Hey Daddy

Brief zum Thema Vater/ Väter

von  Straßenköter

Wie geht's dir? Mir geht's gut, danke, dass du nie nach gefragt hast. Danke für jeden Augenblick, den du so weit weg wie möglich warst. Hey, ehrlich? Ich liebe dich dafür, denn damit habe ich allen Grund mehr dich zu hassen. Es zu hassen, dass ich jeden Morgen DEINE Augen im Spiegel seh, dass ich immer mit DIR verglichen werde, egal was ich tu. Wenn ich trinke, hör ich: "So hat dein Vater auch getrunken. So hat er auch gegessen", wenn ich esse. "So wie du ist er auch gelaufen, so wie du war er auch." Jeden Tag aufs Neue und ich hasse dich dafür, dass du nie da warst, dass du mich nie in den Arm genommen hast, nur deine Kinder mit dieser anderen. Aber ich bin nicht so verweichlicht wie du, denn ich steh zu meinen Taten, meinen Worten. Ich stehe zu allem, und du? Du bist abgehau'n, hast mich und Mama im Stich gelassen, und weisst du was? Ich danke dir auch dafür, denn wenn ich dich kennen würde, würde ich nicht die Person sein, die ich bin. Du verfluchter Idiot hast mich, einen Bastard, in die Welt gesetzt, bist abgehau'n und obwohl du weisst, dass es mich gibt, habe ich nie eine Geburtstagkarte von dir bekommen. Kein Anruf, kein garnichts. Jetzt brauch ich dich nicht mehr, hey, ich bin groß genug, ich will nicht einmal wissen dass du existierst, weil du auch nicht weiss, dass es mich gibt, dass es mir gut geht. Du hast das "Wild Child" nicht aufwachsen sehen, vielleicht wäre alles auch ganz anders gekommen, aber nein, diese andere Frau war dir wichtiger. Wenn du meinst, bitte, ich hinder dich nicht daran.
Ich hoffe du denkst an dem Jahrestag deine Bruders, also meinem Geburtstag, auch an mich, und ich hoffe es zerreisst dir noch mehr das Herz. Aber eigentlich ist auch das mir scheiss egal. Ich verlange nichts von dir, es ist eh zu spät. Ich weiss nämlich noch, wie wir zu dir nach Bonn gefahren sind, damit ich dich kennen lerne und du nur meintest, du hättest keine Zeit. Ich weiss noch, wie ich mich zum ersten und letzten Mal geweigert habe, dir eine Postkarte zum Geburtstag zu schicken, Mama hat's dir auch geschrieben und nie wieder hat dich jemand in meiner Gegenwart erwähnt...
Eigentlich will ich dir hiermit nur sagen: Hey Daddy, mir geht's gut, auch wenn ich zum Psychiater muss, mir geht's gut, weil ich Menschen hab, die mich im Gegensatz zu dir unterstützen. Und wenn du mal wieder in der Stadt bist und deinen Trauzeugen in seiner Tankstelle besuchst, schau doch mal auf die gegenüberliegende Straßenseite, ob im 2.Stock Licht brennt...

In Liebe

Deine Erstgeborene

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text

Tierra (28)
(25.10.07)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Straßenköter meinte dazu am 25.10.07:
Tja, scheisse gelaufen, aber ich komm klar, danke...

Liebe GRüße

Die Köterin
(Antwort korrigiert am 25.10.2007)
trockentoast (34)
(25.10.07)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Straßenköter antwortete darauf am 25.10.07:
Leider keine Geschichte, sondern ein Seelenstriptease, aber naja. Stimmt, man kann niemanden hassen, wo vorher keine Liebe war, aber wie kann irgendwo Liebe ohne Kontakt sein?

Liebe Grüße

Die Köterin
(Antwort korrigiert am 25.10.2007)
sozusagen (31)
(26.10.07)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 Manitas (26.10.07)
Klasse!!!!!!
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram