NINJA-MOUSE

Kindergeschichte zum Thema Abenteuer

von  Mac

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(von Salome)
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(von Jonas)
Karlchen Schwarzpelz stromerte durch das Dorf der Schwarzpelzmäuse. Alle Schwarzpelzmäuse hießen Schwarzpelz. Sie hatten nur andere Vornamen. Karlchen winkte den jungen Schwarzpelzmausemädchen zu und die winkten natürlich zurück, denn Karlchen war ein ganz hübsch anzusehender, junger Mäusebursche. Aber mehr als zu einem Flirt waren die Mädels nicht bereit. Alle Mausemädchen hatten nur ein Ziel. Zu heiraten und zwar einen lieben Mann, der sie versorgte, damit sie viele kleine Mausebabies ihr eigen nennen konnten. Doch Karlchen war ein Strolch. Jemand der dauernd in ihrem Dorf rumrannte, mit den Mausemädchen flirtete, oder manchmal tagelang wegblieb und ohne festen Job war. Mit anderen Worten, Karlchen hatte viel zu wenig Speck und Käse auf seinem Konto.
Alle Mausemädchen hatten nur einen richtigen Schwarm und das war NINJA-MOUSE. Der war berühmt und musste sehr reich sein. Doch niemand kannte den Namen von NINJA-MOUSE. Er trug, wenn man ihn einmal zu Gesicht bekam, nur tiefschwarze Klamotten und eine schwarze Katzenmaske mit kleinen Seh- und Ohrenschlitzen und einem Mundschlitz zum Atmen. Aber, er war, wie gesagt, der Held aller Mausemädchen.
Karlchen lachte in sich rein, denn er kannte die Gedanken der Mäuse. Er wusste, wer NINJA-MOUSE war. Aber das war geheim. Geheimer als geheim. Karlchen war selber die NINJA-MOUSE. Außer ihm wusste das nur einer. Der Chef der Mäusepolizei, Oberkommissar Schnüffelnase. Von Schnüffelnase bekam Karlchen nämlich seine geheimen Aufträge. Und Schnüffelnase war von König Dickfell, dem ersten, ernannt. Dickfell, der erste, war König aller Schwarzpelzmäuse, Braunpelzmäuse, Graupelzmäuse, Wühlmäuse, Feldmäuse, Hausmäuse und sämtlicher anderen Mäuseclans. Und über sämtlichen Mäusen wachte also die Mäusepolizei. Meist wurde ja nur über Speck und Käse gestritten, doch es gab auch schwierige Fälle. Es kam schon mal vor, dass Mäuse einfach verschwanden, oder dass die anderen wussten, wohin. Es gab auch natürlich Todesfälle durch die Feinde der Mäuse, wie Mäusebussarde, Füchse, Dachse, Falken und natürlich Katzen. Katzen entführten auch manchmal nur die armen, kleinen Mäuse, um mit ihnen zu spielen oder sie fast zu Tode zu erschrecken. Manche Mäuse wurden auch in den Fallen der Menschen gefangen. Sobald eine Maus für längere Zeit abwesend war, trat die Mäusepolizei auf den Plan. Und wenn die Polizei nicht mehr weiter wusste, wurde er gerufen, der eine, der unbesiegbare, NINJA-MOUSE.
