Lose Zeit am Strand

Kurzgeschichte zum Thema Zeit

von  sundown

Klammheimlich hatte sie sich gelöst, die Zeit. Sich aufgemacht, davongestohlen.
Einmal aus der Reihe tanzen, dachte sie. Einfach den starren vorgegebenen  Zwängen entfliehen.
Zuversichtlich, dass es niemand bemerken würde, schlich sie an den Strand.
Der Sand kitzelte ein wenig, aber es war ein gutes Gefühl.
Die Zeit lächelte und vergrub sich  in der Kühle des Schaumes,
den die Wellen als helle Spur hinterließen.
Ein Sandkäfer fand das wohl gar nicht lustig und begann wild scharrend, sein Revier
zu verteidigen.
" Lass gut sein" , sagte die Zeit.  "Ich geh ja schon. Es gibt so viele Dinge, die hier auf mich warten."
Neugierig fragte der Sandkäfer, was das denn wohl für Dinge seien.
Die Zeit drehte sich im Kreise, erst langsam und dann immer schneller.
Dem Sandkäfer schwindelte es schon, allein bei dem Anblick.
Verrückt, dachte er bei sich, verrückt, die Zeit hat den Verstand verloren.
Endlich stand die Zeit still und wies , etwas außer Atem auf den Wind.
"Sieh nur, wie er tanzt und mit den Wellen spielt.  Er ist ungebunden, frei
und singt sein Lied, als gäbe es keinen Morgen.
Ich dagegen bin gefesselt, an starre Normen gebunden. Und was das Schlimmste ist,
niemand mag mich. Dem einem bin ich zu schnell, dem anderen zu langsam,
egal was ich tue ich kann es keinem Recht machen."
Nach diesen Worten verlor die Zeit eine kleine Träne und setzte sich seufzend auf eine Welle.
Mittlerweile war auch der Wind aufmerksam geworden .
Er drehte noch eine Runde und lehnte sich behutsam an ein Stück Holz,
welches er zuvor an den Strand geschwemmt hatte.
"Schwester", grollte er. "Du irrst. Ich und frei? Davon kann keine Rede sein.
Sicher, ich kann mich bewegen, komme an Orte von denen du nur träumen kannst,
dennoch bin ich gebunden. Jeder Tag ist ein Kampf, oft drohe ich zu schwinden
und ich muss viel Kraft aufbieten um mich halten zu können."
Verwundert schaute die Zeit ihn an. "Gebunden, an wen bist du denn gebunden ?"
"Kannst du dir das denn nicht denken?", fragte der Wind. "Ich bin an dich gebunden.
Denn du bist es, die ich brauche um mich immer und immer wieder neu zu formen.
Schau dich an, wenn einer frei ist, dann doch du."
Sprachlos schaute die Zeit den Wind an.  "Ich soll frei sein? Wie kann das möglich sein?"
Der Sandkäfer hob seinen Kopf , zwickte den Wind  in die Seite und grinste.
"Bist du es nicht, die hier am Strande hockt und losgelöst von allem Sein
den Traum der Freiheit lebt?  Die Sonne dort, sie wird auch untergehen ,
wenn du mal nicht in deiner Kammer sitzt. Weil sie an dich gebunden ist, so wie der Mond
und all die Sterne. Wie jedes Leben, hier auf dieser Welt.
Nichts  ist von Dauer, einzig du."
So hatte es die Zeit noch nie gesehen.  Ein Glücksgefühl  stieg in ihr hoch.
"Danke liebe Freunde", sagte sie, umarmte noch ein letztes Mal den Wind, der sich ein wenig zierte,
und warf verschmitzt ein Körnchen Sand vor das linke Beinchen des Sandkäfers.
"Wir sehen uns wieder", versprach die Zeit und verschwand auf leisen Sohlen.
"Klar", murmelte der Sandkäfer. " Irgendwann, wenn es an der Zeit ist."


Anmerkung von sundown:

kurze Anmerkung..ich verzichte oft auf die klare Hervorhebung der wörtlichen Rede. Die Zeichensetung stört meinen Schreibfluss, da ich meistens ohne Pause schreibe. Ich denke, man kann es auch so verstehen.

