Ein Kapitel Lösung
Kurzgeschichte zum Thema Leben
von Waschenin
Ich stehe auf und gehe in die Firma, zur Arbeit. Heute Abend findet ein „Krimi Dinner" statt. Ich mache meine Arbeit und obwohl es Freitag ist, bin ich gezwungen bis 17:00 Uhr zu bleiben, weil der Abteilungsleiter T. D. nicht früher geht. Nach Feierabend erwische ich pünktliche den Bus. Er fährt aber nicht wie sonst üblich bis zur Haltestelle Brackwede Kirche, sondern hält erst mal, vor dem Abbiegen in die Bielefelder Straße. Dort müssen alle Fahrgäste aussteigen. Ich erinnere mich, dass auch heute die Bielefelder Glückstalertage stattfinden und die Hauptstraße und somit auch der Straßenbahnverkehr stillliegen. Ich beschließe zu Fuß zu gehen und fürchte, dass ich mich verspäten werde. Ich gehe in einem schnellen Tempo die Straße entlang. Am Rand sind fast durchgehend Bierstände, Süssigkeitenstände und Karussels aufgebaut. Beinahe renne ich und versuche die Gesichter der Leute, die hier und da in kleinen Gruppen auftauchen, zu vermeiden.
Zu Hause angekommen, ziehe ich mich schnell um. Ich sprühe Deodorant unter meine Arme, um den Schweißgeruch zu überdecken, und ziehe einen sauberen Pullover an.
Dann gehe ich zur Bahnhaltestelle und steige in die nächste Bahn Richtung Innenstadt, wo ich vorhabe den Bus zu nehmen um zum Oldentrupper Hof zu gelangen.
An der richtigen Haltestelle in Oldentrup angekommen, laufe ich die Straße hoch und biege links ab. Es ist jetzt dunkel geworden und es fällt mir schwer mich zu orientieren. Diese Gegend kenne ich nicht. Ich laufe die Straße hoch um dann zu merken, dass kein großes Gebäude, wie ein Hotel, zu finden ist. Ich kehre um und gehe in die entgegengesetzte Richtung, wo mir ein paar ausgeleuchtete Schilder zeigen, dass ich an der richtigen Stelle angekommen bin.
Ich betrete den Eingang und gehe links in die Empfangshalle rein. An einem kleinen Tisch stehen fünf Personen aus meiner Firma und rauchen. Die Frau des Chefs erklärt mir wie ich in den Saal reinkomme und wo ich meine Jacke ablegen kann. Nachdem das erledigt ist, kehre ich in die Empfangshalle zurück und betrete den Festsaal über eine Rampe, die einer ähneln soll wie man sie von Schiffen kennt. Es empfängt mich eine Frau mittleren Alters mit einem gebräunten Gesicht und altertümlicher Kleidung. Sie trägt ein Kleid und spricht mich auf Englisch an. Ich antworte ihr auf Deutsch und erkläre ihr, dass ich zur Gruppe meiner Firma gehöre. Sie begleitet mich zu meinem Platz. Ich setzte mich und grüße in die Runde. Alle Gesichter, die mir bekannt sind, sitzen am anderen Ende des Tisches. Mir gegenüber sitzt ein älterer Herr mit kurzen grauen Haaren. Er schielt. Ich habe ihn noch nie am Arbeitsplatz gesehen. Die Kellnerin kommt und fragt nach meiner Bestellung. Ich bestelle mir ein Bier. In der Halle befinden sich ungefähr 150 Gäste. Das Innere ist dekoriert wie das Deck eines Schiffes. Es stehen Fässer an den Wänden. Darauf stehen Flaschen mit brauner Flüssigkeit und Seile und Modellschiffe.
Meine Bestellung ist angekommen und ich nehme einen tiefen Schluck. Es fühlt sich kalt an, im Mund.
Der mir gegenüber sitzende Kollege erzählt mir, dass er mich von seinem Auto aus gesehen und mich angehupt hätte. Ich entgegne ihm, dass ich weder ein Hupen gehört noch ein mir bekanntes Auto gesehen hätte.
Er nennt mir seinen Namen; er lautet M. W. Ich leere mein Glas und das Theaterstück beginnt mit der Vorstellung der Figuren. Es nehmen daran teil: Ein Kapitän, die Tochter des Kapitäns, ein Schiffsjunge, ein Hausmädchen, eine Frau und ein Dienstherr. Der Kapitän ist ein rothaariger Mann mit einer lauten Stimme, die den ganzen Saal durchdringt. Er fordert die Zuschauer auf ihn zu begrüßen, wenn er die Bühne betritt, indem sie aufstehen und salutieren. Das Hausmädchen wird von einer Frau gespielt, deren Stimme sehr schrill klingt. Sie hat eine spitze Nase und ihre Augen sind sehr weit geöffnet, so dass ihre Augäpfel weit hervortreten.