Karlchen schlenderte durch das Dorf, lachte und quatschte noch ein bisschen mit anderen Mäusen und dann sah er auf der Fensterbank seiner Mausehütte einen abgebrochenen Haselnusszweig liegen. „Aahhh, “ dachte er, „das geheime Zeichen von Oberkommissar Schnüffelnase. Ich werde also gebraucht. Ein neuer Auftrag steht an.“
Karlchen ging in seine Hütte, schaute sich noch mal kurz um, schloss sie ab und ging dann schnurstracks zum Mausehaus seiner Mutter. Sein Magen knurrte. Es war Zeit für ein gutes Mittagessen bei seiner Mäusemama. Er begrüßte seine Mutter mit einem Kuss und den Worten: „Ich habe Hunger Mama, was gibt es feines heute?“
Seine Mutter antwortete: „Setzt Dich, du Rumtreiber. Wann wirst du endlich eine anständige Arbeitsstelle Dir besorgen? Es wird Zeit, dass du heiratest und eine eigene Familie gründest. Dann kann deine Frau für Dich kochen. Und was hab ich die anderen Mäuse reden gehört? Du sitzt jetzt öfters bei der Polizei, Junge? Du tust doch nichts unrechtes? Übrigens, es gibt Specksuppe und Toast mit Käse, dein Lieblingsessen.“
Karlchen lächelte strahlend seine Mutter an. „Ach, Mama, du bist die Beste. Mach Dir keine Gedanken. Ich war nur ab und zu mal bei der Polizei, um zu fragen, ob sie keinen Job für mich hätten. Und mit dem Heiraten, ich habe eben noch nicht die richtige gefunden. So was wie dich, Mama, “ meinte er lächelnd zu seiner Mutter. Ha, da bekam er natürlich von seiner Mutter eine Riesenportion Suppe.


Nachdem er gegessen hatte, küsste er seine Mutter zum Abschied und eilte dann zum Polizeipräsidium. „Mhmmm“, sprach er zu sich in Gedanken. „Ich muss einen anderen Weg zu Schnüffelnase finden, sonst bekommt vielleicht noch einer mit, dass ich NINJA-MOUSE bin.“
Doch dieses Mal trat er nur durch eine Seitentür in das Büro von Oberkommissar Schnüffelnase. „Da bist du ja endlich, NINJA-MOUSE, “ sagte Schnüffelnase, nachdem Karlchen die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Ich habe einen ganz dringen Fall für Dich. Der König hat mit mir telefoniert und wünscht unverzüglich, dass du die Spur direkt aufnimmst. Sein Lieblingspatenkind, die kleine Gräfin von Braunpelzhausen, Amanda genannt, ist seit einem Tag verschwunden. Das letzte, was man von ihr gesehen hat, war, dass sie ins Dorf der Menschen spazierte. Und das am helllichten Tag. Welch eine Dummheit, “ entrüstete sich der Kommissar und fuhr dann fort. „Du bekommst auch eine doppelte Portion Speck und Käse für dein geheimes Konto. Sogar Milch als Zusatzprämie.“
NINJA-MOUSE überlegte nicht lange. „Ich werde Amanda suchen und finden, und sie unversehens zurückbringen, falls sie noch am Leben ist“, antwortete er dem Oberkommissar Schnüffelnase. Karlchen stand ohne weitere Worte auf, gab dem Kommissar noch die Pfote und ging schnurstracks durch die Seitentür zurück auf die Straße. Er schaute sich einige Male um, sah keine weitere Mäuse und eilte im Laufschritt durch das Dorf, ohne seine Bekannten, die ihm zuwinkten noch lange zu grüßen. Hinter dem Mäusedorf der Schwarzpelze ging er nun ruhiger, denn er betrat jetzt eine fast unbewohnte Gegend.


Es war eine Gegend wie ein Labyrinth. Durchzogen von alten, teils eingestürzten Mäusegängen. Aber auch Maulwürfe, Erdratten, Kaninchen und Feldhamster hatten dort ihre Gänge gegraben. Ein wenig roch es sogar nach Katze und dieser Geruch wurde stärker und stärker, je länger Karlchen in eine bestimmte Richtung marschierte. Deshalb wurde diese Gegend gemieden von fast allen Tieren. Karlchen schnupperte, roch den Katzenduft und lächelte in sich herein. Die feinen Katzenhaare, die er, Karlchen, überall versteckt hatte, taten ihre Wirkung. Hier war sein Reich. Das Reich von NINJA-MOUSE.
Karlchen betrat eine große, geräumige Kaninchenhöhle. Das war seine Unterkunft. Seine Schlafhöhle, seine Waffenhöhle und seine Meditations- und Übungshöhle. So lebte er hier als Ninja. Als Karlchen sich vergewissert hatte, dass alle seine Sachen ordnungsgemäß an ihren Plätzen lagen, ging er zu seiner Meditationshöhle und setzte sich mit gekreuzten Beinen auf den Boden. In Gedanken verneigte er sich vor seiner großen Lehrerin. Niemand kannte diese Meisterin bei den Mäusen. Es war das größte Geheimnis aller Zeiten. Karochens Meisterin war nämlich eine Katze, die uralte Katze, die so alt war, dass sie ihren Namen vergessen hatte. Aber das war geheim. Geheimer als geheim. Im Katzenvolk und auch von Karl wurde sie nur die Weise genannt.
