Das Rendezvous

Text

von  ManMan

Freitagabend.
Draußen dämmriges Licht; Oma Lisbeth ging davon aus, dass dieser Tag fast unbemerkt in die Nacht übergehen würde.
Mona wirkte heute Abend sehr gepflegt. Kein Wunder, denn Elvira hatte ihr eine Extra-Schaumwäsche zukommen lassen. Oma Lisbeth hatte sich ebenfalls herausgeputzt. Sie trug ein langes, dunkelblaues Kleid, in dem sie größer wirkte. Ihre Haare, von Natur aus lockig und inzwischen silbergrau, hatte sie beim Friseur schneiden und legen lassen. Von den spöttischen Bemerkungen ihrer Tochter ließ sie sich nicht irritieren. Schließlich kam es nicht so oft vor, dass ein Mann sie zum Essen einlud. Genau genommen, war es das erste Mal seit dem Tod ihres Mannes vor zehn Jahren.
Freddie kam pünktlich und wurde von Mona stürmisch begrüßt. Oma Lisbeth war ein wenig verlegen und überspielte das durch Geschäftigkeit. Als sie den Hof verließen, wünschte Elvira ihnen vom Stall aus, in dem sie gerade zu tun hatte, einen schönen Abend.
Im China-Restaurant war ein Ecktisch reserviert. Der Kellner brachte Mona eine Schale Wasser.
„Sie sehen gut aus in Ihrem Kleid,“ begann Freddie das Gespräch, als sie am Tisch saßen, das Essen bestellt war und sie an den Weingläsern nippten.
Wieder errötete Oma Lisbeth. „Sie auch! Ich meine, Sie sehen auch gut aus.“
Gerade jetzt schaute Mona hoch. Als Oma Lisbeth die Stirn runzelte, vergrub sie den Kopf zwischen den Vorderpfoten. „Johanna sagt immer, Mona schämt sich, wenn sie sich so hinlegt.“
Freddie lachte. Es war ein nettes, sympathisches Lachen, fand Oma Lisbeth. Der Mann sagte: „Ja, Mona ist wirklich ein sehr lieber Hund.“ Er tätschelte sie. Die Frau sagte: „Erstaunlich, wie sie auf Sie fliegt!“
„Warum ist das erstaunlich? War es denn bei Ihnen anders?“
„Ja… , das heißt: Nein! Jetzt, wo Sie es ansprechen, fällt mir auf, dass sie bei mir auch von Anfang an sehr zutraulich war.“
„Na also! Dann gehe ich mal davon aus, dass wir ganz besondere Menschen sind.“
Freddie hob sein Glas. „Trinken wir auf unsere Besonderheit… “, er zögerte, „Elisabeth! Und ich darf doch du sagen, nicht wahr?“
„Meinetwegen. Aber bitte Lisbeth und nicht Elisabeth. Sonst sage ich nämlich Alfred zu dir.“
„Um Himmels willen, bloß das nicht!“
„ Zum Wohle, Freddie!“
„Zum Wohle, Lisbeth!“
Mona wedelte mit dem Schwanz. Sie schien sich zu freuen.

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