Der Kracher - Fortsetzungserzählung Teil IV
Satire
von pentz
Jennifers Auftritt
Plötzlich kommt mir ein Geistesblitz! Wo, wo ist mein Handy, verflixt! Hoffentlich erreiche ich sie jetzt. Ich wähle eine Kurzwahlnummer: „Jenny, geh ran! Mann! (Sollte eher Frau heißen!) Wo bist du nur?“ Sicherheitshalber schließe ich mich noch einmal hinter eine Klotür ein. Während die Tonwahlnummer ihre schrecklich verzerrte Melodie in mein sensibles Ohr piepst, dass ich aufschreien möchte, kommen mir synchron dazu massive Zweifel. Jennifer, dieses permanent aufgeschreckte Huhn, ob das wohl gut ginge? Aber was bleibt mir übrig, nur sie steht mir jetzt zur Verfügung.
„Jennifer, bei der Arbeit! Wo sonst?“
Mir ist jedoch nicht zum Spaßen zumute.
„Jennifer, wo genau bist du jetzt?“
„Ähm, in der Arbeit, wo immer um diese Zeit?“ Typisch, diese verzögerte Reaktionsschnelligkeit, keine große Leuchte ist sie. (So denkt er. Aber vielleicht auch ist er einfach zu drängend!?) Sie reagiert übertölpelt, anstatt die Dringlichkeit der prekären Lage zu erfassen, in der ich stecke.
„Mensch du fragst vielleicht?“ Immerhin scheint sich doch zu ahnen, dass mein Anruf nicht von ungefähr kommen kann: „Wo brennt’s denn?“
„Kennst du die Buchhandlung Fiola?“ „Klar, die, die nur ein paar Ecken um meinen Arbeitsplatz ist.“
„Genau!“
Und es braucht, es braucht lange, um ihr darzulegen, wie tief in der Tinte ich stecke, vor allem ihr klarzumachen, wohin die Reise geht, während draußen an er Klotür der unliebsame Kameltreiber steht und wartet, wartet.
Jetzt klopft die Kanaille an meine Tür.
„Wird man denn noch in aller Ruhe kacken dürfen, wenn man muss. Ist das kein Menschenrecht?“
„Blödmann!“, antwortet er, akzeptiert aber.
„Das klingt ja ziemlich bedrohlich!“, flüstert mir Jennifer ins Ohr. „Du sagst es!“, antworte ich kurzangebunden. „Okay!“, murmelt sie hastig. „Ich bin im Bilde!“ „Na endlich!“, stöhne ich ihr entgegen und beschreibe den zwielichtigen Kracher.
Sie beruhigt mich zum Schluss: „Ich weiß schon eine gute Idee, wie ich mich an ihn heranmachen kann und ihn an der Nase herumführe. Darauf kannst du Gift nehmen!“ Mir kommt ein Bild von Jennifer hoch, was sie schon immer sein wollte: die verkannte brilliante Schauspielerin. Na denn, beweise es, Mädel, beweis es! Es muss ein großartiger Opernauftritt stattfinden, Mädchen, der solch einen Typen wie dem Kracher so verwirrt, dass ich mich unterdessen klammheimlich von dannen schleichen kann.
Ich zwinge mich, lieber nicht daran zu denken. Dringlicher erscheint mir, ein gutes Argument zu finden, warum ich solange hier auf der Kloschüssel Zeit schinde. Ich bin ich mir durchaus bewusst, dass der Kracher jeden Moment an meine Tür klopfen wird und brüllen: „Jetzt ist aber genug!“ Wenn mir nicht ein plausibler Grund einfällt, welchen diesen wildgewordenen Hund dämpfen kann, wird’s schwer, die benötigte Zeit totzuschlagen, bis Jennifers Veitstanz beginnt...
Furchtbar übel könnte es mir sein. „Ich habe mich gerade übergeben müssen, versetzen sie sich einmal in meine Lage, so kotzschlecht ist mir! Haben Sie also noch einen Moment Geduld!“ – Nicht sehr überzeugend. Zudem, der bittende Ton gefällt mir ganz und gar nicht. Das muss anders rüberkommen. Aber dazu habe ich keine Zeit, wirkt eh nicht überzeugend, diese Mär hier.