Karlchen dachte kurz an seine Meisterin und über ihre Worte.


Die Herkunft der weisen Katze lag im Dunkel der Vergangenheit. Sie lebte schon im alten Ägypten, wo sogar eine Katze als Göttin verehrt wurde. Dort, vor vielen tausend Jahren, im alten Ägypten, lernte die weise Katze von dieser Göttin all diese Dinge, über Meditation, Kampftechniken und die Geheimnisse des Universums. Die Weise war eine gelehrige Schülerin ihrer Göttin. Wie ein Schwamm sog sie all das Wissen auf, um es eines Tages weitergeben zu können.
Als das alte ägyptische Reich zusammenbrach, war es Zeit von dort zu verschwinden. Mit dem Segen und allen guten Wünschen ihrer Göttin versehen, wanderte die weise Katze in Richtung Mittelmeer, heuerte als Schiffskatze auf einem Segler an und fuhr mit dem Schiff ins alte Athen.  Als das griechische Reich zusammenbrach, sie hatte genug Katzen ihre Weisheiten vermacht, wanderte sie bis nach Rom. Sie sah dort den Glanz der Imperatoren und Kaiser, lehrte weiterhin ihre Schülerkatzen an und zog dann mit Cäsars Truppen bis nach Gallien. Nachdem sie Gallien den Rücken gekehrt hatte wanderte sie bis an den Rhein. Dort nahm sie in den linksrheinischen Wäldern nur noch spezielle Schüler an. Sie rief alle Katzen um sich und teilte ihnen dann mit: „Liebe Schwestern und Brüder, ich habe euch viele Dinge gelehrt. Ob ihr sie alle verstanden habt, weiß ich nicht. Als Test werde ich  in den Wäldern, wohin ich zurückkehre, um einsam zu meditieren und über das Universum und sein Entstehen nachzudenken, nur noch einen Schüler annehmen. Ich werde einen unbesiegbaren Gegner für euch schaffen. Ich werde die Meisterin von NINJA-MOUSE. Er wird der Schrecken aller Katzen werden.“
Mit diesen Worten drehte sie sich herum und verließ das Katzenvolk und ging in die undurchdringlichen Wälder.
Die anderen Katzen schüttelten mit dem Kopf. „Die weise Katze wird immer schrulliger. Eine Maus? Wir können doch jeder Maus mit einem Biss das Genick brechen, “ dachten viele. „Vielleicht ist sie doch schon zu alt geworden.“ Die Weise lächelte in sich rein, als sie diese Worte vernahm, denn sie konnte Gedanken lesen. Ohne zurückzuschauen machte sie sich auf den Weg.
Als die Weise eines Tages an einem Waldrand nahe eines Dorfes sich von ihrer Wanderung ausruhte, geschah es. Sie entdeckte Karlchen, der vergnügt vor einem Mauseloch mit anderen kleinen Mäusen spielte. Die Katze hob witternd den Kopf. Karlchen Spielgefährten witterten die Katze und verschwanden mit einem Quieken in dem Mauseloch. Nur Karlchen war so vertieft in sein Spiel, dass er die Weise gar nicht bemerkte. Als er sie dennoch wahrnahm, war es zu spät. Die weise Katze hatte mit ihrer Vorderpfote den Eingang zum Mauseloch versperrt. Ungläubig und entsetzt sah Karlchen die Katze an und dachte, sein letztes Stündlein hätte geschlagen.
Die Weise betrachtete Karlchen. Sie sah die Angst in seinen Augen und bemerkte sein Zittern. Die Augen der Katze wurden größer und größer, als sie in die Pupillen der Mausaugen schaute. Ein seltsames, friedliches Gefühl überkam Karlchen, als die weise Katze bis tief in Karlchens Seele schaute.