Der Schiffsjunge ist ein rothaariger Mann von ungefähr 25 Jahren. Er hat eine Nase in der Form eines Hakens und redet sehr laut; so ähnlich wie der Kapitän. Aber im Gegensatz zum Kapitän bewegt er sich sehr viel im Saal und läuft hin und her. Der Dienstherr ist ein dicker Mann mit blonden, nach hinten gekämmten Haaren, die das Licht reflektieren. Er schielt leicht und hat eine Narbe auf der Stirn. Die Frau, deren Rolle im Stück mir nicht genauer bekannt ist, ist mollig und hat ein schwarzes Kleid an. Sie bewegt ihre Hände beim sprechen und macht Gesten, die nicht zu ihren Worten passen. Die Tochter des Kapitäns ist eine blonde, große Frau mit hervorstechendem roten Lippenstift und einer großen Brille. Was an ihr auffällt, das ist ihr rundes Gesäß und ihre Sprechweise, denn sie drückt sich zurückhaltend und sehr kurz aus.
Nachdem sich alle vorgestellt haben, kündigt der Kapitän die Vorspeise an. Die Schauspieler verlassen den Saal. Die meisten meiner Kollegen stehen auf und gehen raus zum Rauchen. M. W. bleibt sitzen. Er fragt mich, ob ich rauche. Ich antworte ihm, dass ich eigentlich Nichtraucher sei, aber nach zwei oder drei Bier nichts gegen eine Zigarette hätte. Er lacht sehr oft beim Sprechen und das wundert mich. Er und ich bestellen uns noch ein Bier und essen jetzt Baguettestücke, die wie mit Kräuterquark bestreichen. Die Kollegen kehren jetzt vom Rauchen zurück in den Saal. Die Vorspeise wird jetzt aufgetragen. Es gibt zwei kleine Stücke geräucherten Fisch in einer hellen Sauce. Meine Portion habe ich schnell aufgegessen. Ich leere mein zweites Glas Bier und spüre deutlich die Wirkung des Alkohols. Das Blut steigt mir in den Kopf und meine Ohren fangen an zu glühen. Gleichzeitig werde ich müde und meine Augen neigen dazu zuzufallen. Das Vorspeisegeschirr wird abgeräumt und das Stück geht weiter.
Der Schiffsjunge betritt die Bühne und kündigt den Kapitän an. Alle stehen auf und salutieren, ich auch. Das Stück ist so gemacht, dass auch das Publikum daran teilnimmt - stelle ich jetzt fest. Der Schiffsarzt wird von einem blonden Mann gespielt, der sich darüber sehr freut. Aber gleichzeitig kriegt er kein Wort über die Lippen. Dann gibt es noch einen Pfarrer.
Der Kapitän stellt sein Schiff vor und beschreibt seine Zuneigung zur Schifffahrt, Seemannstugenden und Traditionen. Er füllt ein Glas mit der braunen Flüssigkeit und leert es. Er stimmt ein Seemannslied an, das auch die anderen Schauspieler sofort anfangen mitzusingen. Das Lied hat einen englischen Text und auch die Zuschauer sollen mitsingen. Einige meiner Kollegen machen mit. Anschließend wünscht der Kapitän einen guten Appetit und das Stück wird unterbrochen für die zweite Vorspeise: die Suppe. Die Raucher stehen auf und gehen zum Rauchen in die Empfangshalle. Ich bestelle mir ein Bier. M. W. bestellt sich eine Apfelschorle. Er entscheidet sich dazu auch rauchen zu gehen. Wir gehen beide in die Empfangshalle, wo ich ihn alleine lasse um die Toilette aufzusuchen. Ich pisse im stehen und wasche mir danach die Hände.
