Mondbetrachtung an einem außergewöhnlichen Abend

Gedicht zum Thema Stimmung

von  Georg Maria Wilke

Es steigt der Mond (die Nacht ist Untertan des Tags)
herauf aus dem Meer,
bleich und weiß wie Kalk zieht er daher,
von Ost nach West,
welch Freudenfest,
ruft er hervor.
Es tanzt das wirbelnde Sternenfunkeln
auf einer stillen Wiese, ganz im Dunklen,
die beseelt auf dem Wasser liegt;
es fliegt eine nachtschwarze Vogelschar
durch Berenikes feuchtem Haar,
das zwischen den Wolken thront
und fast unbewohnt liegen kleine Dörfer an den Küsten,
wenn das nur die Städter wüssten,
sie kämen zu Scharen, zu lauschen dem holden Klang
einer sternenbesäten Nacht,
die der Mond, der aus dem Meer gestiegen
mit halbem Auge bewacht.
Er könnte ein Schafhirt sein,
der müde vom schweren Küstenwein,
zwar seine Herde kennt,
einen jeden Stern beim Namen nennt,
doch muss er flüchtig weiterziehn,
von Ost nach West, verlassen das nächtliche Freudenfest,
denn er weiß, er muss bald untergehn,
um tagsdrauf verzögert aufzustehn.
So steigt der Mond herauf aus dem Meer,
weiß wie Kalk und er zieht daher,
von Ost nach West zum Freudenfest,
ja – so erzählt die Mär.

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