Film & Fußball
Eine cineastische Mannschafts-Kolumne
Die Kolumne des Teams " Film & Fußball"
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In Time
von Lala
Letzte Woche sah ich den Film „In Time“ und musste an eine Reihe anderer Scifi Klassiker denken.
Allen voran an „Flucht aus dem 23. Jahrhundert“. Dieser Film handelt von einer Gesellschaft in der die Lebenszeit auf dreißig Jahre begrenzt ist und wer dieses nicht nachgerade biblische Alter erreicht, muss sich freiwillig „erneuern“.
Konformität vor Individualität herrscht in dieser Welt, in der, wenn ich mich recht entsinne, alle die gleichen Trainingsanzüge und das gleiche Equipment hatten.
Als ich den Film das erste Mal gesehen habe, muss ich gerade mal 13 oder 14 Jahre alt gewesen sein. Auf jeden Fall stand die Mauer noch und eine Welt, in der alle über 30 Jährigen sich wie Krüppel von einer spartanischen Klippe hätten stürzen müssen, lag entweder ganz weit zurück oder war ganz weit weg – eben 23. Jahrhundert, Science-Fiction halt. Damals, als ich den Film gesehen hatte, lag selbst das Jahr 2000 noch vor einem. Das Jahr also, welches wie kein anderes Jahr mit der „Zukunft“ verbunden wurde. „1997 – Odyssee im Weltraum“ hätte nicht nach Raumschiff, Computer und Zukunft geklungen. Die Zeitenwende in vielen Zukunftsvisionen war der Jahrtausendwechsel.
Eine ähnliche Zukunftsvision wie „Flucht aus dem 23. Jahrhundert“ stellt der Film „Die Insel“ dar. Allerdings spielt er nicht im 23 Jahrhundert sondern im Jahr 2019 - auch nicht mehr so weit weg. Auf der Insel leben hermetisch von der restlichen Welt abgeschirmt, künstlich gezeugte Menschen, die als Klon-Ersatzteillager für ihre gut verdienenden Originale in der realen Welt, missbraucht werden. Ähnlich wie im 23. Jahrhundert Film laufen auf der Insel alle in den gleichen Klamotten herum und es herrscht ein strenger Konformitätszwang. Dieser Film aus dem Jahre 2005 wirkte auf mich längst nicht mehr so futuristisch, empfand seine Geschichte aber abseitiger als die Zukunftsvision, welche in dem Film Gattaca (1997) durchgespielt wird, weil dort wesentlich subtiler der Frage nachgegangen wird, welche Auswirkungen genetische Forschungen, Präimplantationstechniken und natürlicher vs. künstlicher Geburt haben. Das Kastensystem welches sich in der Gesellschaft von Gattaca entwickelt, wirkt nicht abseitig sondern sehr lebensnah.
Mit „In Time“ hat der Regisseur von „Gattaca“, Andrew Niccol, wieder eine Zukunftsvision in die Kinos gebracht. Auch dieses mal sind die Menschen gentechnisch manipuliert. Wir alle werden biologisch nicht älter als 25 Jahre. Wird das Alter erreicht, beginnt eine implantierte Uhr einen Countdown von einem Jahr. Verdient man in dieser Zeit keine neue Zeit dazu, stirbt man in dem Augenblick, in dem die Uhr auf Null steht. Durch Arbeit kann man Zeit verdienen, man kann auch bei Zeit-Banken gegen – abstrus hoch erscheinenden Zeit-Zinsen – Zeitkredite erhalten. Des Weiteren ist die Welt in Zeitzonen zerteilt. Der Wechsel von einer sozial schwächeren Zone in eine stärkere Zone kostet an den Mautstellen Zeit – und je höher die Zone ist umso mehr.
Subtil ist anders, aber dennoch hat mich der Film durch die Schlichtheit seiner Allegorie überzeugt. Kombiniert mit einer Bonnie und Clyde Story versucht er gar nicht erst mehr zu sein, als er ist: eine bestechend einfache Kapitalismuskritik, die den Satz: time is money wörtlich genommen hat.
