zweite Staffel sendeten, mal zu Ende führen. Gerne auch als Binge.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag


 Willibald (02.04.20)
Dieter-Rotmund-as-usual, also aus der Vogelperspektive ein angemasst kundiger Rundflug-Rundumschlag, in der Nahperspektive an der Tastatur das vertraute Herunterschratteln fern von Leserführung, Stil und Orthographie.

Dokument dessen, was D.R. gerne eine "flotte Schreibe" nennt und von Dudenfetischisten mit resigniertem Augenbrauenzucken bedacht wird:

"Schema" soll ein Plural sein, "zur dieser Zeit" ein Slap, ein Doppelpunktkonvolut bei "und die" kombiniert mit extraordinären Dativen ("passenden Kinofilmen") ein wohl gesetztes Rätsel zum Nachsinnen, ... ein verirrtes "verriert", ein Komakomma vor "und" samt einigen Flaschen Bier im Kühlschrank und einer Suchanzeige für "Contagion".

Immerhin, die letzten zehn Zeilen stechen angenehm ab, was aber nur bedingt ein Kompliment ist.

So long.

p.s.

"Contagion" kann man derzeit sehr günstig streamen. Und der andere alte, aktuelle Katastrophenfilm, der von Petersen, hat eine recht tröstliche Szene, für diejenigen, die den Film vom Sofa aus sehen.
In "Outbreak" meint Rene Russo beim Anblick der Neuinfizierten: "So viele. So plötzlich."
Und Dustin Hoffman antwortet: "Wahrscheinlich waren sie alle im Kino."

Kommentar geändert am 02.04.2020 um 09:29 Uhr

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 02.04.20:
So ist es.

P.S.: Ehrlich? Herrlich. Das Kino schreibt doch die schönsten Geschichten...

 LottaManguetti (02.04.20)
Hi, Dieter,

ich würde ab und zu einen Absatz setzen. Mir ist aufgefallen, wie ich deinen Text während des Lesens automatisch mit Absätzen versah. :o


Gruß
Lotta

Kommentar geändert am 02.04.2020 um 11:28 Uhr

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 02.04.20:
Stimmt. Als routinierter Thomas-Bernhard-Leser komme ich mit sehr wenig Absätzen aus, aber das gilt natürlich nicht für alle.

 Willibald (02.04.20)
Auch der routinierte Thomas-Bernhard-Leser sollte das scharfe "s" in " nicht tolerieren:

"zu dieser Zeit fast unbemerkt die letzte "Lindenstraße"-Folge gesendet. Und daß, obwohl es eine riesige Gelegenheit gewesen wäre, Zuschauer zu begeistern und die fürs Fernsehen zu gewinnen: Angebote von Serien-Binge-Watching, p..."

Und überhaupt aufhören, seine - wie sagt Dieter Rotmund - Betriebsblindheit zu kultivieren.

greetse
ww

 Dieter_Rotmund schrieb daraufhin am 02.04.20:
Ihr habt mich da in früheren Kommentaren aufs Glatteis geführt, nun habe ich es nachgeschlagen: "daß" gibt es schon seit 1995 nicht mehr, meine ursprünglichen "dass" waren also alle korrekt!

Antwort geändert am 02.04.2020 um 11:48 Uhr

 Willibald äußerte darauf am 02.04.20:
Dio mio.
Das ist ein Demonstrativpronomen und heisst "Und das".
greetse
peter pranger

 Dieter_Rotmund ergänzte dazu am 02.04.20:
Ja, ich meinte aber frühere Kommentare.

 keinB meinte dazu am 02.04.20:
Die anderen sind Schuld, weil du ungeprüft glaubst, was du im Internet liest?

 Willibald meinte dazu am 02.04.20:
Unser Thomas-Bernhardtt-Leser meint dass vermutlich (nicht) ernst, liebe keinB.

 keinB meinte dazu am 02.04.20:
Willibald, wenn du jetzt noch öfter 'dass' und 'das' und 'daß' miteinander vertauschst, kommt er bald gar nicht mehr klar ... ;)

 Willibald meinte dazu am 02.04.20:
Vielleicht, keinB, wird er bei Geviertstrichen nachsichtiger. Eine Chance zur Reifung. Eine historische.

 eiskimo (02.04.20)
Hat das Fernsehen wirklich seine historische Chance verpasst?
Die Eltern waren plötzlich viel länger zu Hause, die Schule meldete sich online mit ganz neuartigen Aufgaben, das eigene Haus mit all seinen voll gestellten Regalen, dem nicht aufgeräumten Keller, der überquillenden Garage bettelte um Zuwendung. Zu all dem kam draußen noch strahlender Sonnenschein, und so altmodische Beschäftigungen wie Spazierengehen entpuppten sich da als äußerst entspannend.
Bei so viel herausforderndem Leben - warum Ersatz im Fernsehen suchen?
Vielleicht ändert sich die Bedürfnislage ja, wenn das schlechte Wetter kommt und das Neu-Erleben von Familie und Haus sich abgenutzt haben wird.
Vorerst reicht mir jedenfalls TV as usual.
vG
Eiskimo

 Willibald (03.04.20)
Immerhin, bis auf die berühmte Konjunktion, die man, wie Dieter jetzt weiss, mit Doppel-S schreibt, ist das nun eine sprachlich ansprechende Kolumne, in der Gedankenführung allerdings nur bedingt überzeugend. Auch für den wenig überzeugend, der durchaus an dieser Stelle im Forum keine Doktorarbeiten erwartet.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 03.04.20:
Schön.

 Willibald meinte dazu am 03.04.20:
Diomio...

.... Nicht,
dass (!!@@)
es dort keine gäbe ...

greetse
pp

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 03.04.20:
Der Blick geht nach vorne. Da mich die angesprochenen Gastkolumnisten bislang im Stich lassen. denke ich schon über ein Thema für den nächsten Donnerstag nach.

 Willibald meinte dazu am 03.04.20:
Was hat das mit der maximal einen Sekunde zu tun, die das Korrigieren der Konjunktion im aktuellen Text braucht?
Eine keineswegs historische Sekunde.
Und dennoch mit einem moderaten Element des Glücks.

greetse
ww
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram