Verbrannte Asche und eine Reise zum Meeresgrund

Text

von  ZornDerFinsternis

Ich fliege. Mit gebrochenen Flügeln. Ich atme. Atme den Schmerz und das Leben ein. Weine. Kalte Tränen, die tiefe Furchen in meine Haut ritzen. Ich lache. Von Verzweiflung dazu getrieben. Ich falle. Mit den nutzlosen Flügeln eines gefallenen Engels. Ich lebe. Mit der Erinnerung und dem endlosen Schmerz, irgendwo, tief in mir. Ich liebe. Mit dem kaputten Überrest eines Herzens, das nur getreten und missachtet wurde. Ich schreibe. Mit ernüchternden, schlechten Worten. Schlechter, als die eines Erstklässlers. Ich trinke. Whisky und Korn. Ich rauche. Zwei Big Packs am Tag. Ich habe einen Wunsch. Einen einzigen, letzten Wunsch. Einen, den mir niemand nehmen kann. Den mir niemand erfüllen wird. Einzig und allein die Stille wünsche ich mir. Ich ritze. Schneide meine Arme blutig. Auch die Tattoos am Unterarm hindern mich nicht. Ich schneide. Tiefer. Jedes Mal ein bisschen tiefer. Energischer. Ich schreie. Schreie laut. Glas müsste zerbersten – doch ich bleibe stumm. Meine Tränen bleiben unbemerkt, wie am Tag zuvor. Ich flehe. Flehe zum Himmel; in die Wolken empor. Doch auch heute, habe ich euch nicht zurück. Auch heute, bin ich mit der Einsamkeit meines Herzens allein. Ich versuche zu weinen. Aber es halten mich die Antidepressiva zurück. Der Raum ist weiß. Eiskalt. Verbrannte Asche. Gleich den Scherben unserer Träume. Der Regenbogen versteckt sich vor dem Regen. Die Sonne vergräbt sich hinter einer dunklen Wolkenfestung. Ich trinke. Viel. Und jeden Tag ein bisschen mehr. Ich will nicht mehr. Nicht mehr leben. Und mit jedem Tag, wird diese Einsicht größer. Ich frage mich. Wozu das Leben gedacht ist. Suche nach Antworten, deren Fragen ich nicht kenne. Ich vergesse. Vergesse die Schönheit des Augenblicks. Die Schönheit, die nie existiert hat. Ich vergesse. Nur diese Bilder nicht. Ich atme. Und ersticke noch immer nicht, an all der Angst und Verzweiflung. Ich gehe. Gehe durch den finsteren Irrgarten dieses Lebens. Gehe verloren. Verliere mich. Verliere deinen Stern, irgendwo da draußen, am dunklen Firmament. Ich verzweifle. An der Last auf meinen Schultern. Zerbreche. Ich zerbreche, an den Bildern, die du mir in den Schädel geprügelt hast. Ich verwelke. Verdorre. Wie die kleinen, schwächlichen Schneeglöckchen, an deinem Grab. Versinke. Ich versinke, wie ein Stein. Ein kleiner Kiesel,  der irgendwo achtlos, wie Dreck, in die kalte, tosende See geschmissen wird. Ich weine. Und meine Tränen gehen verloren. Irgendwo. Zwischen Wellenbergen und Schiffwracks. Treibe am Grund dahin. Bin zerfetzt. Völlig ausgelaugt. Die Überreste meines Seins, wirbeln gemächlich am Grunde der Ausweglosigkeit. Ich klammer mich fest. Klammer mich fest, an meinen letzten Anker. Meinen Retter. Schließe die Augen. Öffne den Mund, um den betäubenden Geschmack von Salzwasser, auf meiner Zunge zu spüren. Irgendwo hier unten, werde ich etwas finden. Etwas, das ich lange suchte. Von dem ich nicht wusste, dass es existiert. Dass ich es mir so sehnlichst gewünscht habe. Ein Schatz. Kein Gold. Kein Silber, Diamanten. Das Vergessen. Die Vergänglichkeit. Das Lachen. Das Streben nach Geborgenheit, wird mit mir, hier unten untergehen. Der Vollmond dringt kraftlos durch die tonnenschwere Wasserdecke, die mich zugedeckt hat. Ich atme nicht mehr. Keinen Schmerz und kein Leben mehr. Ich weine nicht mehr. Ich schreie nicht mehr, um Schweigen zu müssen. Ich ritze nicht mehr, um am Leben zu bleiben; es ertragen zu können, „Ich“ zu sein. Ich vermisse euch nicht mehr. Verzweiflung kenne ich nicht mehr. Ich erinnere mich nicht mehr an deine eisigen Hände, überall an mir. Kenne all diese Namen und Geschichten nicht mehr. Kein Geschrei. Keine Schläge. Ich schlafe. Ohne Alkohol und tonnenweise Tabletten. Mein Herz klopft nicht mehr. Und die Wellen tragen mich sanft durch diese Nacht. Meine letzte Nacht. Am Ende des Horizonts, heißt mich der Tod willkommen. Das Meer küsst meinen toten Leib und spuckt mich aus.

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Kommentare zu diesem Text


 Ginkgoblatt (21.11.09)
Kannst du mein aufgeregt schlagendes Herz hören? Es ist purer Schmerz, der aus deinen Zeilen spricht und er setzt sich nieder in meinen Gedanken. Ich wünschte, ich könnte bei dir sein. Am Ende des Horizonts sitz ich hier vor deinem Text und bin berührt. Du bist stark, wenn du diesen Schmerz aushältst. Ich würde dir gerne etwas gegen deine gebrochenen Flügel zur Heilung geben, doch ich habe ebenfalls gebrochene Flügel und weiß nicht, wie ich sie heilen kann. Jetzt sind wir nicht mehr allein! KG Coline

 ZornDerFinsternis meinte dazu am 21.11.09:
Ich werde dir meine Flügel leihen, wenn wir sie zusammen legen, vllt können wir dann zusammen ein Stück des weiten Weges fliegen. Der Sonne und dem Strahlen von Glück und Unbeschwertheit entgegen. Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst. Drück' dich ganz fest. Anni

 Ginkgoblatt antwortete darauf am 24.11.09:
Zu zweit können wir bestimmt ein kleines Stück fliegen und vielleicht finden wir ein Teil des Lichtes, das unsere Seelen reinigen kann. Drück dich auch, kg Coline
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