Besonders gut gefallen hat mir die Vorstellung, dass alle das biologische Alter von 25 nicht überschreiten. Wenn sich drei Generationen im Film als Oma, Mutter und Tochter vorstellen und der Zuschauer ohne den Hinweis, wer älter ist als die andere, verloren gewesen wäre, fragte ich mich instinktiv ob so das Sehnsuchtsziel heutiger Botoxmonster oder Gesichtszombies aussieht? Mich gruselte es aber mich gruselte es noch mehr bei der nicht fernen sondern sehr realen Vorstellung, das Geld zu einem Grundnahrungsmittel, zu einer Ressource wie Wasser geworden ist, dessen Verknappung oder Herstellung künstlich bzw. willkürlich ist und sich wie im Film durchaus die Frage stellen lässt: wie man eine Million Jahre auf die Uhr bekommen kann?
Nach der Flucht aus dem 23 Jahrhundert, der Flucht als asexueller und identitätsloser Klon von einer Insel und der Flucht vor genetischem Determinismus, scheinen wir – ganz real – heute, in der Geldfalle zu stecken. Das Jahr 2000 liegt hinter uns.
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Zu In Time interessiert mich viel eher die Frage, ob denn unbedingt ein Boygroup-Popsongtralallaler aus den 1990ern die Hauptrolle haben muss. Zieht das die Leute ins Kino? Mich stößt es ab, ich werde mir In Time nicht ansehen...
Im Moment super: Tambien la Iluvia/ Even the rain und Carnage (Der Gott des Gemetzels). Finde ich.
@Jack Nur kurz zu „Le dieu du carnage“. Das ist ein Theaterstück von Reza. Deren Stück "Art" kannte ich schon und war von „Le dieu du carnage“ eher enttäuscht. Die Figuren waren starr bis statisch und der Dialogwitz und das Tempo blieb hinter dem von "Art" weit zurück. Besser auch als „Le dieu du carnage“" finde ich auch das Stück "Cloaka" in der Lebensgewohnheiten und Lebenssicherheiten auseinandergenommen werden - bissiger noch als in „Le dieu du carnage“. Aber nachher mehr ...
Der Film gehört sicher nicht zu meinen Favoriten, aber man kann ihn sich durchaus mal anschauen. "Gattaca" und "Lord of War" sind ja so gesehen auch keine schlechten Filme... sie haben Lücken...
"Gott des Gemetzels" war ok... aber warum muss man den ein Theaterstück eins zu eins ins Kino bringen?! Da hätte man vielleicht wirklich etwas mehr Kreativität an den Tag legen können... und Christoph Waltz mal wieder grandios!!!
In Deutschland haben wir eine geniale Synchronisationskultur, aber wenn es darum geht ein Filmtitel zu übersetzen (warum auch immer!?!?) oder dem Film mit einem passenden Untertitel zu versehen, fallen die Hirne der Verantwortlichen irgendwie immer ins Neolithikum zurück...
P.S.: Bei Film mit eher abschreckender Besetzungsliste, der dennoch gut ist kann ich nur "Southland Tales" empfehlen. Ist von den Machern von "Donnie Darko", aber vermutlich, wie immer, auch Geschmackssache!^^
Nun, dass ist hier nur eine Internetkolumne, das kann jeder machen wie er will und mit deutschen Titel u. U. für Verwirrung sorgen, ich für mich möchte nicht so schlampig arbeiten, zumal sich Originaltitel und Premierenjahr schnell herausfinden läßt, z.B.. auf imdb.com.
Was Herrn Timberlake betrifft, so hast Du, Lala, vielleicht Recht und ich sollte ihm seine Jugendsünden ver- und ein Chance geben... Heute abend möchte ich mir aber Belgrad Radio Taxi / Zean sa slomjenim nosem Serbien/Deutschland 2010 ansehen, denn eines der hieseigen Kinos zeigt ihn auf 35mm!
Ja zu Herrn Timberlake muss man sagen, dass er sich, bis auf die Musik vielleicht, doch positiv entwickelt hat... ich verweise nur mal auf seinen selbstironischen Humor, da er sehr sehr oft auch bei SNL auftritt...
lg
HP/FB: Herr Pelzig / Frank Barwasser (ARD)
GJ: Günter Jauch (ARD)
K: Kerner (SAT1 ?)
TS: Thomas Gottschalk (ZDF/Tele5)