Nach dem Teller abräumen geht das Stück weiter. Der Kapitän empfängt Besuch. Der Schauspieler, der davor den Bediesteten gespielt hat, betritt in neuem Aufzug die Bühne. Er ist wie ein Geschäftsmann gekleidet, trägt einen Anzug mit Krawatte. Aus einem sich für mich nicht zu erschließendem Grund fällt dieser in Ohnmacht und die Tochter des Kapitäns ruft den Schiffsarzt, der auch sofort zur Stelle ist. Er untersucht den Ohnmächtigen mit einem Stethoskop und verlässt dann die Bühne. Der Geschäftsmann kommt danach zu sich und diskutiert mit dem Kapitän. Zwischendurch betritt der Schiffsjunge die Bühne um kurze Zeit später wieder zu verschwinden. Der Kapitän startet einen Annährungsversuch auf das Hausmädchen, indem er ihr zuerst Komplimente macht und sie dann versucht an sich zu drücken, körperlich. Aber darauf geht sie nicht ein. Es wird wieder ein Lied angestimmt. Dieses Lied kommt mir bekannt vor und ich erinnere mich an den Text und die Melodie aus dem schulischen Musikunterricht. So gut es mir gelingt singe ich mit und bemerke zum Ende des Liedes, dass niemand außer mir mitmacht. Danach folgt wieder eine Unterbrechung und die Raucher verlassen wieder den Raum. M. W. besorgt sich von einer Kollegin Aspirin und nimmt eine Tablette davon. Er spült sie mit Apfelschorle runter und schluckt danach noch eine Tablette, die für mich nicht nach Aspirin aussieht. Er beschwert sich über Kopfschmerzen.
Der Geschäftsführer und Unternehmensleiter Herr K. kommt jetzt an unseren Tisch und unterhält sich mit M. W. über dienstliche Angelegenheiten. Eine ältere Kollegin, Frau J., kommt von der Raucherpause zurück und fragt mich nach dem Grund für die Abwesenheit von C. G. Ich antworte ihr, dass ich zwar wüsste, dass er für heute hier angemeldet sei, aber ihr nicht sagen könne, warum er jetzt wegbliebe.
Inzwischen ist mein Bier angekommen. Es wird die Hauptspeise, Schweinemedalions mit Kartoffeln, rumgereicht.
Es gibt wenige Gäste in meinem Ater unter den Teilnehmern und die meisten sind ältere Pärchen, wobei einige Männer Matrosenhemden mit Kragen und einem gebundenen Tuch um den Hals tragen. Mir fallen zwei junge Blondinen auf, die jede Pause zum Rauchen raus gehen.
Nach dem Hauptgang geht das Stück weiter und es findet eine Art Duell statt zwischen dem Kapitän und dem Geschäftsmann. Es wird in der Form des Spiels Schiffeversenken ausgetragen. Der Kapitän und der Andere rufen sich mit lauten Stimmen die Koordinaten durch den Raum zu; das Dienstmädchen und die Tochter bewegen die Figuren auf den Tafeln, die sich gegenüber jeweils an beiden Seiten des Raumes befinden, damit die Zuschauer dem Verlauf des Spiels folgen können. Dann kommt es aus unerklärlichen Gründen zu einem Mord - der Geschäftsmann wird erschossen. Der Schiffsarzt wird gerufen und stellt den biologischen Tod fest. Dann kommt ein Pfarrer und liest eine Predigt, die aus lateinischen und deutschen Satzteilen besteht. Dieser Teil des Stückes endet damit, dass ein französischer Detektiv gerufen wird um den Täter zu finden. Es handelt sich dabei um denselben Schauspieler, der den Bediensteten und den ermordeten Geschäftsmann gespielt hat. Dann folgt die letzte Pause, während der die Nachspeise gereicht wird. Die Raucher gehen zum Rauchen wieder in die Empfangshalle. Ich bestelle mir noch ein Bier und schaue mich zu allen Seiten um. M. W. meint, dass er mich für kurze Zeit allein lassen müsse und verlässt den Raum. Es werden vom Personal Karten verteilt, auf denen notiert werden soll wer den Mord begangen haben könnte. Ich schreibe ein paar Wörter auf. Diese Karten werden nach der Nachspeise eingesammelt. M. W. kommt zurück und bestellt sich einen Kaffee. Er erzählt mir, dass es ihm nicht ganz wohl sei und dass er Durchfall habe. Dann diskutiert er mit seinem Sitznachbarn aus wer der Täter sein könnte und verlässt wieder den Raum. Das Stück geht nun weiter. Der Detektiv befragt nun alle Anwesenden nach Indizien. Letztendlich wird der Täter enthüllt und muss sich stellen. Das Stück ist vorbei und es wird applaudiert. Dann bedankt sich der Kapitän bei den Schauspielern und den Zuschauern, die teilgenommen haben und zieht aus einem Topf den Gewinner, die Person, die den richtigen Namen auf die Karte notiert hatte. Es ist eine Frau von 40 Jahren. Sie hat graue Haare und eine Brille. Ihre Körperhaltung ist nicht ganz gerade, sie läuft etwas nach vorne gebückt. Sie empfängt einen Strauß Blumen und freut sich darüber. Sie lächelt. Ich verstehe nicht warum.
