Hunde

Fabel zum Thema Abendstimmung

von  RainerMScholz

Aus weiter Ferne schon ist ihr wildes Knurren und Heulen zu hören. Die Sonne steht bereits tief. Die Dämmerung bricht über die Stadt herein, färbt Straßen und Gassen in das Blau der Nacht und lässt die Mauern, Fassaden und Gärten in schattige Schemenhaftigkeit versinken.
Wie schwarze Pfeile fliegen die Hunde durch die Wälder, jagen zwischen Baumstämmen hindurch, brechen durch Dickicht und Gestrüpp. Reißende Zähne blitzen marmorn aus roten Rachen. Sie sind schnell wie der tosende Wind über eisigen Steppen. Schwarze Hunde, wild und mörderisch, nähern sich der Stadt, wittern Menschen in Angst, heulen den Ruf der Ausgestoßenen in die ausbrechende Finsternis. Lautlos wie Schwalben im Herbstwind fallen die Wolfsartigen in die Siedlung ein, rennen witternd, suchend durch leere Straßen. Hungrig, blutdürstend. Wildes, ungezähmtes Knurren und Jaulen bricht sich an Häuserwänden. Bellen dringt wie aus den Tiefen der Erde, tierisch, bestialisch. Ein Grollen, das die Haare zu Berge stehen lässt, rollt über die Dächer der Menschenhäuser, schauderhaft, wie von Schatten, die hinter blinden Spiegeln hervorlugen.
Die Stadt schläft totengleich. Alle Lichter sind gelöscht, Türen und Fenster verschlossen und verriegelt, die Welt ist wie verwaist. Furcht beherrscht die Stadt, die Angst vor dem Unbekannten, Unwirklichen, vor dem, was nicht passieren darf, vor dem Unerdenklichen. Schleichend kriecht jämmerlicher Irrsinn aus dunklen Ecken und setzt sich in den Herzen fest.
Wütende Tänze vollführen die Hunde, kreischende, verschlingende Wut, unbändiger Hass auf ihr verlorenes Königreich und auf die Dunkelheit der Ausgestoßenen, aus der sie entstammen. Wahnsinn spricht aus ihren leuchtenden Augen. Jungfrauenmord. Kindermord. Die Seele Unschuldiger zwischen blutigen Lefzen.
Die Nacht senkt sich auf die Stadt.
Auf die Nacht folgt der Morgen.
Die Menschen zählen ihre Angehörigen.
Sie öffnen die Türen und Fenster und staunen ungläubig in das wiederkehrende Licht. Der Mar ist vorbei. Der Spuk der Finsternis der Nacht.
Nur das leise Heulen des Windes, wie von jenseits des Horizonts, lässt manchen noch erschauern. Doch ist auch dies verblassende Erinnerung nur.
Das riesige Maul schließt sich über dem blutigen Himmel. Hyänenhaftes Lachen gellt über den endlosen Wäldern. Wiehern. Kreischen und Rufen.

© Rainer M. Scholz

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Kommentare zu diesem Text

dunham (41)
(03.03.09)
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 RainerMScholz meinte dazu am 03.03.09:
Ja. Mit Pilzen.
Vielleicht passt das mit dem Gebell auch als Titel besser.
R.
(Antwort korrigiert am 03.03.2009)
The_black_Death (31)
(03.03.09)
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 RainerMScholz antwortete darauf am 03.03.09:
Ja, ich weiß, es ist keine Fabel. Oder doch? Naja.
Das "nur" würde ich auch gerne am Ende des Satzes stehen lassen. Weil ich es absichtlich dorthin verfrachtet habe.
Danke für deine Aufmerksamkeit, Schwarzer Tod.
Grüße,
R.
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