Verbrannte Heimat XXIb - Die Macht des Stinkefingers II - Szenen/Stimmen aus Bayern
Satire zum Thema Andere Welten
von pentz
Stimmen des wahren Volkes:
Volk 1: Beim Tatbestand des Flüchtlingsfinger-Zeigens sollte welche Art von Auslieferung wirksam werden: sofortige, vorläufige oder/und nachhaltige Auslieferung?
Volk 2: Der Deliquent war Jugendlicher. Er fällt unters Jugendstrafrecht. Vorläufige Ausweisung mit Rückkehrrecht nach 20 Jahren, allerdings ohne Familienangehörige.
Volk 3 und Volk 4 brüllen unisono: Abschneidung des Fingers...
Volk 1: Hm, kein schlechter Vorschlag. Eine Lex „Stinkefinker“. Hört sich gut an. Dazu müssten wir allerdings die Scharia einführen hier in unserer Land, selbstverfreilich eine sogenannte Bayerische Scharia. Man träumt ja auch schon von einem europäischen Islam... Hm, also, je länger ich darüber nachdenke, um so mehr schmeckt mir das irgendwie, könnte sich durchaus mit unserer christlich-fundamentalen, bayerischen Kultur decken...
Volk 4: Spül’s weg...
Man säuft weiter.
Volk1: Wir müssten überhaupt einmal definieren, wer überhaupt Flüchtling ist und wer nicht?
Volk 2 und 4: Äh, wie meinst Du das nun?
Volk 1: Ich habe auch eine hieb- und stichfeste Definition.
Stecken die Köpfe zusammen.
Volk 1: Ganz einfach: wir sind das Volk!
Volk 1, 2 und 3 (freudig): Aber ja! Wir sind das Volk. Drauf ist gsuffa!
Jeder erhebt seinen Maßkrug und sie stoßen scheppernd an und geben die weltbewegende Parole aus: Wir sind das Volk!
Danach leert jeder seinen Über-Humpen, sprich Maßkrug.
Volk 1: Jetzt aber kommt’s. Wer ist Flüchtling?
Die anderen schauen sich fragen gegenseitig an. Ja, wer ist Flüchtling?
Volk 1: Ich sag’s Euch. Alle sind Flüchtlinge, die hier nicht am Stammtisch sitzen und nicht dazugehören.
Alle lachen auf: Aber natürlich. Diejenigen, die nicht zu uns gehören, sind die Fremden, die Flüchtlinge, die Nicht-dazu-Gehörenden, das Fremd-Volk.
Man säuft weiter.
Stimmen und Szenen aus und von der politischen Elite:
Auf einer Vernissage, einem Kulturraum der Öffentlichkeit:
Doktorsfrau: ...“bin ich bereit mit ganzem Herzen für die Sache der Flüchtlinge auf der ganzen Welt zu kämpfen, mich stark zu machen und einzutreten, insbesondere für die, der der Syrer, meinen neuesten Hut von Dijon zu opfern.“
Sie nimmt unterm Blitzlicht-Gewitter der kleinstädtisch-örtlichen Presse und dem Beifallsklatschen der politisch-künstlerischen Elite langsam, bedächtig und anmutig ihren manga-farbenen Goa-Sandstrand-Hut ab, rückt die darum gelegte rosa Schleife noch zurecht, bevor sie ihn auf die „Installation“ eines jungen Künstlers legt. Diese besteht aus Stühlen und Schränken, worüber ein riesiges weißes Leinentuch gespannt ist und sich über 10 Meter an einer Wand erstreckt. In den Spalten, Fächern, Kanten und Öffnungen dieser quasi bergigen Schneewand steht, stakt und lugt hervor aller möglicher Trash-Abfall (Schere, Topf, Fernseher, Schnipsel, Weißblech-Dose usw.) der vorher gezielt zerstört und hierdrauf drapiert worden ist, so dass diese Installation an ein Hauszimmer gemahnt, in dem eine Bombe explodiert ist.
Diese Frau tritt mit ihren hochhakig-modernen Schuhen den schicken Hut noch platt. Stehende Ovationen begleiten den Artefakt und das Fanal. Aber auch unerwartet ihr Hund, ein Spitz, beginnt einen unangenehmen hohen Laut auszustoßen.
„Oje!“, fährt der Ehemann, der Herr Doktor zusammen. „Das gibt nachher Unbill. Muss das blöde Biest jetzt gerade anfangen zu bellen.“
Er hat ihn an der Leine, zieht ihn zurückt, hält ihn schier mit der Hand die Schnauze zu, wenn das möglich gewesen wäre. Zuvor hat er das Verhalten seiner Frau mit äußerstem Wohlwollen verfolgt, dabei ausgeatmet über die Vorstellung, dass ein weiteres überflüssiges Kleidungsstück seiner Ehefrau wegkam. Ihr Kleidschrank war eh schon bis zum Bersten voll und quoll über. Kein Wunder, seine Frau war in den letzten Jahren, kinderlos wie sie waren, immer nervöser und unruhiger geworden und hatte ihr Befindlichkeit in exzessiven Kaufrauschen versucht zu kompensieren. Bis der Hund sie einigermaßen beruhigt hat. Richtig zur Ruhe gekommen war sie, als sie für sich die Kunst entdeckte oder besser, diesen Kunstverein.
