Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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Kein Sommermärchen
von Didi.Costaire
Bis vor einigen Tagen habe ich es meistens begrüßt, wenn das jeweilige Auswärtsteam in Wolfsburg gewonnen hat. Welcher Fußballfan mag schon diese von außen aufgepäppelten Vereine á la Leverkusenwolfsburghoffenheim...
Einen der wichtigsten Siege beim Autostadt-VfL konnte ich live verfolgen. Die Mannschaft von Thomas Schaaf besiegte die Wölfe am 21. März 2004 nach zähem Kampf letztlich durch Treffer von Johann Micoud und Ivan Klasnić mit 2:0 und baute ihren Vorsprung auf die Verfolger aus Bayern auf sensationelle elf Punkte nach fünfundzwanzig Spieltagen aus. Wenige Wochen später in München erzielten Klasnić und Micoud Traumtore, wie auch Ailton, und Werder Bremen machte die Deutsche Meisterschaft perfekt. An beide Partien erinnere ich (mich) immer wieder gerne.
Nicht ganz so gern erinnere ich mich an den letzten Samstag, als die Japanerinnen beim WM-Viertelfinale in Wolfsburg im Spiel gegen Deutschlands Fußballfrauen zu Wölfinnen im Schafspelz mutierten. Ihre Angriffsbemühungen waren lange Zeit kaum zu erkennen, bevor die Asiatinnen kurz vor Schluss der Verlängerung gnadenlos zubissen, nachdem sie den Braten rochen, den ihnen unsere Defensivabteilung auf dem Silbertablett servierte (und das, obwohl diesmal im Gegensatz zur gar nicht so weit zurückliegenden Vergangenheit vom DFB kein Kaffeeservice für den Titelgewinn ausgelobt wurde).
Die deutschen Elitekickerinnen haben vor- und nachher alles versucht, und wenig ist gelungen. Selbst für Top-Akteurinnen der ansonsten nur am Rande wahrgenommenen Sportart Frauenfußball wie Birgit Prinz und Lira Bajramaj (die in diesem Match nicht einmal mehr mitspielen durften) oder Nadine Angerer war wohl der Druck zu hoch, nachdem zuletzt so viel über sie gedruckt und berichtet wurde.
So griffen in diesem Match altbekannte Mechanismen: Wenn du vorne kein Tor schießt, kriegst du hinten irgendwann eins rein. Knapp vorbei ist auch daneben. Erst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu. Und 0:1 ist auch eine Niederlage.
Gleichermaßen wie die Sonne im bisherigen Sommer überwiegend von Wolken verdeckt wird, finden nun auch die weiteren Begegnungen der Frauen-Fußballweltmeisterschaft im Schatten statt. Das deutsche Team ist noch weiter weg vom Weltpokal als Werder Bremen von Chancen auf das Erringen der Meisterschale während der abgelaufenen Spielzeit, und andere Teams machen das Rennen unter sich aus. Eine Über-Mannschaft ist nicht dabei. Zwei Viertelfinals wurden erst im Elfmeterschießen entschieden (bei denen wie so häufig jeweils die Elf siegte, die zuerst schießen durfte), und drei der vier Halbfinalisten haben bereits ein Spiel in der Vorrunde verloren. Zwei davon stehen nun im Endspiel.
Gestern im ersten Halbfinale half den Französinnen selbst die Einwechslung von Eugénie Le Sommer nicht, in einem verregneten und schwachen Spiel die technisch limitierten, aber zielstrebigen US-Amerikanerinnen um die wuchtige Abby Wambach zu schlagen. Die Tristesse des frühen Abends wurde untermalt durch viele leere Ränge in Mönchengladbach und den grauen- und fehlerhaften Kommentar von Claudia Neumann im ZDF.
Später patzten die bis dahin ungeschlagenen Schwedinnen gegen Japan noch häufiger. Die spielstarken und technisch beschlagenen Sawas, Miyamas und Kawasumis dürften beste Chancen besitzen, Weltmeister zu werden – und Deutschlands Frauen Europameister, in zwei Jahren.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Das "Sommermärchen" - wobei man einräumen muss, dass der Begriff "technisches Niveau" beim Frauenfußball allgemein lediglich in relativer Hinsicht angebracht werden könne - gehört den Japanerinnen, denn diese unermüdlich rackernden "Arbeitsbienchen" (nicht pejorativ gemeint) und ihr humoriger Trainer Sasaki ("Ich habe meine Spielerinnen aufgefordert, mehr zu essen, damit sie noch wachsen.") haben es sich verdient.
Für Frau Neid hat sich wohl für dieses Gehalt kein männlicher Trainer-Nachfolger gefunden, zudem sie sehr erfolgreich ist. Zwei mal Europameister, einmal Weltmeister, das muß ihr erst mal jemand nachmachen.
Im Übrigem: Das Auswechselspielchen bei den Männern nervt langsam. Es erinnert mich an altbekannte Revierkämpfe und stinkt oft gewaltig zum Himmel. Bringen tuts auch nichts.
Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Didi ein Gedicht schreibt...
Dirk, ich finde es gut, eine neue Kolummne bei KV zu haben und wünsche euch allen viel Spaß dabei. Das ist die Hauptsache und ein internes KV Sommermärchen
grüße dich
Sylvia
Wie am Ende jeder Jahrgangsstufe in der Schule wird für den diesbezüglich relevanten, d.h. hier WMsig aktuellen Zustand der erbrachten Leistung abgerechnet, d.h. bestanden oder nicht bestanden.
E. Ribbeck oder R. Völler klebten nicht so an ihren Sesseln.
Frauen müssen sich den bisher üblichem Männer-Ritualen nicht beugen.
Es ist doch schön, daß man auch mal Leistungen ohne Millionengehälter erbringt und das bereits erbrachte Leistungen anerkannt werden.
Mich erinnert das an die Amateurzeiten im Männerfußball. Da hat man gekämpft, weils um den Mannschaftssieg ging, nicht ums Einkommens-Ranking. Mancher krumme Ball hat so zur Begeisterung geführt und manches Eigentor zum Weltuntergang.
Heute geht es nur um Austauschen, Absetzen, Gehalt und Vetternwirtschaft und bestochene Schiedsrichter.
Es geht auch nicht darum ob Frau Neid geht oder nicht, sondern ob es eine gute Nachfolge gibt. In ihrer Fußballkarriere holte sie immerhin mit Bergisch Gladbach die Deutsche Meisterschaft und mit TSV Siegen 6x die Deutsche Meisterschaft und 5x den DFB-Pokal. Sie hätte auch Chancen in Japan u.a. gehabt.
In dieser Zeit arbeitete sie auch in einem Blumenladen für ihren Lebensunterhalt.
Als Trainerin 1x Weltmeister, 2x Europameister.
Sicher wird der Frauenfußball bei durchschnittlich 16 Mio. Zuschauern pro Spiel auch langsam finanziell interessant. Doch solange die Frauen sozusagen "nebenberuflich" spielen, sollte man diese Kraft und dieses Flair auch zulassen.
Mir ist es auch gleich ob USA oder Japan Weltmeister wird. Ich freue mich aufs Spiel und drücke je einen Daumen.
Das weibliche Niemand-hat-Schuld-Kommunismus- Ritual ist jedoch ebenso nicht progressiv bzw. bringt auch nicht sonderlich weiter.
Diese Frauen sind ja keine Berufsfußballer.
Sie beziehen kaum Gehalt aus dem Fußball, müssen sogar nebenher arbeiten.
Also wofür hier mit Schulsystemen oder Schuldigensuche arbeiten?
Was soll das denn bringen?
Haben wir es in Deutschland bereits verlernt an einer Sache noch einfach nur Freude und Spaß zu haben?
Sicher werden die Frauen ihre Spiele analysieren und weiter an ihrer Technik arbeiten, doch hier jetzt ein "Schwanzgerangel" im Nachhinein zu veranstalten, das brauchts echt nicht. War auch von vorneherein wohl auch nicht vorgesehen.
Einen Lernzuwachs?
Eher die Auswertung der Spiele, doch das geschieht ja sowieso.
Vergessen:
Dann würde der böse "Erwartungsdruck" ja nicht mehr so ins völlig unbeeinflussbare Gewicht fallen. Das war ja ebengleich lustig, wie das von der vorher recht kecken Neid später in den Medien angeführt wurde:
* Quelle: SN
Man kann beides nicht über einen Kamm scheren und das wissen dort auch die Akteure. Was würden denn diese Frauen verlieren, wenn sie sagen würden: " Ihr könnt uns mal"
Der Nachwuchs ist rar, die Verletzungsgefahr sehr hoch, sowie auch der Freizeitbedarf. Kein Unternehmen gibt Frauen frei, weil sie Fußball spielen und weil Frauenfußball bisher für die Spielerinnen eher ein berufliches Karrierehinternis ist als daß es etwas einbrächte, reißen sich nur Spielerinnen darum, die aus echter Freude spielen.
Matthias, ich verstehe Deine Argumente überhaupt nicht und auch Jacks Argument hinsichtlich Ballack nicht. Der ist ein hochbezahlter Profi. Was hat dessen Lage mit der von Spielerinnen zu tun, die für ihr Spiel kaum etwas bekommen?
Schweini bekommt 13 Millionen im Jahr. Die Bezüge von Ballack kenne ich jetzt nicht, doch das sind doch Äpfel und Birnen, die ihr Beiden da vergleicht. Ja, es geht um die Weltmeisterschaft aber die einen haben alle Mittel, die Anderen müssen aus dem was da ist das Beste machen. Geld scheint keines da zu sein.
Der DFB subventioniert den Frauenfußball (siehe das Niersbach- Zitat). Jener darbt nicht im nahezu luftleeren Raum der spärlichen Eigenmittel.
