Der Bauer und die Tänzerin

Märchen zum Thema Liebe und Sehnsucht

von  Feuervogel

Es lebte einst ein Bauer, der arbeitete jeden Tag viel und hart. Er bestellte seine Felder und weidete sein Vieh. Früh wenn der Hahn krähte, erwachte er und wenn der Tag sich schlafen legte, ging auch er müde von seinem Tagwerk zu Bett.So ging dies Tag für Tag, Woche für Woche, Monat um Monat und Jahr um Jahr. Nie gönnte er sich eine Pause. Vollkommen eingebunden in den Rythmus der Jahreszeiten, verrichtete er sein Werk.
Er hinterfragte nicht was er tat. Nur manchmal wenn die Schmetterlinge tanzten und er den süßen Duft des Grases einatmete, wurde ihm leise bewusst, dass ihm doch irgendetwas fehlte. Da vernahm er einen leisen Stich in seinem Herzen. Diesen Stich aber verwarf er schnell und ging weiter seiner Arbeit nach. So widmete er sich weiter seinen Tieren, Feldern und Wiesen. Zwar noch jung an Jahren, ergraute er schon langsam, und die viele Arbeit, so wie auch die Einsamkeit, ließen ihn älter scheinen als er in Wirklichkeit war. Das Leben verstrich und mit ihm so viele Chancen, die er ungenützt vorübergehen ließ.
Doch dann geschah es eines Nachts, dass er im Traum sich selber sah. Alt geworden saß er einsam vor der Tür seines Hauses. Niemand war da, der ihn stützte, niemand der nach ihm sah, oder das Wort an ihn richtete. Haus und Hof waren verwaist, es war kein Vieh mehr im Stall, die Felder lagen brach und die Wiesen standen hoch im Saft. Er sah sich kraftlos sitzen, schon dem Tode nahe.
Schweißgebadet fuhr er hoch mit pochendem Herzen und wurde sich seines einsamen und eintönigen Lebens bewusst. So wollte er nicht enden, und so nahm er sich vor gleich morgen in die Welt hinauszugehen, um das zu suchen was ihm zum wahren Glück noch fehlte.
Im Morgengrauen ging er los, wanderte der Stadt zu in der Hoffnung, dass zu finden, was das Leben in der Einöde für ihn erträglicher machen würde.
Jetzt plötzlich, während er so wanderte, nahm er ein deutlicheres Ziehen in seinem Herzen wahr und er wusste, das dies die Sehnsucht nach Liebe war. Schnell musste die Sehnsucht gestillt werden, denn lange konnten Haus und Hof nicht auf seine Anwesenheit verzichten.
In der Stadt angekommen hörte er eine leise Melodie. Diese Melodie berührte ihn auf süße Weise und er folgte ihr. Die Melodie zog ihn hinein ins städtische Getümmel. Irgendwann landete er auf einem großen, weiten Platz. In der Mitte des Platzes bemerkte er eine Tänzerin.Neugierig setzte er seinen Weg fort. Es war die Melodie, die ihn vorwärts trieb. Schließlich blieb er staunend stehen, wenige Schritte vor der Tanzenden. Er beobachtete ihre rythmischen Bewegungen und traute seinen Augen kaum. Da war sie, die Stillung seiner Sehnsucht. Sie wollte er haben. In seinen Lenden regte sich Lust. Ein beinahe unbekanntes, fremd gewordenes, fast schon vergessenes Gefühl.
Er wartete und betrachtete die Tänzerin, die vollkommen selbstvergessen tanzte und ihren Körper drehte im Einklang mit der Musik. Ihr Tanz dauerte und etwas ungeduldig trat er näher herzu, streckte seinen Arm aus und berührte die Tänzerin an ihrer Schulter. Erschrocken hielt sie in ihren Bewegungen inne und blickte den Bauern fragend an. Was unterbrichst du meinen Tanz?, fragte sie. Er antwortete:,Nur wegen dir bin ich in die Stadt gekommen und  die Melodie hat mich zu dir geführt. Du bist die Frau nach der ich mich schon lange sehne, dich will ich mit mir nehmen auf meinen Hof und mit dir leben. Gerührt schaute die Tänzerin den Bauern an. Er dauerte sie so sehr, spürte sie doch wie sehr seine Sehnsucht der ihren glich.