Die Katze hob ihre Pfote, packte ganz sanft in Karlchens Nacken und hob ihn dann hoch. Karlchen Beine zappelten ein wenig und er dachte, er befände sich in einem Traum. Die Katze hob Karlchen genau vor ihre Augen. Sie öffnete ihren Mund und sprach zu ihm: „Du bist Karlchen Schwarzpelz aus dem Clan der Schwarzpelzmäuse. Das lese ich aus deinen Augen. Ich lese aus deinem Herzen, dass du ein tapferer, kleiner Mäuserich bist und das Verlangen hast, ein anderes Leben, wie eine normale Maus zu führen. Karlchen, fürchte dich nicht. Dir wird nichts geschehen. Ich werde dir jetzt eine Geschichte erzählen. Eine lange Geschichte über mein Leben und die Rolle, die du vielleicht darin führen wirst.“
Mit diesen Worten setzte die Weise Karlchen wieder auf den Boden, legte ihren Kopf auf ihre Vorderpfoten und erzählte Karlchen vieles über ihr Leben, über das , was sie gelernt hatte in ihren ägyptischen Heimat, über ihre Abenteuer auf ihren Wanderungen und Karlchen hörte zu. Mehr und mehr wurde ihm warm ums Herz. Die Katze beendete ihre Geschichte und sprach: „Karlchen, ich habe dir viel erzählt über mein Leben. Darum stelle ich dir jetzt eine Frage über deine Zukunft. Willst du mein Schüler werden, all mein Wissen und meine Fähigkeiten erlernen. Wenn du nicht willst und nein sagst, kannst du jederzeit in dein Mauseloch entfliehen. Wenn du willst und ja sagst, wirst du mein Schüler.“
Karlchen sage ohne zu zögern: „Ja, weise Katze, ich will dein Schüler werden. Ja, Meisterin, mach mich zu deinem besten Schüler, den du je hattest.“ Gleichzeitig verneigte sich Karlchen tief vor ihr.
Damit begann Karlchen sozusagen zwei Leben. Auf der einen Seite im Mäusedorf bekannt als Tunichtgut und Rumtreiber, auf der anderen Seite als gelehriger Schüler der weisen Katze, die Karlchen zur NINJA-MOUSE machte.
Zuerst lernte Karlchen sich richtig zu bewegen. Er musste rennen, springen und turnen. Die Katze lehrte ihm dabei, richtig zu atmen. Langsam durch die Nase einzuatmen und langsam wieder auszuatmen. Das machte Karlchen ruhiger und ausdauernder. Der nächste Schritt für Karlchen war Meditation. Am Anfang lag es der Maus gar nicht, so ruhig zu sitzen. Als er jedoch bemerkte, wie gut das ihm tat, übte er Meditation tagelang. Durch diese Übung wurde Verbindung von Karlchens Seele zu seinem Geist und Körper immer gefestigter. Mehr und mehr fühlte er sich wie NINJA-MOUSE und nicht so sehr wie Karlchen Schwarzpelz. Gleichzeitig wurde er viel wendiger und geschickter. Mit den anderen Übungen fuhr er ebenfalls fort. Eines Tages schickte ihn die weise Katze ins Dorf. Er sollte auf Geheiß der Weisen alle Katzen im Dorf zählen. Natürlich sollte er sich nicht erwischen lassen. Das war ein erster Test der alten Katze, wie weit fortgeschritten ihr Schüler schon war. Davon wusste Karlchen aber nichts und er trollte sich munter in das Dorf der Menschen. 17 Katzen zählte NINJA-MOUSE. Bei der 18.  hatte er Pech. Sie entdeckte ihn und verfolgte ihn mit zwei weiteren Katzen.
