Sie saßen auf der Parkbank im fahlen Licht der untergehenden Sonne. Herbst war es und der Wind wehte ein Versprechen auf baldigen Schnee durch die flüsternden Blätter der Trauerweiden. Ihn fröstelte. Die pfeifenden Böen zogen durch das Gebein. Aus ihren leeren Augenhöhlen warf sie ihm einen mitleidigen Blick zu und versuchte ihn mit ihren klapprigen Armen zu umfangen. Im Osten stieg bereits ein unbarmherziger Mond über den Horizont. Als sie ihn küsste, gab es ein knackendes Geräusch und scheu wandte sie sich wieder von ihm ab. Er ließ den Kopf hängen. Über die Armlehne der Parkbank kroch eine fette weiße Made. Er schüttelte den Kopf. Sie hob seine heruntergefallene Kinnlade vom Boden auf und drehte sie in der fleischlosen Hand. Tröstend strich sie ihm über den kahlen Schädel, gab ihm den Unterkiefer zurück und schaute sehnsüchtig in das Licht des Mondes. Sie nahmen sich bei der Hand und standen auf. Der Wind sang durch die Rippen. Sie gingen einige Schritte, er pflückte ihr eine weiße Nelke von einem fremden Grab. Dass sie lächelte, konnte er nicht erkennen. Sie hatte keine Lippen. Und kein Fleisch. Kein Blut, keinen Herzschlag und keine Wärme des Körpers. Hätte er Augen gehabt, er würde geweint haben. Die Zähne schlugen beinern aufeinander, doch er sagte kein Wort. Mit einem vorsichtigen, angedeuteten Nicken gab sie ihr Verstehen zu erkennen. Sie gingen noch eine Weile zwischen den Gräbern. Knirschend sprangen Kiesel von ihren blanken Füßen. Dann hatten sie das Gefühl, müde zu sein. Es kam wie aus einem Inneren. Sie sahen sich ohne Augen an, und sie trennten die Knochen der Finger voneinander. Er hob die bleiche Hand wie zum Gruß, doch die Vergeblichkeit dieser Geste war wie die Ewigkeit so undurchdringlich. Er ging, um sich in seine Kiste zu legen. Vielleicht würde sie ihn nie wiedersehen. Sie sah in den Himmel hinauf. Das Licht des Mondes überstrahlte den Glanz der Sterne. Sie ging zu ihrem Grab, legte sich hinein und wartete.