Das geht doch viel zu schnell, ich kann nicht mit dir gehen.
Warum denn nicht, fragte der Bauer etwas unverständig.
Ich muss hier täglich tanzen, es gibt so viele Menschen die mein Tanz erfreut, egal ob alt ob jung. Ich kann nicht einfach gehen und all jene meinen Tanz vermissen lassen. Doch du kannst täglich zu mir kommen hier auf diesen Platz und mich besuchen, und wenn du magst können wir vielleicht eines Tages gemeinsam tanzen für all die Menschen hier, sprach die Tänzerin.
Ich kann nicht tanzen, sagte der Bauer, aber vielleicht kannst du es mich lehren. So kam der Bauer so oft es seine Zeit erlaubte und sah der Tänzerin beim Tanzen zu. Ihr Tanz war oft sehr traurig und das beschwehrte ihn. Doch sie tanzte so wie das Leben es ihr aufgetragen hatte. Sie konnte nicht anders, sie drückte nur ganz ehrlich aus was tief in ihrem Innern sie bewegte.
Der Bauer und seine Sehnsucht hatten das Herz der Tänzerin berührt. In ihr erwachte die Liebe und so wurde auch er zu einem Menschen für den sie zu tanzen begann.
Manchmal streckte er sich nach ihr aus, berührte ihren Körper und sie verschmolzen im Rythmus ihres Tanzes. Doch so viel Leben war ihm fremd und auch bedrohlich gar, und er konnte sich nicht hingeben an Sie und ihren Körper, nicht fallen auf Herz und Haut. Aber lassen konnte er sie auch nicht. Zwischen ihnen gab es Momente der Glückseligkeit. Da war tiefe Liebe spürbar und sie begannen zu glauben füreinander bestimmt zu sein. Am Anfang wollte der Bauer wirklich tanzen lernen, doch mit der Zeit wurde ihm das Getanze zu dumm, denn die Arbeit forderte ihn. Für Liebe und Zärtlichkeiten blieben kaum noch Raum und Zeit. Er brauchte sie zur Stillung seiner Sehnsucht und damit er nicht einsam sterben müsse.
Eines Tages also reichte es ihm. Er ging in die Stadt und fackelte nicht lange, unterbrach den Tanz der Tänzerin, schulterte sie und trug sie einfach zur Stadt hinaus. Ihr Weinen und Klagen rührten ihn kaum. Hör auf damit, du dummes Ding, das macht mich noch ganz krank. Du kannst bei mir doch alles haben, was will denn eine wie du noch mehr. Ich hole dich von der Straße, biete dir ein Dach über dem Kopf und du darfst meine Frau werden, die Frau eines der reichsten Bauern weit und breit.
Die Tänzerin schluchzte und sprach: Was empfindest du für mich? Er darauf, was stellst du nur für dumme Fragen. Ich liebe dich!
Da erkannte die Tänzerin, das dies nicht Liebe war.
Auf dem Hof angekommen versiegten die Tränen der Tänzerin und sie sprach nie wieder ein Wort. Er hatte ihr sich selbst fortgnommen und sie hat es geschehen lassen. So brach er ihr das Herz und sah es nicht. Sie aber tanzte nicht mehr, bis zu jener Nacht als ihre Tränen wieder kehrten und sie sein Bett verließ und nicht mehr wieder kehrte.
Er jedoch starb einsam bald, krank von all der Arbeit und der nie gelebten Liebeskraft. Leider hat er nie begriffen, das die Melodie der Liebe nur zum Tanze spielt, auf dem großen weiten Platz der Freiheit, der Achtsamkeit und Hingabe an das Leben auch des Anderen.

Michaela Möller

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (30.06.18)
Hinweis:

Rythmus -> Rhythmus (ein Klassiker)

Da sind noch mehr, aber ich bin jetzt zu müde...

Guten Abend.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 26.12.22 um 13:15:
Hallo?
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