Karlchen dachte, er renne um sein Leben, als die Katzen ihn verfolgten. Plötzlich hatte er die Stimme seiner Meisterin im Kopf: „Was hab ich Dich gelehrt, Karl Schwarzpelz. Atme richtig!“ Blitzschnell fielen Karlchen alle Übungen wieder ein. Er atmete richtig, sein Herz beruhigte sich und er wurde schneller und schneller. Die Katzen, die schon ziemlich nahe an ihm dran waren, fielen zurück. Da wurde sich Karlchen seiner Kraft bewusst. Er tat so, als könnte er nicht mehr, quiekte vor sich hin und ließ dadurch die Katzen Hoffnung schöpfen und wieder näher kommen. Als sie ihn fast erreichten, schlug er einen Haken und wurde wieder schneller. Karlchens Angst war längst verflogen. „Hi“, dachte er, „was für ein schönes Spiel.“ Er spielte noch ein wenig „Hasch mich“ mit den Katzen, bis das diese völlig erschöpft aufgaben. Begeistert über sich selber rannte er darauf hin zu seiner Meisterin zurück. Er verbeugte sich tief vor ihr und sagte. „Zwanzig Katzen sind im Dorf der Menschen, große Meisterin.“ Diese antwortete: „Einundzwanzig. Eine hast du nicht entdeckt, weil sie schlief, NINJA-MOUSE. Du musst noch ruhiger werden und gleichzeitig schneller, Karlchen. Aber für den Anfang hast du deine Sache gut gemacht.“
Karlchen verbeugte sich noch mal tief vor seiner Meisterin, zog sich zurück und übte ab sofort die doppelte Zeit. Die Weise schickte Karlchen noch ein paar Mal aus und stets hatte er seine Aufgaben erfüllt. Er bewegte sich unbemerkt bei Tag und Nacht durch die Gänge der Tiere oder im Dorf bei den Katzen. Er war ein Schatten im Schatten und ein Sonnenstrahl in der Sonne. Das eifrige Training zeigte seine Früchte. Er baute seine Räume in der Kaninchenhöhle zur Ninja-Burg aus. Gleichzeitig erzählte ihm die Weise viel vom Leben. Sie erzählte ihm, dass er vorsichtig mit seiner Kraft umgehen sollte, und diese Kraft zum Wohle der Kleinen und Schutzbedürftigen einsetzten sollte. Dann würde seine innere Kraft noch mehr wachsen und erblühen. All dieses vernahm Karlchen von seiner Meisterin und ließ tief diese Worte in sich wirken.
Der letzte Übungsabschnitt war das Kämpfen mit Waffen. Er lernte die geheimen Karatetechniken, Stockfechten, Bogenschießen, Messer werfen und mit Wurfsternen umgehen. Aber immer mit der Mahnung der Weisen, alle diese Praktiken nur auszuüben in höchster Not. Und wirklich niemals, um damit anzugeben oder sich zu brüsten.
Öfters kämpften jetzt die weise Katze und NINJA-MOUSE in Übungskämpfen gegeneinander. Hi, wie Karlchen dies Kämpfe mochte.  Er wusste, er hatte keine Chance gegen seine Meisterin,  aber er liebte es, mit einem doppelten Salto durch die Luft und fliegen und dann seine herauszufordern. Die Weise ging darauf gerne ein und sie jagten sich gegenseitig, sprangen übereinander, versuchten den anderen mit Karatetechniken zu Fall zu bringen, damit dieser aufgab.
Als sie das eine Zeitlang zur vollen Zufriedenheit der Meisterin geübt hatten, bekam Karlchen von ihr sein größtes Geschenk. Seinen Ninja-Anzug.
Es war ein tiefschwarzer Anzug, so dass er sich nicht von der Nacht unterschied, wenn er unterwegs war. Passend dazu, schwarze Handschuhe und schwarze Turnschuhe mit Socken, und eine Gesichtsmaske. Die Gesichtsmaske sah aus wie ein Katzengesicht, so dass er nachts kaum von einem Katzenbaby zu unterscheiden war. Und natürlich ein Dose schwarze Schuhcreme, damit er seinen Mäuseschwanz tarnen konnte.
Karlchen brach fast in Tränen aus, als er diese Geschenke sah. „Womit hab ich das verdient, große Meisterin. Ich bin doch nur ein unwürdiger Schüler, “ sagte er mit tränenfeuchten Augen zu seiner Meisterin.
„Du hast dir die Sachen verdient“, lächelte die Weise. „Deshalb hast du sie bekommen. Ab heute darfst du dich offiziell NINJA-MOUSE nennen.“ Und sie strich Karlchen sanft mit ihrer Pfote über das Gesicht.