Das Publikum verlässt den Saal und alle aus meiner Firma treffen sich in der Empfangshalle. Es wird geraucht. Inzwischen habe ich mir meine Jacke geholt und geselle mich zu der Gruppe der Raucher, stehe aber außerhalb. Ich wünsche mir jetzt nach Hause gehen zu können, aber weiß, dass es besseren Eindruck macht noch einige Zeit mit den Kollegen zu verbringen. Frau K. trifft eine Entscheidung und lädt alle in die Hotelbar auf einen Abschiedstrunk ein. Hinter mir steht eine Kollegin aus meiner Abteilung, die A. K. heißt. Sie hat blondes, dünnes Haar und eine mollige Figur mit sehr großer Oberweite. Sie ist 32 Jahre alt. Sie stellt mir eine Frage: „Na, hast du es doch geschafft?". Ich antworte ihr und sage, dass solange die Busse fahren ich es immer schaffen werde. Noch bevor ich zu Ende gesprochen habe, geht sie an mir vorbei und folgt den Anderen Richtung Hotelbar. Ich folge auch.
Dort angekommen stelle ich mich zu meinem Vorgesetzten und Ausbildungsleiter T. D. und dem Herrn M. B. Es wird für alle ein Getränk bestellt. Ich entscheide mich für Bier. Ich stehe jetzt an eine Säule gelehnt. Die meisten meiner Kollegen nehmen hinter mir in einer Sitzecke, auf Ledersesseln, Platz. An dem anderen Ende der Theke sitzen drei Frauen, H.T., E. K. und A. K. Ich trinke mein Getränk und höre der Unterhaltung zwischen T. D. und M. W. zu. Ich verstehe sehr wenig und beobachte abwechselnd den Kellner und die Kollegen. Bald habe ich mein Bier ausgetrunken und ich bestelle mir ein Neues. Ich warte darauf, dass mich jemand anspricht und mir anbietet mich nach Hause zu bringen. Meiner Meinung nach weiß jeder, dass ich kein Auto besitze. Aber niemand spricht mich an, also konzentriere ich mich auf mein Getränk.
Als das Glas leer ist, stelle ich es auf die Theke, drehe mich um und gehe in Richtung des Ausgangs. Mir kommt T. D. entgegen und wünscht mir eine gute Nacht. Ich verabschiede mich von ihm und trete nach draußen, wo ich mir eine Mütze über meinen Kopf ziehe. Es ist kalt und dunkel. Es ist nach Mitternacht und ich zweifele daran, dass die Bahn noch fährt. Ich überquere den Parkplatz und überlege welche Richtung ich einschlagen soll. Nach meiner ersten Einschätzung geht es links zur Straßenbahnhaltestelle. Diesen Weg schlage ich ein und folge der Straße, die durch ein Waldstück zu führen scheint. Das entspricht nicht ganz meinem Plan, wonach die Straße in einer Autobahnauffahrt mündet. Das bemerke ich jetzt und kehre um. Ich gehe in die entgegengesetzte Richtung und blicke nach oben. Ich atme tief ein und spüre deutlich meine Trunkenheit. An mir fahren Autos vorbei und ich versuche einen Blick auf den Fahrer zu erhaschen, in der Hoffnung, dass es jemand sei, den ich kenne. Die Straße führt in eine Siedlung, die unbewohnt aussieht. Ich kann keine Lichter erkennen. Ich folge ihr trotzdem und erblicke, als ich an einer Kreuzung stehe, rechts eine Bushaltestelle. Ich gehe auf sie zu und merke, dass ich auf dem Hinweg an ihr vorbeigefahren bin. Trotzdem gehe ich weiter. Rechts und links sind Felder, die in der Dunkelheit verschwinden. Nach einer Weile taucht wieder eine Bushaltestelle vor mir auf, an der ein Nachtbusfahrplan angebracht ist. Der Uhrzeit nach zu urteilen, die auf meinem Handy angezeigt wird, dauert es noch 45 Minuten bis zum nächsten Bus. Ich werde also warten müssen. Es ist eine überdachte Haltestelle mit einer Sitzgelegenheit, die ich jetzt benutze.
Weiter oben an der Straße folgt eine andere Siedlung, die bewohnt zu sein scheint. Einige Leute gehen an mir vorbei. Sie wenden ihr Gesicht von mir ab. Ich mache mir Gedanken über den Verlauf des heutigen Abends, ich denke über meine Kollegen und ihr Verhalten mir gegenüber nach, aber es gelingt mir nicht einen Schluss zu ziehen oder so etwas in der Art. Bei Trunkenheit steigt in mir immer der Wunsch auf mir eine Zigarette anzuzünden. Wenn ich keine zur Hand habe, frage ich andere Leute danach. Wenn aber keine Menschen um mich herum sind, dann sammle ich Zigarettenreste, die ich in der Gegend finde, vom Boden auf, soweit sie brauchbar sind und rauche eben diese. Damit bin ich die nächsten Minuten beschäftigt und als ich einen Stummel gefunden habe, merke ich, dass er mir nichts nützt, weil ich kein Feuerzeug bei mir habe. Ich schmeiße ihn weg und warte den Rest der Zeit an einen Pfosten gelehnt.