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Kommentare zu diesem Text


 Mutter (27.06.09)
Ich lese auch meistens ohne Pause ...
Starke Erklärung. :D

 sundown meinte dazu am 27.06.09:
Lach, die Erklärung ist im Grunde lächerlich....Ich will beim Schreiben nicht unterbrechen und nachher...vielleicht zu faul? Wer weiß...bis jetzt hat es noch niemand beanstandet, aber auf diesem board wird meines Erachtens genauer gelesen und ih wollte dem vorbeugen...so nenn ich es mal "dichterische Freiheit"..und zieh mich mit diesem "Schild" vor der Brust..klammheimlich aus der Affäre...
Danke dir für´s Lesen..
Lg sundown...
AnnaKarenina (31) antwortete darauf am 27.06.09:
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 sundown schrieb daraufhin am 27.06.09:
Ich gebe mich geschlagen und gelobe Besserung...habe es geändert und ein nächstes Mal wird es nicht geben..OHNE...
Lg sundown
AnnaKarenina (31) äußerte darauf am 27.06.09:
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 MagunSimurgh ergänzte dazu am 27.06.09:
Ähm... stop mal kurz – das stimmt so nicht mit der Zeichensetzung.

Lies mal Maxim Biller zum Beispiel, der macht das auch sehr gerne und fällt mir als erstes Beispiel ein. Es gibt jede Menge Autoren, die inzwischen wörtliche Rede einfach im Fließtext einbinden – das ist schon okay im Sinne der künstlerischen Freiheit. ;)

Ich finde nämlich, es hat etwas, weil man dadurch gezwungen ist, ganz tief in die Szene einzutauchen.

Das dazu.

Eigener Kommentar nach der Reispfanne. Lach.

Liebe Grüße.
AnnaKarenina (31) meinte dazu am 28.06.09:
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 MagunSimurgh (27.06.09)
So, eine Reispfanne, viele Koffer und einige Nervenzusammenbrüche später.
(Ja, die Zeit drängt.)

Ich finde, die Geschichte hat in ihrer Personifikation einen kindergeschichtenhaften Touch, und das lässt mich ein bisschen davor zurückschrecken.

Ich würde es insofern auch nicht als Kurzgeschichte, sondern eher als Parabel einordnen. Kurzgeschichten haben immer stinknormale Menschen als handelnde Personen.

Na ja, wie gesagt, es ist gut geschrieben, wie deine Sachen in der Regel, aber so was schreckt mich ehrlich ab, also diese Grundperspektive mit der fast verniedlichenden Personifikation. (Das liegt aber vielleicht daran, dass ich diese Abneigung auch gegenüber meinen sehr moralapostüllenden Erstwerken im ersten Schreibjahr hege, die ich inzwischen aus meinem Veröffentlichungsrepertoire ganz gestrichen habe.)

Liebe Grüße.

 sundown meinte dazu am 27.06.09:
Na, ich hoffe die Nervenzusammenbrüche wurden nicht durch mein Geschreibsel ausgelöst...Du weißt ja wie die Geschichte entstanden ist...
für Kinder..ja gewissermaßen. Lach...Kurzgeschichte/Parabel...Ich lerne immer noch dazu...da muss ich mich noch etwas hinterklemmen. Werde das nächste Mal darauf achten..Moralapostel..klar ich weiß..nicht dein Ding...passte hier aber so schön...
Danke dir herzlich....
LG sundown

 MagunSimurgh meinte dazu am 28.06.09:
Nein, keine Sorge, den Nervenzusammenbruch verursachte der BH (Bügelhalter :P), der aus meinem Schrank mit seinem ganzen Inhalt herabstürzte, lach.

 Dieter_Rotmund (02.01.20)
Seltsamer Zeilenumbruch. Sprechende Winde und sprechende Insekten und eine sprechende Zeit - sehr bemüht poetisch. Keine Ahnung, um was es hier gehen soll.
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