Jetzt sandte die Weise Karlchen öfters aus, die Gegend auszukundschaften und sich mehr und mehr in seiner Rolle als NINJA-MOUSE zu vervollkommnen. Bei einer dieser Ausflüge rettete Karlchen Oberkommissar Schnüffelnase vor dem sicheren Tod. Er setzte mit einem Karatehieb eine Katze außer Gefecht, die Schnüffelnase gefangen hatte. Schnüffelnase und NINJA-MOUSE arbeiteten seit dem zusammen. NINJA-MOUSE war nun Geheimagent der Mäusepolizei. Ein guter und gut bezahlter Job für Karlchen. Er war zufrieden mit seinem Leben.
Dies alles schoss NINJA-MOUSE durch den Kopf, als er sich auf seine neue Aufgabe vorbereitete. Amanda von Braunpelzhausen, sie sollte er finden, wenn möglich befreien und zurückbringen ins Mäusevolk.
Karlchen glitt durch die Gänge seiner Kaninchenhöhle nach draußen. Es war noch dunkel. Er hatte schon seinen schwarzen Kampfanzug als NINJA-MOUSE angelegt. Er setzte sich auf den Boden vor dem Eingang der Kaninchenhöhle und erwartete meditierend den Sonnenaufgang. Langsam glitten die ersten Lichtstrahlen über den Horizont. Der Tag erwachte. Das war die Stunde, in der die meisten Katzen in den Schlaf sanken. NINJA-MOUSE beendete seine Meditation und eilte zurück in die Kaninchenhöhle. Er holte seine Bogen, ein paar Pfeile, sein Kampfgürtel mit allen wichtigen Utensilien und seinen grün-braunen Harnumhang für den Tag. Mehr brauchte er nicht. Das fühlte er.
Als er wieder ans Tageslicht schritt, sah er dass die Sonne schon über dem Horizont stand und ihre Strahlen den neuen Tag erhellten. Karlchen schnallte sich seinen Kampfgürtel um, dann schulterte er Bogen und Pfeile. Der Schluss seiner Vorbereitung war, dass er sich den grün-braunen Tarnanzug über Gesicht und Körper streifte, so dass er aus der Luft aussah wie ein Blatt, welches vom Wind über die Erde getrieben wurde. Dies war seine Tarnung gegen die Greifvögel. Mäusebussarde, Falken und Habichte drehten nämlich schon ihre Runden hoch über der Erde und hielten Ausschau nach unvorsichtigen Mäusen und kleine Vögel. Auch wenn Karlchen ein unbesiegbarer Ninja war, unverletzlich war er jedoch nicht. Stolz war Karlchen darauf, dass er diesen Trick selber ersonnen hatte und diese Art der Tarnung ihn nicht die weise Katze gelehrt hatte. Nein, die weise Katze hatte ihn sogar gelobt wegen dieser Überlegung. Das freute Karlchen heute noch, wenn er daran dachte.
Langsam trippelte NINJA-MOUSE in Richtung des Dorfes. Er hoffte dort eine erste Spur von Amanda von Braunpelzhausen aufzunehmen. Er rannte mal nach links, dann nach rechts, blieb auch mal stehen, wie ein abgerissenes Blatt, welches über den Boden glitt. Karlchen hatte es nicht eilig, deshalb dauerte es eine Weile, bis er die ersten Häuser des Dorfes erreichte.
Karlchen hob witternd den Kopf. Kein Geruch von anderen Mäusen oder von Katzen lag in der Luft. „Ich muss tiefer ins Dorf“ dachte er. „Hier werde ich nichts erfahren über den Verbleib von Amanda, falls sie noch lebt.“
Getarnt als Blatt lief er weiter bis in die Mitte des Dorfes. Dort auf dem Dorfplatz hielt er an. Wieder steckte er in die Nase in den Wind. Jede Menge Mäuse und Katzen roch er dort. NINJA-MOUSE wusste, was er zu tun hatte. Er glitt in den Schatten eines großen Baumes und zog seinen Tarnanzug aus. Sorgfältig versteckte er ihn dort. Er würde den Anzug entweder auf dem Rückweg oder in ein paar Tagen nachts abholen.