Nun klopft’s und poltert’s gegen die dünnwandige Tür: „Jetzt wird’s aber höchste Eisenbahn! Finden Sie nicht auch?“
Wird man mir glauben, aber hier, wahrscheinlich kriege ich wirklich die Hosen voll vor Furcht und Angst und dem Ausblick, was auf dem Spiel steht, entfährt mir ein Furz. Dazu stoße ich wie unter furchtbarer Pressalie stehend hervor: „Mann, hören Sie es nicht. Ich habe voll den Dünnschiss!“
Ein bisschen ordinär zu sein, kann nicht schaden, das erzeugt den Eindruck, ich sei ein Asozialer. Sind doch Bücherklauer nicht sowieso meist Asoziale irgendwie? Die Überraschung danach, falls Jennifer durchfällt und scheitert, wovon ich nahezu überzeugt bin, würde um so eindringlicher ausfallen in meinem Fall. Darauf freute ich mich schon.
Erbarmen, wirklich Erbarmen, es hat ihn vorerst überzeugt. Wahrscheinlich angewidert ist er aus dem kleinen Kloraum geflohen, die Nase zugehalten. Ich höre noch die Stimme von weitem: „Aber machen Sie, Mann!“
Erleichtert streiche ich mir den Schweiß aus der Stirn. Woher kommt der eigentlich, stutze ich. Wie auch immer, egal! (Er kratzt sich erneut über die Stirn, dessen er sich aber nicht bewusst ist. Offenbar scheint er mächtig nachzudenken, da er sich nicht dieser Geste klar wird.)
Nach einiger Zeit öffne ich leise die Tür und spitze durch den Schlitz. Sofort fahre ich erschrocken zurück. Unmittelbar vor mir steht Jennifer bei diesem Kracher, diskutierend. Ich spitze erneut hin: etwas übertrieben und übereifrig wirkt ihr Bemühen, so wie sie mit den Händen weit ausgreift und mit den Füßen am Boden scharrt. Na Hauptsache, es hilft!
Aber wie sie nur gekleidet ist? Schwarz allüberall, Grufti und Dracula in einem, das denkbar schlechteste Outfit. Soll das wohl zur Abschreckung dienen? Ihren Gegner erschrecken? Huhu, ich bin die schwarze Frau, fährt dir nicht ein Schrecken in die Glieder beim meinem Anblick?
Ich breite wie ein Affe meine Hände über den Kopf und schüttele ihn resigniert. Mir schwant, das ist in die Hose gegangen.
Dennoch, einen bühnereifen Auftritt legt sie aufs Parkett, tut verzweifelt, ringt die Hände dabei, winselt, sie finde ein Buch nicht, könne er nicht einmal mitgehen, es befinde sich in der Abteilung Historie, das ist ganz weit hinten in dem großen Verkaufsareal, auf dem gleichen Stockwerk hier. Dort jedoch sei keiner. Sie fühle sich so allein wie auf einsamer Flur und ach so hilflos. Sie wirft dazu ihre Arme verzweifelt in die Weite des Verkaufsarsenals.
Aber der Kajastift, die schwarze Lidlinie, das Rouge, die roten Henna-Haare und nicht zuletzt die durchgestochenen Ohrringe wiederlegen deinen Auftritt, Jennifer!
Er versucht sie abzuwimmeln: es sei doch dort sicher eine Kollegin.
„Aber sie sehen doch, dass dort keine ist!“, ruft sie erneut klagend aus, indem sie mit hilfloser Geste in die diesbezügliche Richtung deutet und wieder die Arme erschlafft zurückfallen lässt. Nicht schlecht im Grunde, abwechselnd einmal leicht drängeln, anstupsen und dezent drohen, dann wieder den herzenserweichenden Ton anstimmen.
Die Rolle ist klar: einsames, hilfloses Fräulein wendet sich flehentlich um Hilfe suchend an den starken, klugen Kerl. Aber ob das beim Kracher verfängt? Eine härtere Rolle hätte vielleicht besser angeschlagen...
Der Fuzzy hebt sein Handy ans Ohr.
Wie das jetzt aussieht...
„Warten Sie, ich rufe meine Kollegin!“
Tatsächlich... Hinterher ist man immer schlauer.