Der Bus kommt pünktlich, ich steige ein und zeige meinen Fahrausweis vor. Der Busfahrer schüttelt den Kopf, als ob er nicht glaube, dass der Ausweis zu meiner Person gehöre.
Zu Hause angekommen, ziehe ich mich schnell um. Ich sprühe Deodorant unter meine Arme, um den Schweißgeruch zu überdecken, und ziehe einen sauberen Pullover an.
Dann gehe ich zur Bahnhaltestelle und steige in die nächste Bahn Richtung Innenstadt, wo ich vorhabe den Bus zu nehmen um zum Oldentrupper Hof zu gelangen.
An der richtigen Haltestelle in Oldentrup angekommen, laufe ich die Straße hoch und biege links ab. Es ist jetzt dunkel geworden und es fällt mir schwer mich zu orientieren. Diese Gegend kenne ich nicht. Ich laufe die Straße hoch um dann zu merken, dass kein großes Gebäude, wie ein Hotel, zu finden ist. Ich kehre um und gehe in die entgegengesetzte Richtung, wo mir ein paar ausgeleuchtete Schilder zeigen, dass ich an der richtigen Stelle angekommen bin.
Ich betrete den Eingang und gehe links in die Empfangshalle rein. An einem kleinen Tisch stehen fünf Personen aus meiner Firma und rauchen. Die Frau des Chefs erklärt mir wie ich in den Saal reinkomme und wo ich meine Jacke ablegen kann. Nachdem das erledigt ist, kehre ich in die Empfangshalle zurück und betrete den Festsaal über eine Rampe, die einer ähneln soll wie man sie von Schiffen kennt. Es empfängt mich eine Frau mittleren Alters mit einem gebräunten Gesicht und altertümlicher Kleidung. Sie trägt ein Kleid und spricht mich auf Englisch an. Ich antworte ihr auf Deutsch und erkläre ihr, dass ich zur Gruppe meiner Firma gehöre. Sie begleitet mich zu meinem Platz. Ich setzte mich und grüße in die Runde. Alle Gesichter, die mir bekannt sind, sitzen am anderen Ende des Tisches. Mir gegenüber sitzt ein älterer Herr mit kurzen grauen Haaren. Er schielt. Ich habe ihn noch nie am Arbeitsplatz gesehen. Die Kellnerin kommt und fragt nach meiner Bestellung. Ich bestelle mir ein Bier. In der Halle befinden sich ungefähr 150 Gäste. Das Innere ist dekoriert wie das Deck eines Schiffes. Es stehen Fässer an den Wänden. Darauf stehen Flaschen mit brauner Flüssigkeit und Seile und Modellschiffe.
Meine Bestellung ist angekommen und ich nehme einen tiefen Schluck. Es fühlt sich kalt an, im Mund.
Der mir gegenüber sitzende Kollege erzählt mir, dass er mich von seinem Auto aus gesehen und mich angehupt hätte. Ich entgegne ihm, dass ich weder ein Hupen gehört noch ein mir bekanntes Auto gesehen hätte.
Er nennt mir seinen Namen; er lautet M. W. Ich leere mein Glas und das Theaterstück beginnt mit der Vorstellung der Figuren. Es nehmen daran teil: Ein Kapitän, die Tochter des Kapitäns, ein Schiffsjunge, ein Hausmädchen, eine Frau und ein Dienstherr. Der Kapitän ist ein rothaariger Mann mit einer lauten Stimme, die den ganzen Saal durchdringt. Er fordert die Zuschauer auf ihn zu begrüßen, wenn er die Bühne betritt, indem sie aufstehen und salutieren. Das Hausmädchen wird von einer Frau gespielt, deren Stimme sehr schrill klingt. Sie hat eine spitze Nase und ihre Augen sind sehr weit geöffnet, so dass ihre Augäpfel weit hervortreten.
Der Schiffsjunge ist ein rothaariger Mann von ungefähr 25 Jahren. Er hat eine Nase in der Form eines Hakens und redet sehr laut; so ähnlich wie der Kapitän. Aber im Gegensatz zum Kapitän bewegt er sich sehr viel im Saal und läuft hin und her. Der Dienstherr ist ein dicker Mann mit blonden, nach hinten gekämmten Haaren, die das Licht reflektieren. Er schielt leicht und hat eine Narbe auf der Stirn. Die Frau, deren Rolle im Stück mir nicht genauer bekannt ist, ist mollig und hat ein schwarzes Kleid an. Sie bewegt ihre Hände beim sprechen und macht Gesten, die nicht zu ihren Worten passen. Die Tochter des Kapitäns ist eine blonde, große Frau mit hervorstechendem roten Lippenstift und einer großen Brille. Was an ihr auffällt, das ist ihr rundes Gesäß und ihre Sprechweise, denn sie drückt sich zurückhaltend und sehr kurz aus.
Nachdem sich alle vorgestellt haben, kündigt der Kapitän die Vorspeise an. Die Schauspieler verlassen den Saal. Die meisten meiner Kollegen stehen auf und gehen raus zum Rauchen. M. W. bleibt sitzen. Er fragt mich, ob ich rauche. Ich antworte ihm, dass ich eigentlich Nichtraucher sei, aber nach zwei oder drei Bier nichts gegen eine Zigarette hätte. Er lacht sehr oft beim Sprechen und das wundert mich. Er und ich bestellen uns noch ein Bier und essen jetzt Baguettestücke, die wie mit Kräuterquark bestreichen. Die Kollegen kehren jetzt vom Rauchen zurück in den Saal. Die Vorspeise wird jetzt aufgetragen. Es gibt zwei kleine Stücke geräucherten Fisch in einer hellen Sauce. Meine Portion habe ich schnell aufgegessen. Ich leere mein zweites Glas Bier und spüre deutlich die Wirkung des Alkohols. Das Blut steigt mir in den Kopf und meine Ohren fangen an zu glühen. Gleichzeitig werde ich müde und meine Augen neigen dazu zuzufallen. Das Vorspeisegeschirr wird abgeräumt und das Stück geht weiter.
Der Schiffsjunge betritt die Bühne und kündigt den Kapitän an. Alle stehen auf und salutieren, ich auch. Das Stück ist so gemacht, dass auch das Publikum daran teilnimmt - stelle ich jetzt fest. Der Schiffsarzt wird von einem blonden Mann gespielt, der sich darüber sehr freut. Aber gleichzeitig kriegt er kein Wort über die Lippen. Dann gibt es noch einen Pfarrer.
Der Kapitän stellt sein Schiff vor und beschreibt seine Zuneigung zur Schifffahrt, Seemannstugenden und Traditionen. Er füllt ein Glas mit der braunen Flüssigkeit und leert es. Er stimmt ein Seemannslied an, das auch die anderen Schauspieler sofort anfangen mitzusingen. Das Lied hat einen englischen Text und auch die Zuschauer sollen mitsingen. Einige meiner Kollegen machen mit. Anschließend wünscht der Kapitän einen guten Appetit und das Stück wird unterbrochen für die zweite Vorspeise: die Suppe. Die Raucher stehen auf und gehen zum Rauchen in die Empfangshalle. Ich bestelle mir ein Bier. M. W. bestellt sich eine Apfelschorle. Er entscheidet sich dazu auch rauchen zu gehen. Wir gehen beide in die Empfangshalle, wo ich ihn alleine lasse um die Toilette aufzusuchen. Ich pisse im stehen und wasche mir danach die Hände.
Nach dem Teller abräumen geht das Stück weiter. Der Kapitän empfängt Besuch. Der Schauspieler, der davor den Bediesteten gespielt hat, betritt in neuem Aufzug die Bühne. Er ist wie ein Geschäftsmann gekleidet, trägt einen Anzug mit Krawatte. Aus einem sich für mich nicht zu erschließendem Grund fällt dieser in Ohnmacht und die Tochter des Kapitäns ruft den Schiffsarzt, der auch sofort zur Stelle ist. Er untersucht den Ohnmächtigen mit einem Stethoskop und verlässt dann die Bühne. Der Geschäftsmann kommt danach zu sich und diskutiert mit dem Kapitän. Zwischendurch betritt der Schiffsjunge die Bühne um kurze Zeit später wieder zu verschwinden. Der Kapitän startet einen Annährungsversuch auf das Hausmädchen, indem er ihr zuerst Komplimente macht und sie dann versucht an sich zu drücken, körperlich. Aber darauf geht sie nicht ein. Es wird wieder ein Lied angestimmt. Dieses Lied kommt mir bekannt vor und ich erinnere mich an den Text und die Melodie aus dem schulischen Musikunterricht. So gut es mir gelingt singe ich mit und bemerke zum Ende des Liedes, dass niemand außer mir mitmacht. Danach folgt wieder eine Unterbrechung und die Raucher verlassen wieder den Raum. M. W. besorgt sich von einer Kollegin Aspirin und nimmt eine Tablette davon. Er spült sie mit Apfelschorle runter und schluckt danach noch eine Tablette, die für mich nicht nach Aspirin aussieht. Er beschwert sich über Kopfschmerzen.
