über Wellen...

Bild

von  apocalyptica

Tage? Stunden? Sekunden?

Ich erinnere mich nicht mehr genau, wie lange ich schon so dort gesessen hatte.
Die Beine angezogen, Hände um die Knie geschlungen, oder auch zur Abwechslung mal im Schneidersitz, die Hände an den Füßen, was weiß ich….
Auf jeden Fall zusammengekauert, zusammengesunken, ganz klein, in mich gekehrt, bloß nicht auffallen, nicht stören, nicht im Weg sein.
Aber dennoch da sein, präsent sein. Nach außen hin vermeintlich ruhig, im Inneren aufgewühlt bis zum Zerbersten.

Mein Blick geradeaus auf die immer wiederkehrenden Wellen. Ja, die Wellen.
Sie beginnen immer wieder langsam und träge, türmen sich dann auf, überschlagen sich fast in der Spitze, um dann wieder abzuflachen und langsam auszulaufen, unruhig, viel zu unruhig.
Nein, sie sind nicht gleichmäßig, nicht in der Form, nicht in der Geschwindigkeit, nicht im Rhythmus. Gar nicht eigentlich. Jede zeigt sich anders als die vorherige. Gefolgt von meinen geweiteten Pupillen.

Schon lange sind meine Ohren taub für die Geräusche um mich herum,
ich höre nichts mehr, spüre auch meine Beine, meine Arme, meinen Körper nicht mehr,
einzig allein meine salzverkrusteten Augen sind wach und konzentrieren sich auf die endlosen Wellen, das unaufhörliche Auf und Ab.

Endlos? Ja.
Oder? Nein.

Wo sind sie geblieben? Ich sehe plötzlich nur noch eine ebenmäßige Linie, dort, wo sich vorher Wellenkämme und Wellentäler gehetzt hatten. Die Ruhe vor dem Sturm?
Eine endlose, schnurgerade Linie.
Kurz unterbrochen durch einen Donner. JETZT!
Einen zweiten Donner: JETZT!
Die Linie…
Nun höre ich auch den schrillen Pfeifton, genauso ebenmäßig und eintönig wie diese Linie…
Endlos zeugt sie vom Ende…
Exitus. Herzstillstand. Trotz Defibrillator…
Ich sitze immer noch dort, die Beine angezogen, Hände um die Knie geschlungen, als der Monitor abgeschaltet wird. Jetzt erst werde ich von neuen, anderen Wellen überspült und mitgerissen…

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Kommentare zu diesem Text

steinkreistänzerin (46)
(08.01.07)
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 apocalyptica meinte dazu am 23.01.07:
Sie sind gekommen, liebe Annette...die Tränen. Mehr als reichlich. Da merkst du dann auf einmal, dass dein Körper keine willenlose Marionette ist und dass du dennoch drin steckst in deiner Haut, obwohl du am liebsten einfach nur noch weglaufen möchtest....
Aber du musst dich stellen, dem Leben und all seinen Prüfungen und Anforderungen, heute, morgen, immer wieder.
Ich dank dir von Herzen,
deine -bea

 Maya_Gähler (08.01.07)
Liebe Bea,
dein Text hat mich sehr berührt und auch ein wenig traurig gemacht. Ich kann dir nur alles Liebe, viel Mut und Kraft wünschen, für diese so schwere Zeit, die du gerade mitmachst.
Ich drück dich lieb.
Deine Maya

 apocalyptica antwortete darauf am 23.01.07:
Liebe Maya,
es gibt Tage, an denen nimmst du dir vor, besonders stark und mutig zu sein...und dann bricht doch alles über dir zusammen. Manchmal tut es dann wirklich gut, sich den ganzen Kummer von der Seele zu weinen. Das ändert zwar nichts an der Situation, aber für den Moment befreit es ein wenig von allzu großer Last.
Auch dir ein ganz herzliches Dankeschön und liebe Grüße,
die -bea
Deadman (28)
(08.01.07)
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 apocalyptica schrieb daraufhin am 23.01.07:
Es stimmt, du Lieber...manchmal braucht man keine Worte mehr, da hilft ein stilles Verstehen, eine stille Umarmung so viel mehr. Und wiederum manchmal ist das Aufschreiben von Gedanken und Gefühlen wie ein Ventil...du musst einfach irgendwas loswerden, weil du meinst, ansonsten zu platzen. Für mich war es wichtig und hilfreich, diesen Text zu verfassen, ich habe mich dabei intensiv mit mir selbst und allem auseinandersetzen können....
Hab ganz lieben Dank!
Deine -bea
Nehemoth (25)
(10.01.07)
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 apocalyptica äußerte darauf am 23.01.07:
Eigentlich hattest du mit deinem ersten Kommentar wohl recht...die Zeit heilt alle Wunden oder zumindest sehr viele. Heilen...nun gut, aber sie verblassen. Das Bild wird immer bleiben, die Erinnerung gleichermaßen, aber man lernt ständig besser damit umzugehen, zu verstehen, zu akzeptieren, was man nicht mehr ändern kann.
Ich danke dir herzlich,
die -bea

 Néniel (12.01.07)
liebes, dein text reißt so mit, zerrt am herzen, überrollt mich mit stimmungen, dass mir ein kloss im hals steckt. ich kann ihn grad nicht ausspucken. fühl dich lieb gedrückt meine große. mit lieben grüßen, deine kleine sis.

 apocalyptica ergänzte dazu am 23.01.07:
Danke dir, du liebe kleine Schwester. Mehr will ich im Moment gar nicht sagen, denn du weißt ohnehin, wie es in den letzten Wochen in mir und um mich herum ausgesehen hat. Du hast mir sehr geholfen und ich hoffe, dass unsere Verbindung lange Zeit bestehen bleibt!
Ich drück dich,
deine -bea
StefanP (58)
(10.02.07)
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