Aufgespießt
Unverschämtheiten aus Politik, Promiszene und Alltag
Die Kolumne des Teams " Aufgespießt"
Dienstag, 21. Februar 2012, 00:12
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Amerikas Großtaten in der Freizeit
von Matthias_B
(sechste Liedtextkolumne)
Am Anfang der Siebziger Jahre war die künstlerische "Gipfelzeit" der Byrds schon vorbei. Dennoch soll ein beachtenswerter Song vorgestellt werden, welchen der damalige Bassist S. Battin und der Produzent K. Fowley schrieben. Er beginnt mit "One of America 's great national pastimes is..." und soll folglich eine Auflistung jener darstellen.
Großartige Freizeitaktivitäten wie die selbstverständliche Pflege der Verfassung oder humanitäre Einsätze für Freiheit und Frieden werden in der ersten (dynamisch dahinmarschierenden) Strophe nicht genannt. Es sei vielmehr eine überragende Eigenschaft der Amerikaner, "[ eine Coke zu trinken, ein bisschen zu rauchen]" und "[ Witze zu erzählen]". Massenprodukte? Hmja, immenser ökonomischer Erfolg muss ja nichts Mittelmäßiges bedeuten. Weiteres von nahezu epochenbildsamer Dimension: "[ P]laying ball, taking it all, and thinking so small". Nun ja, ein Hoch auf Gemeinschaft, Gewinnermentalität und Genügsamkeit mit dem Blick fürs Wesentliche - könnte man sagen. Doch spätestens beim Refrain, der derart arrangiert wird, als ob eine hibbelige Hillybillyhorde mit harsch aufspielenden Fiedeln beim Squaredance austickt, verfestigt sich dann schon der Gedanke, dass es sich eher um eine ironisch gefärbte Aufzählung handeln könnte. In jenem wird zudem erklärt, dass die "[ erfrischende]", früher aus Kokablättern hergestellte braune Brause für die berühmte Gleichberechtigung aller sorge. In der zweiten Strophe werden noch mehr halb monumentale Hobbies aufgezählt: "[ C]hocolate fudge, carrying a grudge, bribing the/ a (?) judge [ =den Richter "schmieren"], [...] poisoning rain, acting insane" und "inflicting pain". Da fällt einem irgendwie die doch sozialkritische Ausrichtung der Musik der "Folkies" seit der Mittsechziger ein. Im dritten Abschnitt wird neben dem (nicht lediglich innenpolitischen) Siedlergeist ("planting the/ her(?) seeds" *) die "worship of speed" aufs Korn genommen. Bei "taking more than she needs" erinnern wir uns: Amerika ist feminin und strotzt vor Mitnahmeeffekten wie ein geölter Schuh, äh, Blitz. "[ C]utting the grass" kann ebenso als Spitze gegen die zeitgenössische Abneigung konservativer Kreise gegenüber dem Rauchkraut zur privaten Retardation gedeutet werden, "grabbing some ass" (PXrno- bzw. Prozessproduktion am schnaufenden Band, ick hör dir trapsen) sowie "living too fast" sind da eindeutiger. Musikalisch abgerundet wird das Ganze durch eine semi-kastrierte E-Gitarre in zwei mandolinenlimettigen Pseudo- Soloteilchen.
Das Lied wurde in den USA und in England als Single ausgekoppelt; verkaufstechnisch avancierte es jedoch nicht so ganz zum "Renner".
Zitiert aus: The Byrds - America's great national pastime (1971)
* Das habe ich nicht ganz sicher heraushören können. Es lautet aber wahrscheinlicher so, als etwa "claiming the/ her(?) seats".
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Am Anfang der Siebziger Jahre war die künstlerische "Gipfelzeit" der Byrds schon vorbei. Dennoch soll ein beachtenswerter Song vorgestellt werden, welchen der damalige Bassist S. Battin und der Produzent K. Fowley schrieben. Er beginnt mit "One of America 's great national pastimes is..." und soll folglich eine Auflistung jener darstellen.
Großartige Freizeitaktivitäten wie die selbstverständliche Pflege der Verfassung oder humanitäre Einsätze für Freiheit und Frieden werden in der ersten (dynamisch dahinmarschierenden) Strophe nicht genannt. Es sei vielmehr eine überragende Eigenschaft der Amerikaner, "[ eine Coke zu trinken, ein bisschen zu rauchen]" und "[ Witze zu erzählen]". Massenprodukte? Hmja, immenser ökonomischer Erfolg muss ja nichts Mittelmäßiges bedeuten. Weiteres von nahezu epochenbildsamer Dimension: "[ P]laying ball, taking it all, and thinking so small". Nun ja, ein Hoch auf Gemeinschaft, Gewinnermentalität und Genügsamkeit mit dem Blick fürs Wesentliche - könnte man sagen. Doch spätestens beim Refrain, der derart arrangiert wird, als ob eine hibbelige Hillybillyhorde mit harsch aufspielenden Fiedeln beim Squaredance austickt, verfestigt sich dann schon der Gedanke, dass es sich eher um eine ironisch gefärbte Aufzählung handeln könnte. In jenem wird zudem erklärt, dass die "[ erfrischende]", früher aus Kokablättern hergestellte braune Brause für die berühmte Gleichberechtigung aller sorge. In der zweiten Strophe werden noch mehr halb monumentale Hobbies aufgezählt: "[ C]hocolate fudge, carrying a grudge, bribing the/ a (?) judge [ =den Richter "schmieren"], [...] poisoning rain, acting insane" und "inflicting pain". Da fällt einem irgendwie die doch sozialkritische Ausrichtung der Musik der "Folkies" seit der Mittsechziger ein. Im dritten Abschnitt wird neben dem (nicht lediglich innenpolitischen) Siedlergeist ("planting the/ her(?) seeds" *) die "worship of speed" aufs Korn genommen. Bei "taking more than she needs" erinnern wir uns: Amerika ist feminin und strotzt vor Mitnahmeeffekten wie ein geölter Schuh, äh, Blitz. "[ C]utting the grass" kann ebenso als Spitze gegen die zeitgenössische Abneigung konservativer Kreise gegenüber dem Rauchkraut zur privaten Retardation gedeutet werden, "grabbing some ass" (PXrno- bzw. Prozessproduktion am schnaufenden Band, ick hör dir trapsen) sowie "living too fast" sind da eindeutiger. Musikalisch abgerundet wird das Ganze durch eine semi-kastrierte E-Gitarre in zwei mandolinenlimettigen Pseudo- Soloteilchen.
Das Lied wurde in den USA und in England als Single ausgekoppelt; verkaufstechnisch avancierte es jedoch nicht so ganz zum "Renner".
Zitiert aus: The Byrds - America's great national pastime (1971)
* Das habe ich nicht ganz sicher heraushören können. Es lautet aber wahrscheinlicher so, als etwa "claiming the/ her(?) seats".
Kommentare zu diesem Teamkolumnenbeitrag
Eine interessante Bedrachtung. Der Text ist sicher ironisch gemeint. In Amerika muß man bei Kritik am System und an der Gesellschaft höllisch aufpassen daß man nicht als Kommunist abgekanzelt wird.
Lieber als guter Kapitalist alles ausbeuten ob man es nun braucht oder nicht. Resourcen schonen wäre kommunistisch.
Lieber als guter Kapitalist alles ausbeuten ob man es nun braucht oder nicht. Resourcen schonen wäre kommunistisch.