Der Geschäftsführer und Unternehmensleiter Herr K. kommt jetzt an unseren Tisch und unterhält sich mit M. W. über dienstliche Angelegenheiten. Eine ältere Kollegin, Frau J., kommt von der Raucherpause zurück und fragt mich nach dem Grund für die Abwesenheit von C. G. Ich antworte ihr, dass ich zwar wüsste, dass er für heute hier angemeldet sei, aber ihr nicht sagen könne, warum er jetzt wegbliebe.
Inzwischen ist mein Bier angekommen. Es wird die Hauptspeise, Schweinemedalions mit Kartoffeln, rumgereicht.
Es gibt wenige Gäste in meinem Ater unter den Teilnehmern und die meisten sind ältere Pärchen, wobei einige Männer Matrosenhemden mit Kragen und einem gebundenen Tuch um den Hals tragen. Mir fallen zwei junge Blondinen auf, die jede Pause zum Rauchen raus gehen.
Nach dem Hauptgang geht das Stück weiter und es findet eine Art Duell statt zwischen dem Kapitän und dem Geschäftsmann. Es wird in der Form des Spiels Schiffeversenken ausgetragen. Der Kapitän und der Andere rufen sich mit lauten Stimmen die Koordinaten durch den Raum zu; das Dienstmädchen und die Tochter bewegen die Figuren auf den Tafeln, die sich gegenüber jeweils an beiden Seiten des Raumes befinden, damit die Zuschauer dem Verlauf des Spiels folgen können. Dann kommt es aus unerklärlichen Gründen zu einem Mord - der Geschäftsmann wird erschossen. Der Schiffsarzt wird gerufen und stellt den biologischen Tod fest. Dann kommt ein Pfarrer und liest eine Predigt, die aus lateinischen und deutschen Satzteilen besteht. Dieser Teil des Stückes endet damit, dass ein französischer Detektiv gerufen wird um den Täter zu finden. Es handelt sich dabei um denselben Schauspieler, der den Bediensteten und den ermordeten Geschäftsmann gespielt hat. Dann folgt die letzte Pause, während der die Nachspeise gereicht wird. Die Raucher gehen zum Rauchen wieder in die Empfangshalle. Ich bestelle mir noch ein Bier und schaue mich zu allen Seiten um. M. W. meint, dass er mich für kurze Zeit allein lassen müsse und verlässt den Raum. Es werden vom Personal Karten verteilt, auf denen notiert werden soll wer den Mord begangen haben könnte. Ich schreibe ein paar Wörter auf. Diese Karten werden nach der Nachspeise eingesammelt. M. W. kommt zurück und bestellt sich einen Kaffee. Er erzählt mir, dass es ihm nicht ganz wohl sei und dass er Durchfall habe. Dann diskutiert er mit seinem Sitznachbarn aus wer der Täter sein könnte und verlässt wieder den Raum. Das Stück geht nun weiter. Der Detektiv befragt nun alle Anwesenden nach Indizien. Letztendlich wird der Täter enthüllt und muss sich stellen. Das Stück ist vorbei und es wird applaudiert. Dann bedankt sich der Kapitän bei den Schauspielern und den Zuschauern, die teilgenommen haben und zieht aus einem Topf den Gewinner, die Person, die den richtigen Namen auf die Karte notiert hatte. Es ist eine Frau von 40 Jahren. Sie hat graue Haare und eine Brille. Ihre Körperhaltung ist nicht ganz gerade, sie läuft etwas nach vorne gebückt. Sie empfängt einen Strauß Blumen und freut sich darüber. Sie lächelt. Ich verstehe nicht warum.
Das Publikum verlässt den Saal und alle aus meiner Firma treffen sich in der Empfangshalle. Es wird geraucht. Inzwischen habe ich mir meine Jacke geholt und geselle mich zu der Gruppe der Raucher, stehe aber außerhalb. Ich wünsche mir jetzt nach Hause gehen zu können, aber weiß, dass es besseren Eindruck macht noch einige Zeit mit den Kollegen zu verbringen. Frau K. trifft eine Entscheidung und lädt alle in die Hotelbar auf einen Abschiedstrunk ein. Hinter mir steht eine Kollegin aus meiner Abteilung, die A. K. heißt. Sie hat blondes, dünnes Haar und eine mollige Figur mit sehr großer Oberweite. Sie ist 32 Jahre alt. Sie stellt mir eine Frage: „Na, hast du es doch geschafft?". Ich antworte ihr und sage, dass solange die Busse fahren ich es immer schaffen werde. Noch bevor ich zu Ende gesprochen habe, geht sie an mir vorbei und folgt den Anderen Richtung Hotelbar. Ich folge auch.
