Dezember 05
Wenn nichts passiert, passiert nichts... passiert nichts... passiert nichts... passiert nichts...
huch, da ist zu viel Hall drauf, wer hat denn da schon wieder rumgedreht.
Ist das ein Wackler?
Check mal die Mikrofone, iiihhh, ist das laut.
Danke, so ist es besser.
Also wo war ich stehen geblieben, ach, jetzt ist ja doch was passiert.
Entschuldigen Sie bitte, das ist meine erste Lesung, war ja klar, daß da nicht alles glatt läuft.
Briefe an eine Unbekannte, hier stellen sie sich bitte eines dieser Kaleidoskope vor, während diese Anrede unbewegt bleibt, ergeben sich aus dem Kontext ständig neue Möglichkeiten.
Mal ist es eine Frau, dann wieder eine Frage, dann wird es plötzlich zu einer versteckten Person, dann wieder zu etwas, das sich nur als Persönlichkeitsstörung definieren lässt.
Und plötzlich ist es ein Mensch, ein ganz einfacher, komplizierter, sich selbst eigentlich unbekannter Mensch, so wie wir alle eben sind.
Und während dieses bestimmende Hauptwort eigentlich ständig Farbe und Form wechselt, ein echtes Chamäleon der Ungewissheit also, und die Anrede eigentlich immer die gleiche bleibt, ist es plötzlich so wie es ist, in uns, das Fragende, das Suchende, das sich Zurechtfindende Kind, in dieser Welt mit diesen vielen unterschiedlichen Erscheinungen und verschiedenen Menschen.
Und es fragt sich, ob nicht in jedem anderen auch so ein "das Unbekannte anreden wollendes Etwas" die ganze Zeit Kontakt sucht und immer nur Schablonen vorfindet.
Nein, nicht krankhaft, sondern solche die wir manchmal als Kinder erlebt haben, als wir den nächsten Satz der Mutter oder des Vaters schon vorher wussten.
Und ob dieses Etwas, nicht zufällig gerade dann zum Vorschein kommt, wenn es wichtig wäre zu warten, oder sich dann am besten versteckt, wenn es genauso wichtig wäre, sich zu zeigen.
Oder ob es doch nur ein Gefühl ist, das nur hervorkommt, wenn es angesprochen wird.
Also so eine richtige Stupsnase von einem Etwas, das sich versteckt, bis es gerufen wird.
Ich wollte mit diesen Briefen weder einen erneuten kläglichen Versuch starten diese Stupsnase vor die Kamera unserer Gedanken zu locken, noch den Lesern vorgaukeln, ich würde Bescheid wissen, ich wollte über meine Beobachtungen schreiben, die sich einfach nicht anders benennen ließen.
Die Idee zu diesen Briefen ist entstanden, in einer Zeit, in der ich mich hauptsächlich auf der Suche nach einem Partner befand.
Und das wäre es dann auch geblieben, wenn das Mensch sein nicht so eine seltsame Angelegenheit wäre.
Ich hätte also sozusagen zwanzig Jahre Zeit gehabt Liebesbriefe zu üben und dann den Traum wahr werden lassen.
Aber sie kennen das sicher, die Richtungswechsel im Leben, eine Art "Änderungen inbegriffen" übernimmt plötzlich das Steuer und man erlebt Dinge, die so sehr an die Substanz gehen, dass man völlig vergisst, was man eigentlich suchte.
Das Chamäleon muss sich dann im Laufe der Zeit entscheiden, welche Farbe es behalten will, man nennt das Farbe bekennen. Aber eigentlich ist es Spiel des Lichts auf den Gedanken, die sich als beständig erweisen.