Aber geistesgegenwärtig wechselt Jennifer gekonnt die Rolle:
Sie argumentiert, von wegen, keine Zeit und droht, sie werde, wenn ein solch schlechter Service hier herrsche, das nächste Mal die Konkurrenz kontaktieren.
Na, Jennifer, wenn du dich selbst sehen könntest, im Blickwinkel eines Buchhändlers, du Witzfigur eines Vampirs, dann könntest du dir schwer vorstellen, dieser denke, mit dem Verkraulen eines solchen Kunden habe ich mir das Geschäft meines Lebens versaut.
Da erscheint auch schon eine Kollegin.
So brauche ich mich nicht vom Klo weg zu flüchten, über die Rolltreppen zu hetzen, durch den ein oder anderen Pulk von Menschen zu stoßen, um schließlich befreit durch den Ausgang das Weite zu suchen. Die Sache ist gelaufen!
Ich pruste aus, kicke mit dem Fuß gegen die Wandfließen - nichts geht kaputt! - und flüstere Verdammt-und-Zugenäht, um mich schließlich gefasst meinem Schicksal zu stellen. Auf in die Höhle des Löwen!
Ich streiche meinen schief sitzenden Pullover gerade, werfe einen letzten Blick in den Spiegel - Gleichgültigkeit üben - und trete hoch erhobenen Kopfes aus dem Toilettenraum, grinse frech und leiste mir die dicke Lippe. „Wohin soll’s gehen? Chef!“ Er traut sich tatsächlich zu sagen, bedrohlich und unheilverkündend: „Das werden Sie gleich sehen!“
Jetzt schlägt’s Dreizehn. Der Penner-Typ wird frech. Aber binnen weniger Sekunden eine adäquate Reaktion auszuhecken, ist es zu kurz. Ich erblicke noch Jennifer, wie sie in einer Ecke stehend bedauernd die Schultern zuckt. Der Kracher sieht sie auch und grinst mich an, um zu verkünden: „Ach, so verhält sich das also!“
Klugscheißer! Merkt auch alles.
„So verhält sich das also!?“
Aber der Kracher verzieht jetzt keine Miene mehr. Er ist bedient.
„Na, dann kommen Sie mal mit!“
Es klingt beinahe so, als ob er mir damit drohen könnte.
Plötzlich kommt mir ein Geistesblitz! Wo, wo ist mein Handy, verflixt! Hoffentlich erreiche ich sie jetzt. Ich wähle eine Kurzwahlnummer: „Jenny, geh ran! Mann! (Sollte eher Frau heißen!) Wo bist du nur?“ Sicherheitshalber schließe ich mich noch einmal hinter eine Klotür ein. Während die Tonwahlnummer ihre schrecklich verzerrte Melodie in mein sensibles Ohr piepst, dass ich aufschreien möchte, kommen mir synchron dazu massive Zweifel. Jennifer, dieses permanent aufgeschreckte Huhn, ob das wohl gut ginge? Aber was bleibt mir übrig, nur sie steht mir jetzt zur Verfügung.
„Jennifer, bei der Arbeit! Wo sonst?“
Mir ist jedoch nicht zum Spaßen zumute.
„Jennifer, wo genau bist du jetzt?“
„Ähm, in der Arbeit, wo immer um diese Zeit?“ Typisch, diese verzögerte Reaktionsschnelligkeit, keine große Leuchte ist sie. (So denkt er. Aber vielleicht auch ist er einfach zu drängend!?) Sie reagiert übertölpelt, anstatt die Dringlichkeit der prekären Lage zu erfassen, in der ich stecke.
„Mensch du fragst vielleicht?“ Immerhin scheint sich doch zu ahnen, dass mein Anruf nicht von ungefähr kommen kann: „Wo brennt’s denn?“
„Kennst du die Buchhandlung Fiola?“ „Klar, die, die nur ein paar Ecken um meinen Arbeitsplatz ist.“
„Genau!“
Und es braucht, es braucht lange, um ihr darzulegen, wie tief in der Tinte ich stecke, vor allem ihr klarzumachen, wohin die Reise geht, während draußen an er Klotür der unliebsame Kameltreiber steht und wartet, wartet.
Jetzt klopft die Kanaille an meine Tür.
„Wird man denn noch in aller Ruhe kacken dürfen, wenn man muss. Ist das kein Menschenrecht?“
„Blödmann!“, antwortet er, akzeptiert aber.