Dort angekommen stelle ich mich zu meinem Vorgesetzten und Ausbildungsleiter T. D. und dem Herrn M. B. Es wird für alle ein Getränk bestellt. Ich entscheide mich für Bier. Ich stehe jetzt an eine Säule gelehnt. Die meisten meiner Kollegen nehmen hinter mir in einer Sitzecke, auf Ledersesseln, Platz. An dem anderen Ende der Theke sitzen drei Frauen, H.T., E. K. und A. K. Ich trinke mein Getränk und höre der Unterhaltung zwischen T. D. und M. W. zu. Ich verstehe sehr wenig und beobachte abwechselnd den Kellner und die Kollegen. Bald habe ich mein Bier ausgetrunken und ich bestelle mir ein Neues. Ich warte darauf, dass mich jemand anspricht und mir anbietet mich nach Hause zu bringen. Meiner Meinung nach weiß jeder, dass ich kein Auto besitze. Aber niemand spricht mich an, also konzentriere ich mich auf mein Getränk.
Als das Glas leer ist, stelle ich es auf die Theke, drehe mich um und gehe in Richtung des Ausgangs. Mir kommt T. D. entgegen und wünscht mir eine gute Nacht. Ich verabschiede mich von ihm und trete nach draußen, wo ich mir eine Mütze über meinen Kopf ziehe. Es ist kalt und dunkel. Es ist nach Mitternacht und ich zweifele daran, dass die Bahn noch fährt. Ich überquere den Parkplatz und überlege welche Richtung ich einschlagen soll. Nach meiner ersten Einschätzung geht es links zur Straßenbahnhaltestelle. Diesen Weg schlage ich ein und folge der Straße, die durch ein Waldstück zu führen scheint. Das entspricht nicht ganz meinem Plan, wonach die Straße in einer Autobahnauffahrt mündet. Das bemerke ich jetzt und kehre um. Ich gehe in die entgegengesetzte Richtung und blicke nach oben. Ich atme tief ein und spüre deutlich meine Trunkenheit. An mir fahren Autos vorbei und ich versuche einen Blick auf den Fahrer zu erhaschen, in der Hoffnung, dass es jemand sei, den ich kenne. Die Straße führt in eine Siedlung, die unbewohnt aussieht. Ich kann keine Lichter erkennen. Ich folge ihr trotzdem und erblicke, als ich an einer Kreuzung stehe, rechts eine Bushaltestelle. Ich gehe auf sie zu und merke, dass ich auf dem Hinweg an ihr vorbeigefahren bin. Trotzdem gehe ich weiter. Rechts und links sind Felder, die in der Dunkelheit verschwinden. Nach einer Weile taucht wieder eine Bushaltestelle vor mir auf, an der ein Nachtbusfahrplan angebracht ist. Der Uhrzeit nach zu urteilen, die auf meinem Handy angezeigt wird, dauert es noch 45 Minuten bis zum nächsten Bus. Ich werde also warten müssen. Es ist eine überdachte Haltestelle mit einer Sitzgelegenheit, die ich jetzt benutze.
Weiter oben an der Straße folgt eine andere Siedlung, die bewohnt zu sein scheint. Einige Leute gehen an mir vorbei. Sie wenden ihr Gesicht von mir ab. Ich mache mir Gedanken über den Verlauf des heutigen Abends, ich denke über meine Kollegen und ihr Verhalten mir gegenüber nach, aber es gelingt mir nicht einen Schluss zu ziehen oder so etwas in der Art. Bei Trunkenheit steigt in mir immer der Wunsch auf mir eine Zigarette anzuzünden. Wenn ich keine zur Hand habe, frage ich andere Leute danach. Wenn aber keine Menschen um mich herum sind, dann sammle ich Zigarettenreste, die ich in der Gegend finde, vom Boden auf, soweit sie brauchbar sind und rauche eben diese. Damit bin ich die nächsten Minuten beschäftigt und als ich einen Stummel gefunden habe, merke ich, dass er mir nichts nützt, weil ich kein Feuerzeug bei mir habe. Ich schmeiße ihn weg und warte den Rest der Zeit an einen Pfosten gelehnt.
Der Bus kommt pünktlich, ich steige ein und zeige meinen Fahrausweis vor. Der Busfahrer schüttelt den Kopf, als ob er nicht glaube, dass der Ausweis zu meiner Person gehöre.