Die Rotunde

Gedicht zum Thema Trauer/Traurigkeit

von  Erebus

Bisweilen stiehlt sich in die lange Reihe
ein Tag wie dieser, morsch bis in die Stunde.
Er bricht mein Brot, er spricht von Pfand und Leihe,
nimmt meine Hand und führt mich in die Runde
der Säulen, Stumpf an Stumpf, im hellen Sand.

Aus Ziegelwerk, gekälkt mit Kreidetränken,
erbaute ich die brüchige Rotunde.
Ich legte mir zu eigenem Gedenken,
für jede gottverlassene Sekunde,
den mörtellos gefügten Kreuzverband.

Das ist der Ort, den ich der Trauer weihe;
hier kann ich mich in Kümmernis versenken
und auferstehen, weil ich mich befreie;
dann wird sie niemals  meine Schritte lenken,
als stünde nur der eine Turm im Land.


Anmerkung von Erebus:

Strophe 3 nachträglich geändert

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Kommentare zu diesem Text

Lena (58)
(04.01.08)
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 Erebus meinte dazu am 05.01.08:
Hallo Lena,

Ich bedanke mich für den Empfang.
Rilkevergleiche tragen neben dem von mir als sehr schmeichelhaft empfundenen Lob auch eine immense Bürde.
Ich sage mich darum einfach mal davon los. Ich kannte "die Parke" nicht und bedanke mich auf diesem Weg für den Hinweis.
Diese meinige Sprache ist zweifelsohne ein wenig altbacken, hier zumindest, das darf sie auch sein. . Dankeschön also für Dein Lob und Dein Gespür für den Klang

LG
cabeza
E.Lucy_Dation (32)
(07.01.08)
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 Erebus antwortete darauf am 08.01.08:
Hallo Lucy,

klar, das muss so sein, das Große bleibt groß nicht, und Klein nicht das Kleine. Auf die Erhebung folgt der Fall - alles Blendwerk.

Allerdings kapiere ich jetzt etwas besser, was ein Kling, Klang und Klong ist.
Mit memento mori hat mein Text eigentlich nichts zu tun, da läuft der Leser dem Autoren davon, aber das muss ich als Folge des Geklingels sehen.
Vielleicht versuche ich einmal zu erläutern, damit Dir das erschröckliche Werk wenigstens im Sinne des Erfinders nahegebracht ist.

Bisweilen stiehlt sich in die lange Reihe
ein Tag wie dieser, morsch bis in die Stunde.
Er bricht mein Brot, er spricht von Pfand und Leihe,
nimmt meine Hand und führt mich in die Runde
der Säulen, Stumpf an Stumpf, im hellen Sand.

LI will auf die Trauer hinaus, nicht auf eine Leistungsbilanz, oder meinethalben doch, dann Trauer wegen der Bilanz, wie auch immer, ein Trauertag. "Er bricht mein Brot", hat eindeutig religiöse Bezüge, mein Fehler, dass ich das nicht richtig einschätzte. Mir ging es aber gar nicht um Religion, sondern darum, herauszuarbeiten, das die Brüchigkeit des Tages bestimmend ist. Sonst liest Du schon so, wie beabsichtigt, LI sieht eben nicht mehr als Säulenstümpfe im weißen Sand, "beschaut sich, was er bislang so geleistet hat: Nicht viel, denn die Säulen sind stumpf und der Sand ist unbefleckt und hell." Also Ruinen.. Bruchstücke, nicht stumpfe Säulen im Gegensatz zu angespitzten.

Ich hatte ein Bild von Weiß- in Weiß im Sinn, Rotundenkirche im dänischen Sand, um genau zu sein, ohne dass ich dem inhaltlich hinsichtlich "Unbeflecktsein" auf die Sprünge helfen wollte. Das war Erinnerung, ein sprödes Bild. Ein Kling.
Ja, aber bevor ich jetzt noch lange drum herumrede, es geht um Selbstmitleid, um Traurigkeit, Orientierungslosigkeit (?). Ein Tabu in der aufgeklärten Poesie, dem widmet LI einen eigenen Ort, will das nicht in sein "normales" Leben dringen lassen, andererseits aber auch nicht unterdrücken. Vielmehr liegt darin auch eine Kraft (-ob die schädlich ist?), wenigstens sieht LI das so. Ich übrigens auch.

Dem widmet LI also eine Art Sakralbau, in dem es die eigene Trauer verrichtet, zelebriert. Bei vollem Bewusstsein genießt. Und gegen die Umwelt abschottet.
Brüchig und mörtellos. Der Kreuzverband war im Festungsbau beliebt, eine spezielle Mauermethode. Ich fand's ganz interessant, weil das Kreuz, das LI trägt - mein Gott- so schön darin verborgen und -dritter Gedankensprung- auch wieder verbunden wird.

Also nochmals zusammengenommen: LI begegnet sich ab und zu selbst in Trauer und Mitleid wegen des eigenen Unglücks - Säulenstümpfe im weißen Sand, alles Weiß in Weiß - lässt die Trauer zu und verschließt sie doch vor der Welt, will sich dadurch nicht leiten lasse.
Es schöpft aus der "Trauerarbeit" einen Teil seines Eigenseins. Oder so. Schwammig, ganz recht.

Dennoch interessieren mich solche Texte mehr, als bspw. Schmähverse. Ich weiß nicht, woran das liegt, ob am Kling, am Klang oder am Klong. Ich will eigentlich nicht das Ausserordentliche finden und bedichten, also Monsterwellen oder so, dass ist irgendwie zu einfach. Reizvoller finde ich es, die Gerippe der Tage ausserordentlich darzustellen. Sozusagen dem Panther im Käfig, dieser armseligen, stinkenden Kreatur eine eigene Wildheit zu verleihen.
Ich denke mal darüber nach. Vielleicht muss ich mich ja selbst noch überzeugen.

Ich Danke!
LG
cabeza
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