Wir leben in modernen Zeiten – wir können mit einem Klick Essen bestellen oder uns eine Straße in Moskau ansehen, wir sind jederzeit und überall erreichbar und zahlen dafür immer weniger Geld. Und wir brauchen diese Möglichkeiten sogar, weil wir uns daran gewöhnt haben.
Und so habe ich direkt, als ich die Zusage für meine neue Wohnung bekam einen Internetanschluss bestellt, damit ich diesen nach meinem Umzug sofort nutzen könnte.
Am nächsten Tag schon bekam ich die Bestellbestätigung und nach etwa einer Woche fuhr ich täglich zu der noch unbezogenen Wohnung, um nachzusehen, ob das Päckchen mit meinem Router schon da wäre. Eine weitere Woche später, ich wurde langsam ungeduldig, entgegnete ich noch einem Freund, der meine Naivität belächelte, dass es wohl an seinem Anbieter liegen müsste, dass er seit mehreren Wochen wartete.
Drei Wochen nach meiner Bestellung wurde ich wütend. Ein einfacher Internetanschluss konnte doch nicht so schwierig sein, leben wir doch in modernen Zeiten und ich habe bereits vor 10 Jahren Menschen kennengelernt, die in abgelegenen kenianischen Dörfern als Programmierer arbeiteten. Aber mein Versuch die Hotline anzurufen scheiterte nach wenigen Minuten, da ich den Fehler gemacht hatte das Fortkommen über die Sprachwahl zu versuchen.
Am nächsten Tag läutete mein Handy. Eine nette Dame von Vodafone erklärte mir, dass es leider technische Probleme und somit eine Verzögerung gäbe und sie mir deshalb schnell und unkompliziert eine 3-monatige Flatrate für einen UTMS-Surf-Stick anbieten würden, um die Wartezeit zu überbrücken. Dafür benötigte sie nur erneut alle meine Daten, da die Abteilungen im Kommunikationsunternehmen nicht miteinander kommunizieren können. Na gut, ich hatte eine verständliche Erklärung für die Verzögerung und in 3-5 Tagen hätte ich endlich meinen Anschluss.
10 Tage später lag ein Zettel von UPS in meinem Briefkasten, auf dem stand der Lieferant würde irgendwann am nächsten Tag wieder kommen oder ich könne auch über das Internet…aber lassen wir das. Ich saß also am nächsten Tag in meiner Wohnung, die mittlerweile fast vollständig eingeräumt war, und wartete.
Als es läutete war ich kurz davor den netten Herrn zu umarmen. Er stellte das sehnlichst erwartete Paket vor mir ab, nahm die Vodafone-Lieferunterlagen aus der Plastikhülle, ließ sich meinen Ausweis geben und sagte „Oh, was ist das denn?“.
Es war mein österreichischer Ausweis, den ich schon an fremden Grenzen, in deutschen und österreichischen Behörden, in Videotheken, der Polizei und Türstehen vorgezeigt hatte und jeder hatte ihn sofort akzeptiert. Doch der Herr von UPS musste in der Zentrale anrufen und sich mit mehreren Identitätsdokument-Spezialisten verbinden lassen, bis er schließlich, wohl in irgendeinem dunklen Keller, den für österreichische Ausweise zuständigen gefunden hatte und ihm das Problem schilderte: auf den Vodafone-Unterlagen stand ich wäre deutsche, mein Papier war es nicht, da ich zwei Staatsangehörigkeiten habe. So konnte das weder der Spezialist am Telefon, noch Vodafone, noch der Lieferant akzeptieren, der mir verständlich machte, das er mir mein Paket, das vor mir lag, nicht aushändigen dürfe. Mein Argument wir hätten eine EU und Vodafone könne doch nicht bestreiten, dass dieser Ausweis ein offizieller Identitätsnachweis ist, belächelte er nur.
Er teilte mir noch mit, dass er zu der Zeit, zu der ich in den nächsten Tagen aus der Arbeit käme, nicht mehr in der Gegend wäre und das Paket, das ich ausschließlich persönlich annehmen dürfe, in 5 Tagen zurückgeschickt werde, außer ich würde es in dem 90km entfernten UPS-Center abholen.
Resigniert fuhr ich zu meinen Eltern, um ihr Telefon zu nutzen, damit ich die Hotline meines Anbieters anrufen konnte. Ich hatte dazugelernt, benutze dieses Mal die Tastaturwahl, die mir kuriose Auswahlmöglichkeiten bot und hatte schon nach 7:38min einen Call-Center-Mitarbeiter am Telefon, dem ich das Problem schilderte.
Nebenbei erzählte er mir, dass der Anschluss, den ich eigentlich wollte vermutlich nie verfügbar sein würde, so dass ich mich nach den drei Monaten nach einem anderen Anbieter umsehen müsste. Mein derzeitiges Problem könne er nicht lösen, er könnte jedoch dem Logistik-Center Bescheid sagen, dass sie mich zurück rufen sollen und dafür bräuchte er meine Rufnummer.
Nach drei Versuchen verstand er, dass ich momentan über keine Festnetznummer verfüge und ich in meiner Wohnung auch keinerlei Handyempfang habe. Eine Situation, die er nicht zu kennen schien – er klang jung und vernetzt. Zumindest bot er mir an mich direkt zum Logistik-Center weiter zu leiten und denen die Situation zu schildern, dies wäre allerdings etwas kompliziert, da es in diesem Kommunikationsunternehmen für ihn nicht möglich wäre direkt mit der Logistik-Abteilung zu kommunizieren.
Nach insgesamt 52 Minuten, zwei Weiterleitungen und drei längeren Pausen mit Fahrstuhlmusik landete ich bei einer Mitarbeiterin der Logistik-Abteilung, die dachte mein Problem wäre, dass ich nur einen Reisepass und keine Meldebescheinigung hätte. Ich brachte sie schließlich doch dazu mir zuzusichern die Papiere nochmals korrekt auszufüllen und an UPS zu schicken und mit Hilfe meines Dienstplans fanden wir einen Termin in zwei Wochen, an dem meine Freizeit und die Lieferzeiten von UPS übereinstimmen könnten.
Mittlerweile waren alle Möbel aufgebaut, meine Waschmaschine angeschlossen, ich verwendete zum Kochen Kräuter, die ich in meinem Garten gesät hatte und natürlich hat mich auch die GEZ schon wiedergefunden. Nur war das einzige, das ich von Vodafone bekommen hatte eine Rechnung.
Dieses Mal entschied ich mich dazu ein Fax zu schicken, um mein Problem zu schildern und bekam schon nach wenigen Tagen einen Anruf auf meinem Handy, den ich auf Zehenspitzen im Garten stehend sogar annehmen konnte. Am Apparat war die österreichische Ausländerbeauftragte von Vodafone, die sehr verständnisvoll nochmals alle meine Daten aufnahm, mir die Lieferung in 2 Tagen durch ein anderes Unternehmen anbot. Leichtgläubig nahm ich an dieses Mal würde es tatsächlich so ablaufen.
Ich verbrachte zwei Tage in meiner Wohnung und traute mich kaum in den Garten, um kein Klingeln zu überhören, aber es klingelte nicht.
Inzwischen sind wieder drei Wochen vergangen. Freunde, die mich in meiner neuen Wohnung besuchen wollte, standen mehrmals vor verschlossener Tür, weil sie sich per Email angekündigt hatten nachdem sie mich telefonisch nicht erreichen konnten, ich verschicke Briefe, schlage in Lexika nach und meine Oma glaubt, ich hätte die Telefonrechnung nicht bezahlt.