Dass der Hund bellte, verstand der Herr Doktor, kein Veterinärarzt, andererseits nur zu gut. Was hier als Kunst in Aktion veranstaltet wurde, kam ihm auch nicht recht koscher vor. Aber Hauptsache seine Ehefrau rannte nicht wieder zum Psychiater, oder in die Selbsthilfe Gruppe “Depressionen, Volkskrankheit Nummer 1”. Peinlich, für einen Arzt gleich welcher Art, wenn seine Frau auf krank machte.
Das Publikum bricht nun in Bravo-Rufen aus, das das Gekläffe des Hundes übertönte. Danach löst es sich in Grüppchen oder Pärchen auf und bewundert die für sich einzeln betrachteten, kaputten und deformierten Gegenstände. An jedem, wie es verbogen, eingeknickt oder von fehlenden Teilen klaffte, machte das interessierte Publikum Fingerzeige aus, die auf das Schicksal der Flüchtlinge wies. Man hatte es hier mit einem sehr fachkundigen Publikum zu tun, womit allerdings der Arzt kaum etwas anfangen konnte, als Naturwissenschaftler, der er sich empfand, versteht sich.
Er konnte diesem Hype mit den Flüchtlingen nur als Vorteil für seine Arztpraxis etwas abgewinnen. Flüchtlinge würden wieder Patienten in die Praxis spülen, zwar nur für 34.- Euro pro Person bei einer Viertelstunde Behandlungszeit, aber immerhin. Er hatte jüngst zwar damit begonnen, die Krankenkassen-Patienten hinauszukomplimentieren und fernzuhalten und nur auf Privatpatienten kapriziert, aber, wie eine alte Lehre der Betriebswirtschaft besagte: die Masse macht’s (das Geld). Diese Flüchtlinge, die neuen Bürger könnte man sagen, kamen schließlich über kurz oder lang in Scharen, mit ihrem ganzen Clan im Schlepptau, sprich mit Kind und Kegel – das war der Punkt, wo es sich wieder lohnte, Kassenpatienten willkommen zu heißen.
Und seiner Frau gegenüber stand er auch als Gutmensch, Wohltäter und quasi heiliger Samariter da.
Ihm war es egal. Aber ihr war es wichtig. Wie sie doch gegenüber den Mitglieder ihres Frauenkreises dastehen würde, mit so einem Mann im Hintergrund, wow!
Synchron dazu kläffte der Spitze noch immer: „Wau, wau, wau!“
Volk 1: Beim Tatbestand des Flüchtlingsfinger-Zeigens sollte welche Art von Auslieferung wirksam werden: sofortige, vorläufige oder/und nachhaltige Auslieferung?
Volk 2: Der Deliquent war Jugendlicher. Er fällt unters Jugendstrafrecht. Vorläufige Ausweisung mit Rückkehrrecht nach 20 Jahren, allerdings ohne Familienangehörige.
Volk 3 und Volk 4 brüllen unisono: Abschneidung des Fingers...
Volk 1: Hm, kein schlechter Vorschlag. Eine Lex „Stinkefinker“. Hört sich gut an. Dazu müssten wir allerdings die Scharia einführen hier in unserer Land, selbstverfreilich eine sogenannte Bayerische Scharia. Man träumt ja auch schon von einem europäischen Islam... Hm, also, je länger ich darüber nachdenke, um so mehr schmeckt mir das irgendwie, könnte sich durchaus mit unserer christlich-fundamentalen, bayerischen Kultur decken...
Volk 4: Spül’s weg...
Man säuft weiter.
Volk1: Wir müssten überhaupt einmal definieren, wer überhaupt Flüchtling ist und wer nicht?
Volk 2 und 4: Äh, wie meinst Du das nun?
Volk 1: Ich habe auch eine hieb- und stichfeste Definition.
Stecken die Köpfe zusammen.
Volk 1: Ganz einfach: wir sind das Volk!
Volk 1, 2 und 3 (freudig): Aber ja! Wir sind das Volk. Drauf ist gsuffa!
Jeder erhebt seinen Maßkrug und sie stoßen scheppernd an und geben die weltbewegende Parole aus: Wir sind das Volk!
Danach leert jeder seinen Über-Humpen, sprich Maßkrug.
Volk 1: Jetzt aber kommt’s. Wer ist Flüchtling?
Die anderen schauen sich fragen gegenseitig an. Ja, wer ist Flüchtling?
Volk 1: Ich sag’s Euch. Alle sind Flüchtlinge, die hier nicht am Stammtisch sitzen und nicht dazugehören.
Alle lachen auf: Aber natürlich. Diejenigen, die nicht zu uns gehören, sind die Fremden, die Flüchtlinge, die Nicht-dazu-Gehörenden, das Fremd-Volk.
Man säuft weiter.