NINJA-MOUSE schaute nach allen Seiten und erblickte, wonach er Ausschau hielt. Ein Mäuseloch in einem Garten eines Hauses. Er vergewisserte sich, dass Bogen und Pfeile fest auf seinem Rücken saßen und sein Kampfgürtel richtig saß. Dann rannte er flink zu dem Mauseloch und glitt hinein. Er rannte durch die Gänge und war schnell in der Mäusehöhle angekommen, wo eine große Anzahl von Hausmäusen lebte. Sie erhoben ein erschrecktes Geschrei, als sie Karlchen mit seiner Katzenmaske erblickten. Doch dem Erschrecken folgte ein begeistertes Quieken: „Es ist NINJA-MOUSE. Der berühmte Ninja wird uns helfen. Woher wusstest du, dass wir dich brauchen, “ schrien die Mäuse durcheinander.“ Karlchen hob die Pfote und alle verstummten. „Was habt ihr, meine Freunde. Ich wollte eigentlich nur eine Auskunft von euch.“ Der Mäusechef der Höhle sprach darauf zu Karlchen. „NINJA-MOUSE,  eine Kusine von uns war auf Besuch. Eine braune Feldmaus. Sie war so unvorsichtig und lief ohne Begleitung auf den Hof und wurde sie den Menschen in einer Falle gefangen. Kannst du uns helfen.“
Eine kleine vorwitzige Maus piepste dazwischen: Ja, rette meine Freundin Amanda.“ Amanda, “ fragte NINJA-MOUSE. „Etwa Amanda von Braunpelzhausen?“ „Ja, genau die, “ rief die kleine Maus.
NINJA-MOUSE lächelte und sprach zu den versammelten Mäusen: „Ich werde Amanda befreien. Deshalb bin ich hier. Zeigt mir, wo sie gefangen gehalten wird.“ Eine Maus lief sogleich voran durch die Gänge ihres Gebietes und Karlchen folgte ihr. Als beide Mäuse etwas Tageslicht sahen deutet der Führer auf das Ende des Ganges. Vorsichtig schritt NINJA-MOUSE an dem Führer vorbei und kletterte aus dem Mauseloch. NINJA-MOUSE schloss etwas die Augen, damit er nicht von der Sonne geblendet wurde und verhielt sich ganz still. Als sich seine Augen an das Tageslicht gewöhnt hatten, sah er sich um.
Er sah eine große Mausefalle, nur ein paar Meter entfernt, in der Amanda ganz verschreckt in einer Ecke kauerte. Aber er sah auch, dass drei Katzen um die Falle herumlagen und Amanda beobachteten. Ab und zu schlug einer der Katzen mit ihrer Pfote auf die Mäusefalle. Dann duckte sich Amanda noch tiefer in die Ecke und zitterte am ganzen Leib. NINJA-MOUSE dachte kurz nach. Sich mit drei Katzen anzulegen auf einmal war auch gefährlich für ihn. Er lächelte. Wie von selbst hatte er plötzlich seinen Bogen in der Pfote. Er nahm einen Pfeil und nestelte an seinem Kampfgürtel. Schon hatte er die Milchampulle gefunden und an dem Pfeil befestigt. Er spannte den Pfeil ein und hob den Bogen. Er schnupperte noch ganz kurz nach der Windrichtung, drehte sich ein wenig und schon hatte der Pfeil die Bogensehne  verlassen. Pfeil und Milchampulle zerschellten an einer Mauer weit weg von der Falle. Eine Katze hob den Kopf und witterte. „Milch“, sagte sie zu den beiden anderen. „Ich rieche Milch. Ich schau mal nach, ob unsere Herrin uns einen Milchnapf nach draußen gestellt hat. Bleibt ihr weiter hier und bewacht die Maus.“
Eine Katze war also schon verschwunden. NINJA-MOUSE packte den nächsten Pfeil, und befestigte wieder eine Ampulle an dem Schaft. Er lächelte. Fischöl war in der Ampulle. Katzen lieben Fisch über alles, dass wusste er genau. Der Pfeil flog so präzise wie der erste. Beide Katzen hoben den Kopf, als die Ampulle zerschellte. „Fisch. Es gibt heute Fisch, “ hörte NINJA-MOUSE sie noch rufen. Es gab kein Halten mehr für die zwei Katzen. Voll Futterneid stoben sie wie die wilde Jagd in Richtung des Fischgeruchs davon.