"Sie wollten die große Aufmerksamkeit, sie haben sie bekommen. Wer öffentliches Interesse will, muss öffentliches Interesse dann auch aushalten können."
Sie haben es doch ausgehalten und sie haben klasse gespielt.
Klasse sogar über viele Jahre hinweg gezeigt, da ist ein einzelnes Tor verzeihlich. Natürlich waren sie über die vollen Stadien überrascht, aber vielleicht wollen die Zuschauer auch nicht mehr das "Biersaufende Randale" haben. Vielleicht gäbe es darüber mehr nachzudenken, warum dieser große Zulauf plötzlich da ist?
Wäre eventuell sinnvoller als über Frau Neids Können zu meckern. Das hat sie ja bereits bewiesen und unsere Männer waren auch nicht jedes Jahr Weltmeister. Europameister auch nicht
"Der DFB subventioniert den Frauenfußball (siehe das Niersbach- Zitat). Jener darbt nicht im nahezu luftleeren Raum der spärlichen Eigenmittel."
Naja, dem muß ich widersprechen. Fakt ist: Es steht kaum Geld für Nachwuchsförderung zur Verfügung. Es kümmern sich ehrenamtliche darum. Zudem zahlen die Vereine kein Gehalt im Frauenfußball. Das heißt, echter Amateursport. Training neben dem Beruf.
Ich habe die Zahl, die der DFB locker macht irgendwo einmal gehört oder gelesen. Da würde mancher Profi nicht einmal 10 Tage dafür arbeiten.
Das hier ist eine NEUE Kolumne, die hat doch erst mal Aufmerksamkeit verdient oder?
Herr Janssen, ich danke Sie!
Eine "Neid-Debatte" habe ich eigentlich gar nicht anstoßen wollen und ich finde auch, dass unsere Fußball-Frauen in den letzten Jahrzehnten Enormes geleistet, zurecht sehr viel Sympathie errungen haben und das Spiel gegen Japan mit etwas mehr Fortune auch hätten gewinnen können, und, um auf den ersten Kommentar zu entgegnen, auf gar keinen Fall mit den "Sommermädchen" auf 7-Proleten-TV zu vergleichen sind.
Zu den entfernten Großbildleinwänden: Das Event-Publikum bleibt weg, wenn es nichts mehr zu feiern gibt, egal was, und in Hoffenheim-Nord regiert das Geld noch mehr als andernorts. Gastfreundlich ist das nicht, aber es entspricht den Erwartungen.
Sportliche Grüße, Dirk
Dass diese hohe Summe "lediglich" ein Viertel jener möglichen, welche den Mannen im letzten Jahr in Aussicht gestellt wurde, beträgt, kann mit dem doch deutlich höheren maskulinen technisch- taktischen Niveau erklärt werden. (Falls Einspruch erfolgen sollte, dass die Frauen doch aufgrund der p.c. Geschlechtergerechtigkeit zu den Männern aufschließen sollten: Wenn solche Ergebnisse wie bei dieser WM herauskommen, wird es ziemlich schwierig werden, zu den Herren aufzuschließen.)
für meinen geschmack verlierst du dich in dieser kolumne zu sehr in spielberichterstattung und -analyse. zwar eigen, aber zu artig. mir fehlt eine positionierung auch und gerade zu fragen, die keiner stellt.
wie stehts mit dem ausländerinnenanteil im fußballerinnensport? sollten die mikrofone am spielfeldrand bei den mädels nicht doch besser abgebaut werden (stichwort: gekreische der spielerinnen). übrigens: die linienrichterinnen sind immer dicker als die spielerinnen!
die frage, warum frau neid denn nun unbedingt "sylvia" heißen muß, können wir ja in hildesscheid ausgiebig betratschen.
lieber dirk, danke für die vorlage! endlich konnte ich mal einen text von dir konstruktiv kritisieren.
vg thomas
Hier ein paar Positionierungen: 60 Tsd. sind viel und doch vergleichsweise wenig. Die Puschel sollen bleiben! Äquatorial-Guinea hatte so viele Brasilianerinnen im Team, um überhaupt elf Spielerinnen zusammenzubekommen. Beim neuen Berufsbild des/r Schiedsrichter-Assistent/inn/en wurde nicht mehr auf die Linie geachtet. Alles andere weiß Sylvia.
Sportliche Grüße, Dirk
Die Bundesplauderlufft hat sich jetzt auch mit einem kompetenten Interview in der FR in die offene und vielschichtige Diskussion eingechristialisiert:
Ansonsten ist schon eine spannende Frage, die wir heute nicht beantworten könne, ob es zuerst eine Bundespräsidenten oder eine Cheftrainerin im deutschen Profifußball geben wird. Eine bessere Performance als den Baslers und Mattäussen traue ich einer solchen Übungsleiterin auf jeden Fall zu.
Hm, gibt es außer Neid (relativ bzw. vorher) erfolgreiche bzw. bekannte Trainerinnen in Dtl.?
(21.07.11)