sternenfutter.

Text zum Thema Liebe, vergangene

von  Erdbeerkeks

Wir hatten mal ein Haus.
Als es verbrannte, stand ich draußen. Hatte mein linkes Handgelenk umklammert und bibberte in dieser widerlichen Wärme, die mir in roten Schatten aufs Gesicht fiel. Die Zerstörung spiegelte sich in meinen Augen und als es in sich zusammenfiel, sah ich etwas, was mich jahrelang geschützt hatte, sterben. So ähnlich muss es wohl mit Liebenden sein.
Ich fand dich nachdem ich auf meiner Fensterbank gesessen hatte. Ein neues Haus, es war ganz kalt. In meiner Hand ein Tütchen und irgendetwas Pulveriges darin. Es war weiß und glitzerte. Ich nannte es Wunschpulver. Ein klein wenig Romantik in dieser tristen Großstadtwelt. Für jemand dramatischen wie mich war es überlebenswichtig.
Tagelang trug ich es mit mir herum und irgendwann riss ich das dünne Plastik mit den Zähnen auf. Schluckte aus Versehen etwas, aber das war nicht schlimm. Den Rest streute ich hinaus und beobachtete wie es hinunter rieselte, ein paar Stockwerke nur, bis die Sterne es auffraßen. Sie lachten mir ins Ohr und ich lebte in der Nacht. Mein Wunsch liegt hinter ihren Lippen.
Ich spazierte den Rhein entlang und überall hingen Lichterketten. Bunte Glühbirnen. Als ob sie wirklich glaubten, dass graue Seelen Farbe fänden. Aber Seelen sind keine Schwämme, sondern Wasser.
Du warst wortwörtlich niedergeschlagen. Bis dahin hatte ich geglaubt, nur das Schicksal könnte jemanden in die Knie zwingen und dann sah ich das Blut, das an deiner Lippe klebte und dein blaues angeschwollenes Auge, das irgendwie auf seine ganz eigene Weise charmant war. Du saßt am Ufer und ich setzte mich dazu und ich lächelte, obwohl ich mich so hässlich fand und du lächeltest zurück. Ein bisschen schmerzlich und ergeben. Wir gaben zusammen auf.
Manche sagen, dass es nicht schlimmer werden kann, wenn du am Boden liegst. Aber ich grub mich hinein, um mich vor all dem zu verstecken. Wir saßen beide in unserm Loch fest und du sagtest, ich hätte dich hineinziehen müssen, um hinauszukommen. Aber du wuchst und erholtest dich und du strahltest.
Wir waren so irgendwie zusammen und ich hab mich gefragt, ob du vielleicht etwas abfärbtest. In solchen Momenten, in denen du mit deinen Fingerspitzen über meine Wange streicheltest und sagtest „Du bist schön“ wurmte mich diese Frage ganz besonders und meistens, auch wenn nicht immer, lächelte ich gequält und schwieg, weil ich nicht wollte, dass du lügst.
Und doch wusste ich es.
Gott, wie klein ich mir vorkam neben dir an deiner Hand. Irgendwann wünschte ich mir, ich könnte alle Schmetterlinge auskotzen, zusammen mit dem Wunschpulver, das ich verschluckte.
Doch irgendwann wurden sie sowieso zu Motten und zerfraßen alles, was mir lieb und teuer war.
Wenn ich auf meiner Fensterbank sitze und mich von den Sternen bedauern lasse, weiß ich, dass ich es hätte wissen müssen. „Pretty boys break hearts“, you know? Und kleine graue Seelen pinseln Regenbögen schwarz.
In solchen Momenten fehlst du mir.
Ich wünschte, ich könnte mich an die Sterne verfüttern.

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Kommentare zu diesem Text

Snowy (22)
(04.08.10)
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 SunnySchwanbeck (04.08.10)
du bist so göttlich groß und stark.
so stark dass ich nicht weiß wie ich dein leiden hier beschreiben soll.
ich geb dir mal ein paar stellen die meiner meinung nach großartig sind.

Wenn ich auf meiner Fensterbank sitze und mich von den Sternen bedauern lasse, weiß ich, dass ich es hätte wissen müssen. „Pretty boys break hearts“, you know? Und kleine graue Seelen pinseln Regenbögen schwarz.
In solchen Momenten fehlst du mir.
Ich wünschte, ich könnte mich an die Sterne verfüttern.

an die sterne verfüttern, im himmel verdaut werden und einfach irgendwie sternenstaub werden, auf so einen gedanken muss man erst einmal kommen, und das schaffst du, immer.

Manche sagen, dass es nicht schlimmer werden kann, wenn du am Boden liegst. Aber ich grub mich hinein, um mich vor all dem zu verstecken. Wir saßen beide in unserm Loch fest und du sagtest, ich hätte dich hineinziehen müssen, um hinauszukommen. Aber du wuchst und erholtest dich und du strahltest.

am boden liegen kann jeder, aber im boden, oder darunter. das ist einfach grandios. dieses fast tot sein, wer kennt das nicht?

Gott, wie klein ich mir vorkam neben dir an deiner Hand. Irgendwann wünschte ich mir, ich könnte alle Schmetterlinge auskotzen, zusammen mit dem Wunschpulver, das ich verschluckte.
Doch irgendwann wurden sie sowieso zu Motten und zerfraßen alles, was mir lieb und teuer war.

schmetterlinge auskotzen, kenn ich. dass sie allerdings zu motten werden und alle erinnerungen auffressen ist so kalt und grausam dass ich nie daran gedacht habe. passt.

es ist genial.
und gerade wenn ich denke ich hab meinen liebling gefunden holst du was neues hervor. und ich staune, immer wieder kleine.

kuss mit sonne von der großen.
ViolentHeart (21)
(06.08.10)
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 SunnySchwanbeck meinte dazu am 07.08.10:
genau das wollte ich sagen.
Feuerbändigerin (23)
(09.11.10)
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 princess (17.09.11)
Das ist so ein Text, der unmittelbar durch meinen Kopf hindurch in mich hinein wandert und sich dort ausbreitet ... so ein Text ist das. Mag ich sehr, Frau Erdbeerkeks.

Liebe Grüße, Ira

 Whanky931 (17.07.14)
Ich hatte ja schon das Vergnügen, dass du mir diesen Text persönlich vorgelesen hast, aber ich habe ihn soeben noch ein mal gelesen.
Gänsehaut, meine liebe.
Noch mehr Bilder.
Noch mehr Emotionen.
Noch mehr Trauer.
Noch mehr Verlust.

Du bist immer noch die größte Künstlerin, welche mir bekannt ist.

 Erdbeerkeks antwortete darauf am 17.07.14:
♥ !
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