Stimmen und Szenen aus und von der politischen Elite:
Auf einer Vernissage, einem Kulturraum der Öffentlichkeit:
Doktorsfrau: ...“bin ich bereit mit ganzem Herzen für die Sache der Flüchtlinge auf der ganzen Welt zu kämpfen, mich stark zu machen und einzutreten, insbesondere für die, der der Syrer, meinen neuesten Hut von Dijon zu opfern.“
Sie nimmt unterm Blitzlicht-Gewitter der kleinstädtisch-örtlichen Presse und dem Beifallsklatschen der politisch-künstlerischen Elite langsam, bedächtig und anmutig ihren manga-farbenen Goa-Sandstrand-Hut ab, rückt die darum gelegte rosa Schleife noch zurecht, bevor sie ihn auf die „Installation“ eines jungen Künstlers legt. Diese besteht aus Stühlen und Schränken, worüber ein riesiges weißes Leinentuch gespannt ist und sich über 10 Meter an einer Wand erstreckt. In den Spalten, Fächern, Kanten und Öffnungen dieser quasi bergigen Schneewand steht, stakt und lugt hervor aller möglicher Trash-Abfall (Schere, Topf, Fernseher, Schnipsel, Weißblech-Dose usw.) der vorher gezielt zerstört und hierdrauf drapiert worden ist, so dass diese Installation an ein Hauszimmer gemahnt, in dem eine Bombe explodiert ist.
Diese Frau tritt mit ihren hochhakig-modernen Schuhen den schicken Hut noch platt. Stehende Ovationen begleiten den Artefakt und das Fanal. Aber auch unerwartet ihr Hund, ein Spitz, beginnt einen unangenehmen hohen Laut auszustoßen.
„Oje!“, fährt der Ehemann, der Herr Doktor zusammen. „Das gibt nachher Unbill. Muss das blöde Biest jetzt gerade anfangen zu bellen.“
Er hat ihn an der Leine, zieht ihn zurückt, hält ihn schier mit der Hand die Schnauze zu, wenn das möglich gewesen wäre. Zuvor hat er das Verhalten seiner Frau mit äußerstem Wohlwollen verfolgt, dabei ausgeatmet über die Vorstellung, dass ein weiteres überflüssiges Kleidungsstück seiner Ehefrau wegkam. Ihr Kleidschrank war eh schon bis zum Bersten voll und quoll über. Kein Wunder, seine Frau war in den letzten Jahren, kinderlos wie sie waren, immer nervöser und unruhiger geworden und hatte ihr Befindlichkeit in exzessiven Kaufrauschen versucht zu kompensieren. Bis der Hund sie einigermaßen beruhigt hat. Richtig zur Ruhe gekommen war sie, als sie für sich die Kunst entdeckte oder besser, diesen Kunstverein.
Dass der Hund bellte, verstand der Herr Doktor, kein Veterinärarzt, andererseits nur zu gut. Was hier als Kunst in Aktion veranstaltet wurde, kam ihm auch nicht recht koscher vor. Aber Hauptsache seine Ehefrau rannte nicht wieder zum Psychiater, oder in die Selbsthilfe Gruppe “Depressionen, Volkskrankheit Nummer 1”. Peinlich, für einen Arzt gleich welcher Art, wenn seine Frau auf krank machte.
Das Publikum bricht nun in Bravo-Rufen aus, das das Gekläffe des Hundes übertönte. Danach löst es sich in Grüppchen oder Pärchen auf und bewundert die für sich einzeln betrachteten, kaputten und deformierten Gegenstände. An jedem, wie es verbogen, eingeknickt oder von fehlenden Teilen klaffte, machte das interessierte Publikum Fingerzeige aus, die auf das Schicksal der Flüchtlinge wies. Man hatte es hier mit einem sehr fachkundigen Publikum zu tun, womit allerdings der Arzt kaum etwas anfangen konnte, als Naturwissenschaftler, der er sich empfand, versteht sich.
Er konnte diesem Hype mit den Flüchtlingen nur als Vorteil für seine Arztpraxis etwas abgewinnen. Flüchtlinge würden wieder Patienten in die Praxis spülen, zwar nur für 34.- Euro pro Person bei einer Viertelstunde Behandlungszeit, aber immerhin. Er hatte jüngst zwar damit begonnen, die Krankenkassen-Patienten hinauszukomplimentieren und fernzuhalten und nur auf Privatpatienten kapriziert, aber, wie eine alte Lehre der Betriebswirtschaft besagte: die Masse macht’s (das Geld). Diese Flüchtlinge, die neuen Bürger könnte man sagen, kamen schließlich über kurz oder lang in Scharen, mit ihrem ganzen Clan im Schlepptau, sprich mit Kind und Kegel – das war der Punkt, wo es sich wieder lohnte, Kassenpatienten willkommen zu heißen.
Und seiner Frau gegenüber stand er auch als Gutmensch, Wohltäter und quasi heiliger Samariter da.
Ihm war es egal. Aber ihr war es wichtig. Wie sie doch gegenüber den Mitglieder ihres Frauenkreises dastehen würde, mit so einem Mann im Hintergrund, wow!
Synchron dazu kläffte der Spitze noch immer: „Wau, wau, wau!“