„Das klingt ja ziemlich bedrohlich!“, flüstert mir Jennifer ins Ohr. „Du sagst es!“, antworte ich kurzangebunden. „Okay!“, murmelt sie hastig. „Ich bin im Bilde!“ „Na endlich!“, stöhne ich ihr entgegen und beschreibe den zwielichtigen Kracher.
Sie beruhigt mich zum Schluss: „Ich weiß schon eine gute Idee, wie ich mich an ihn heranmachen kann und ihn an der Nase herumführe. Darauf kannst du Gift nehmen!“ Mir kommt ein Bild von Jennifer hoch, was sie schon immer sein wollte: die verkannte brilliante Schauspielerin. Na denn, beweise es, Mädel, beweis es! Es muss ein großartiger Opernauftritt stattfinden, Mädchen, der solch einen Typen wie dem Kracher so verwirrt, dass ich mich unterdessen klammheimlich von dannen schleichen kann.
Ich zwinge mich, lieber nicht daran zu denken. Dringlicher erscheint mir, ein gutes Argument zu finden, warum ich solange hier auf der Kloschüssel Zeit schinde. Ich bin ich mir durchaus bewusst, dass der Kracher jeden Moment an meine Tür klopfen wird und brüllen: „Jetzt ist aber genug!“ Wenn mir nicht ein plausibler Grund einfällt, welchen diesen wildgewordenen Hund dämpfen kann, wird’s schwer, die benötigte Zeit totzuschlagen, bis Jennifers Veitstanz beginnt...
Furchtbar übel könnte es mir sein. „Ich habe mich gerade übergeben müssen, versetzen sie sich einmal in meine Lage, so kotzschlecht ist mir! Haben Sie also noch einen Moment Geduld!“ – Nicht sehr überzeugend. Zudem, der bittende Ton gefällt mir ganz und gar nicht. Das muss anders rüberkommen. Aber dazu habe ich keine Zeit, wirkt eh nicht überzeugend, diese Mär hier.
Nun klopft’s und poltert’s gegen die dünnwandige Tür: „Jetzt wird’s aber höchste Eisenbahn! Finden Sie nicht auch?“
Wird man mir glauben, aber hier, wahrscheinlich kriege ich wirklich die Hosen voll vor Furcht und Angst und dem Ausblick, was auf dem Spiel steht, entfährt mir ein Furz. Dazu stoße ich wie unter furchtbarer Pressalie stehend hervor: „Mann, hören Sie es nicht. Ich habe voll den Dünnschiss!“
Ein bisschen ordinär zu sein, kann nicht schaden, das erzeugt den Eindruck, ich sei ein Asozialer. Sind doch Bücherklauer nicht sowieso meist Asoziale irgendwie? Die Überraschung danach, falls Jennifer durchfällt und scheitert, wovon ich nahezu überzeugt bin, würde um so eindringlicher ausfallen in meinem Fall. Darauf freute ich mich schon.
Erbarmen, wirklich Erbarmen, es hat ihn vorerst überzeugt. Wahrscheinlich angewidert ist er aus dem kleinen Kloraum geflohen, die Nase zugehalten. Ich höre noch die Stimme von weitem: „Aber machen Sie, Mann!“
Erleichtert streiche ich mir den Schweiß aus der Stirn. Woher kommt der eigentlich, stutze ich. Wie auch immer, egal! (Er kratzt sich erneut über die Stirn, dessen er sich aber nicht bewusst ist. Offenbar scheint er mächtig nachzudenken, da er sich nicht dieser Geste klar wird.)
Nach einiger Zeit öffne ich leise die Tür und spitze durch den Schlitz. Sofort fahre ich erschrocken zurück. Unmittelbar vor mir steht Jennifer bei diesem Kracher, diskutierend. Ich spitze erneut hin: etwas übertrieben und übereifrig wirkt ihr Bemühen, so wie sie mit den Händen weit ausgreift und mit den Füßen am Boden scharrt. Na Hauptsache, es hilft!
Aber wie sie nur gekleidet ist? Schwarz allüberall, Grufti und Dracula in einem, das denkbar schlechteste Outfit. Soll das wohl zur Abschreckung dienen? Ihren Gegner erschrecken? Huhu, ich bin die schwarze Frau, fährt dir nicht ein Schrecken in die Glieder beim meinem Anblick?