NINJA-MOUSE schulterte blitzschnell seinen Bogen. Dann raste er die paar Meter bis zur Mäusefalle. Kurz vorher sprang er hoch in die Luft, drehte sich, und zertrümmerte dann mit seiner Hinterpfote in gekonnter Karate- Manier die verschlossene Tür der Mäusefalle. Amanda lag zitternd in der Ecke. NINJA-MOUSE lief über die zerborstene Tür, packte Amanda bei den Pfoten, hob sie auf und rief: "Lauf zurück ins Mauseloch zu deinen Verwandten. Ich komme gleich nach.“ Amanda nickte nur. NINJA-MOUSE schob sie aus der Falle und Amanda rannte wie noch nie in ihrem Leben und schlüpfte dann ins Mauseloch. Sie war gesichert. NINJA-MOUSE folgte ihr ruhig. Als er am Mauseloch stand kamen die Katzen zurück. Sie hatten gemerkt, dass sie zum Narren gehalten wurden. Sie entdeckten die zertrümmerte Mausefalle und die erste Katze fing an zu schreien: „Die Maus ist weg. Ihr sollte sie doch bewachen.“ Hättest sie ja selber bewachen können, du Vielfraß, “ sagten die anderen Katzen. Und schon war die schönste Katzenprügelei im Gange. NINJA-MOUSE lachte. Es war schon besser, dass sich die Katzen gegenseitig verprügelten.
Er schlüpfte ebenfalls ins Mauseloch. In der Mäusehöhle angekommen wurde er von allen Mäusen bejubelt. Amanda dankte ihm und küsste ihn auf seine Katzenmaske. Aber sie hatten nicht viel Zeit zum feiern. NINJA-MOUSE drängte zum Abschied nehmen. Er wusste ja, dass Oberkommissar Schnüffelnase und der Mausekönig auf ihn warteten.


Schnell holte er seinen grün-braunen Tarnanzug aus seinem Versteck und streifte ihn Amanda über. Den Weg zurück nach Schwarzpelzhausen legten sie sehr schnell zurück. Sie wurden von keinem anderen Jäger mehr belästigt. In Schwarzpelzhausen zog Amanda den Tarnanzug aus und Karlchen versteckte ihn schnell. Unter begeistertem Jubel der Schwarzpelzmäuse zogen sie Pfote in Pfote durch Schwarzpelzhausen.
Oberkommissar Schnüffelnase stand, angelockt durch das Geschrei der Menge, vor dem Büro der Mäusepolizei. Er nahm Amanda von Braunpelzhausen in Empfang und sagte zu NINJA-MOUSE: „Hervorragende Arbeit, NINJA-MOUSE. Das bringt dir bestimmt noch eine Sonderportion Speck und Käse. Der König lässt sich bestimmt nicht lumpen! Alles andere erledigen wir später.“ NINJA-MOUSE nickte und verschwand durch geheime Gänge in seine Höhle. Er setzte sich still hin, dankte seiner Meisterin in Gedanken aus tiefstem Herzen, und schlief dann tief und fest in seiner Höhle ein. Neuen Abenteuern entgegen träumend.

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Kommentare zu diesem Text


 souldeep (06.12.09)
ah, da ist sie ja wieder - und ich überleg mir, sie den zeichnenden kiddies wieder mal vorzulesen...
:)

eine umarmung für dieses vergnügen - und liebe grüsse
von uns dreien,
K + S + J

 Mac meinte dazu am 07.12.09:
danke schön, k+s+j, *lächel*. ich verbeuge mich vor eurem zeichnerischen talent.
liebe grüße, mac.
The_black_Death (31)
(09.12.09)
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 Mac antwortete darauf am 09.12.09:
thx, bd. lg mac
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