Der Mann im Spiegel

Kurzgeschichte zum Thema Innenwelt

von  MrDurden

Leere Augen blicken aus einem kleinen Fenster... hinaus in eine dunkle Welt. Seit Tagen stapelt sich das Geschirr in der Spüle. Nur ganz vorsichtig fallen ein paar neugierige Sonnenstrahlen durch die dünnen Fasern von Vorhängen, hinein in eine verlassene Wohnung. Helles Licht bricht sich in aufgewirbelten Partikeln von abgelagertem Staub. Kein Wort... kein Geräusch unterbricht diese Stille. Niemand ist hier... nur ich. Seit Stunden nichts zu hören, nur Worte, Satzfetzen, Bruchstücke von Erinnerungen... die langsam und leise in meinen Gedanken umherwandern. Mein Körper fühlt sich an wie eine schwere Hülle, die meinen Geist mit jedem Tag schwächer macht. Wie eine Last, der meine Seele überdrüssig zu werden beginnt. Das Ticken der kleinen Schreibtischuhr dröhnt in meinen Ohren wie Donnergrollen. Sehnsüchtig beobachte ich eine müde Sonne... wie sie sich langsam unter dem blutroten, in sanftes Gold getauchten Horizont zur Ruhe bettet. Unbemerkt entlockt sie meinen halbgeschlossenen Augen eine stille Träne... die leise ins Nichts vergeht. Langsam stehe ich auf und schlendere von Zimmer zu Zimmer... warum überhaupt? Suche ich etwas? Jemanden? Niemals werde ich mich an diese Stille gewöhnen. Wenn du an einem Punkt angelangt bist, an dem du die Dunkelheit in deinem Herzen fassen kannst... an dem es für dich keinen Unterschied mehr zwischen Tag und Nacht gibt, wirst du erkennen was es bedeutet zu hassen. Du weißt nicht gegen wen oder was sich dein Hass richtet... doch es quält dich, dieses Gefühl der Ablehnung. Es nistet sich in dein Herz, in deine Seele... übernimmt die Kontrolle. Es lässt dich weinen und frieren... lässt dich deinen Verstand verlieren. Es lässt dich deine Fäuste ballen und verzweifelt und blind vor Wut gegen die Wände schlagen. Gegen es anzutreten bedeutet dich selbst zu bekämpfen. Niemand sagt uns wie, wo oder wann wir diesen Kampf austragen müssen. Niemand bereitet uns darauf vor, wie wir es in den Griff bekommen können. Die Sonne verlässt meinen Augenschein, verschwindet hinter der Welt... und langsam bricht die Nacht herein. Es spielt keine Rolle. Und wenn sie nie mehr aufginge, was würde das schon ändern? Straßenlaternen erlischen, lautlos legt sich das Dunkel der Nacht über eine einsame Erde. Wankend tappe ich in Richtung Badezimmer, versuche mir diese ewige Müdigkeit aus dem Gesicht zu waschen. Das Wasser ist frisch und kalt, weckt meinen Geist nur für einen Moment. Ich schnappe mir das Handtuch, trockne mich ab und blicke in den Spiegel. Ich kenne dich nicht... nicht mehr. Was haben sie aus dir gemacht? Erinnerst du dich noch an die Zeit der großen Träume, der Erwartungen... des Lebens? Gewinnen kann jeder. Es ist leicht zu gewinnen. Das Schwere im Leben ist nicht das Stehen auf dem Siegertreppchen. Das Schwere ist von unten hinauf zu blicken... und mit dem Verlust leben zu müssen. Ich blicke ihn an, den Mann im Spiegel. Sehe hinein in seine Seele, hinein in sein Herz. Er ist nicht wer er sein sollte... nicht wer er vorgibt zu sein. Seine Augen sind müde und traurig und ich erkenne ihn nicht... nicht mehr.


Anmerkung von MrDurden:

Ich wünschte er würde mir sagen, wer er ist.

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Kommentare zu diesem Text

Elsa (25)
(10.08.08)
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 MrDurden meinte dazu am 10.08.08:
Ich dank dir für Kommentar und Empfehlung! Ja, er ist etwas düster geworden... im Moment hilft es mir meine Gedanken, meine Innenwelt, meine Gefühle in Form von solchen Texten niederzulegen. Die letzten Tage waren ziemlich hart. Meine Texte sind Momentaufnahmen, ich denke auch, dass es irgendwann besser wird. Bis dahin ist das mein Spiegelbild. Hat mich sehr gefreut, dass dir der Text und mein Ausdruck gefallen hat. Wünsche noch einen schönen Sonntag! Lieben Gruß, David!

 anna-minnari antwortete darauf am 15.08.08:
Lieber David, Ich finde die Gefühle sind ehrlich und vor allem identisch zum Ausdruck gebracht, macht allerdings wirklich beim Lesen etwas depressiv. Deine Schreibweise ist so real wie das Leben (leider) manchmal ist. Ich hoffe für alle, denen es ähnlich geht, dass sie diesen Weg finden, denn ohne sich einen Weg aus diesen Gedanken zu suchen, wird man eines Tages einen Fremden im Spiegel sehen. LG und ein schönes WE allen Anna Minnari

 MrDurden schrieb daraufhin am 16.08.08:
Vielen Dank für deine Favorisierung! Der Text ist depressiv geschrieben, da hast du recht. War jedoch nicht meine Absicht meine Leser depressiv zu stimmen. Musste es einfach irgendwie loswerden. Nochmals danke und liebe Grüße, David!
Stella (18)
(10.08.08)
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 MrDurden äußerte darauf am 10.08.08:
Da freu ich mich sehr! Dank dir für die lieben Worte! Sonntagsgrüße schickt David!

 Sylvia (10.08.08)
Wie oft und wieviel kann man manchmal in dem Anderen sehen....und doch schweigt man dazu....aus Vorsicht? Aus Angst? Aus Betroffenheit?
Sieht man dies bei sich selbst, ist man schockiert, und schweigt....manchmal...nur manchmal, bis man sich mutig selbst befragt....
Gerne gelesen und nachdenkliche Grüße von der Sylvia

 MrDurden ergänzte dazu am 10.08.08:
Ich bedanke mich. Auch für die Empfehlung! Freut mich wenn ich nachdenklich stimme. Einen schönen Sonntag wünscht David!
HvidLiljer (35)
(25.08.08)
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trishita (26)
(30.08.08)
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bernd-trost (30)
(08.09.08)
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C.S.Steinberg (43)
(19.09.08)
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 MrDurden meinte dazu am 19.09.08:
Danke für deine Empfehlung und den lieben Kommentar! Hat mich gefreut, liebe Grüße, David!

 Jorge (05.10.08)
Lieber David, ich lese und kommentiere gerne.
Über eine Stunde "wälze" ich Deine Texte. Streitbar, mutig, aufbäumend, gefühlvoll und nun dieser hier mit Blick in Innenwelten.
Er gibt Auskünfte und berührt ungemein macht mich aber auch
depressiv . LG Jorge

 MrDurden meinte dazu am 05.10.08:
Es freut mich sehr, dass du dich so mit meinen Texten beschäftigst Jorge! Das letzte was ich will ist, meine Leser depressiv zu stimmen doch es freut mich, dass ich berühren konnte! Vielen Dank für das Lob, Grüße, David!
Missi (52) meinte dazu am 28.12.08:
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lego (31)
(03.01.09)
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 MrDurden meinte dazu am 03.01.09:
Werd ich, danke für deinen Kommentar!

Viele Grüße, David!
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