Wer bist Du?

Vater,
so nennst Du dich.
Unter einem Vater stelle ich mir jemand anders vor. Sicherlich nicht jemanden wie Du, der mich mit einem Jahr allein ließ. Weil Du dich zu jung für die Verantwortung gefühlt hast. Du bist einfach gegangen, hast mich allein gelassen und den Kontakt abgebrochen.
Ich habe mich immer und immer wieder gefragt, hat er mich nicht mehr lieb, bin ich ihm nichts wert. All die Jahre. Irgendwann habe ich mich mit der Situation arrangiert. Arrangiert damit, dass Du nicht da gewesen bist. Nicht bei meiner Einschulung, nicht beim ersten Liebeskummer und auch nicht bei meinem Abschluss.

Und jetzt stehst DU vor mir und willst die Zeit zurückdrehen. Willst wieder Vater sein, der den Du niemals gewesen bist. Die Zeit der Kinderkarussels und des Fahrradfahren lernens sind vorbei. Diese Zeit hast Du nicht erlebt, wolltest Du nicht erleben. Dies kann man nicht wiederholen, nicht zurückdrehen.

Deine Rolle hat jemand anders übernommen in all den Jahren und das mehr als gut. Du magst mein Erzeuger sein, und ich dein Fleisch und Blut, wie Du sagst.

Aber eins bist DU sicher nicht für mich ein VATER.

(c) 2007 Kerstin Müller