Ich breite wie ein Affe meine Hände über den Kopf und schüttele ihn resigniert. Mir schwant, das ist in die Hose gegangen.
Dennoch, einen bühnereifen Auftritt legt sie aufs Parkett, tut verzweifelt, ringt die Hände dabei, winselt, sie finde ein Buch nicht, könne er nicht einmal mitgehen, es befinde sich in der Abteilung Historie, das ist ganz weit hinten in dem großen Verkaufsareal, auf dem gleichen Stockwerk hier. Dort jedoch sei keiner. Sie fühle sich so allein wie auf einsamer Flur und ach so hilflos. Sie wirft dazu ihre Arme verzweifelt in die Weite des Verkaufsarsenals.
Aber der Kajastift, die schwarze Lidlinie, das Rouge, die roten Henna-Haare und nicht zuletzt die durchgestochenen Ohrringe wiederlegen deinen Auftritt, Jennifer!
Er versucht sie abzuwimmeln: es sei doch dort sicher eine Kollegin.
„Aber sie sehen doch, dass dort keine ist!“, ruft sie erneut klagend aus, indem sie mit hilfloser Geste in die diesbezügliche Richtung deutet und wieder die Arme erschlafft zurückfallen lässt. Nicht schlecht im Grunde, abwechselnd einmal leicht drängeln, anstupsen und dezent drohen, dann wieder den herzenserweichenden Ton anstimmen.
Die Rolle ist klar: einsames, hilfloses Fräulein wendet sich flehentlich um Hilfe suchend an den starken, klugen Kerl. Aber ob das beim Kracher verfängt? Eine härtere Rolle hätte vielleicht besser angeschlagen...
Der Fuzzy hebt sein Handy ans Ohr.
Wie das jetzt aussieht...
„Warten Sie, ich rufe meine Kollegin!“
Tatsächlich... Hinterher ist man immer schlauer.
Aber geistesgegenwärtig wechselt Jennifer gekonnt die Rolle:
Sie argumentiert, von wegen, keine Zeit und droht, sie werde, wenn ein solch schlechter Service hier herrsche, das nächste Mal die Konkurrenz kontaktieren.
Na, Jennifer, wenn du dich selbst sehen könntest, im Blickwinkel eines Buchhändlers, du Witzfigur eines Vampirs, dann könntest du dir schwer vorstellen, dieser denke, mit dem Verkraulen eines solchen Kunden habe ich mir das Geschäft meines Lebens versaut.
Da erscheint auch schon eine Kollegin.
So brauche ich mich nicht vom Klo weg zu flüchten, über die Rolltreppen zu hetzen, durch den ein oder anderen Pulk von Menschen zu stoßen, um schließlich befreit durch den Ausgang das Weite zu suchen. Die Sache ist gelaufen!
Ich pruste aus, kicke mit dem Fuß gegen die Wandfließen - nichts geht kaputt! - und flüstere Verdammt-und-Zugenäht, um mich schließlich gefasst meinem Schicksal zu stellen. Auf in die Höhle des Löwen!
Ich streiche meinen schief sitzenden Pullover gerade, werfe einen letzten Blick in den Spiegel - Gleichgültigkeit üben - und trete hoch erhobenen Kopfes aus dem Toilettenraum, grinse frech und leiste mir die dicke Lippe. „Wohin soll’s gehen? Chef!“ Er traut sich tatsächlich zu sagen, bedrohlich und unheilverkündend: „Das werden Sie gleich sehen!“
Jetzt schlägt’s Dreizehn. Der Penner-Typ wird frech. Aber binnen weniger Sekunden eine adäquate Reaktion auszuhecken, ist es zu kurz. Ich erblicke noch Jennifer, wie sie in einer Ecke stehend bedauernd die Schultern zuckt. Der Kracher sieht sie auch und grinst mich an, um zu verkünden: „Ach, so verhält sich das also!“
Klugscheißer! Merkt auch alles.
„So verhält sich das also!?“
Aber der Kracher verzieht jetzt keine Miene mehr. Er ist bedient.
„Na, dann kommen Sie mal mit!“
Es klingt beinahe so, als ob er mir damit drohen könnte.