Anacardium –( was) liegt oberhalb des Herzens? Klytaimnestra

Gedicht zum Thema Leben/Tod

von  Georg Maria Wilke

Du, Tochter der Leda, Helenas Schwester,
deiner Mutter Brust mit schwarzer Milch gefüllt
als sie dich nährte, die Frucht der Brüste war
mit Gewalt und Zorn

zwischen Kern und Schale ausgefüllt; es tritt,
wenn Schale von dem Kern befreit, der Wahn in
andre Seelen, ein Kampf, der nicht zum Spott bereit
und nicht auf Leben

zielt, sondern den Tod behielt, dämonenhaft
schleicht schwarze Milch in Mutterbusen, der nicht
mehr nährt, den anderen verzehrt und ihn im
Tode zärtlich kost.

Ein Schlachthaus ist das menschliche Gehirn,
es wächst die dunkle, schwere Mörderhand im
Druckgefühl der Sinne, die nach Befreiung
lechzen wie das Tier.

Es schreit die Lust, bereit das Henkerbeil zu
heben zu jeder Zeit als koste es das
Leben und eine Spanne nur, so treibt Gewalt
den schwarzen Saft.



Agamenon spürte deine Kraft, doch stellte er sich blind und taub
bis du das Leben ihm geraubt durch Aigisthos deinen heimlichen
Bräutigam, den Buhlen, der dir Liebe gab, erschlagen hast du in deinem gewaltigen Zorn Kassandra, die trojanische Prinzessin,
Apollons Priesterin, mit einem Beil, die Seherin von Troja, Geliebte
des Apoll, die mit einem Schwur belegt, dass niemand ihr glaube
auch wenn sie die Wahrheit sieht als bleiche, weiße Taube.
Apollon spie sie aus in einem Traum, war es gieriger Männerschaum oder gar zärtliche Liebe in diesem Priester-Tempel-Raum. Man schloss sie weg in einen Weidenkorb, so wie die Diebe, die das Gold geraubt. Dein Haupt war schwer von Kummer und jeder nächtge Schlummer zeigte ihn als Wolf.


Anmerkung von Georg Maria Wilke:

Eine anfängliche Ode, die erzählendes Gedicht wird.
Viel Spaß

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Kommentare zu diesem Text


 Coschi (09.08.12)
Insgesamt gefällt mir das Gedicht, gruslig schön, wie das Leben und der Tod ja irgendwie auch ist, griechische Mythologie fastziniert mich.
Ich bleibe aber immer am anfänglichen Kern-Schale-Konstrukt hängen, ich gerate gedanklich, nicht leserisch, ins Stocken, vielleicht auch im Zusammenhang mit Anacardium? Ich hirne weiter nach

 Georg Maria Wilke meinte dazu am 09.08.12:
Vielen Dank für diese positive Annahme - wenn man sich die Frucht der Malakanuß ( auch Herznuß oder Elefantenlaus) anschaut, löst sich vielleicht das Rätsel, denn zwischen der äußeren herzförmigen, harten Schale und dem weißen Kern befindet sich eine weiße Milch, die sich an der Luft schwarz färbt. Es ist eine beizende Milch und wird in der Homöopathie mit den Gemütssymptomen der Unmenschlichkeit, Hartherzigkeit, Grausamkeit, Zorn und Mordlust beschrieben.
Liebe Grüße, Georg
Tootsie (56)
(09.08.12)
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 Georg Maria Wilke antwortete darauf am 09.08.12:
Hochachtung vor dem weitgereistem Wissen - denn gerade die Verbindung der archaischen Weisheit eines Homers und die treffsichere poetische Ausführung von Celans "schwarzer Milch" zu diesem Thema des Todes oder Todeszornes war der Quellgrund meiner vielleicht antiquierten Ausführung - beiden war gemeinsam: das Wissen um "anacardium", eines homöopathischen Mittels, einer Substanz, die gerade diese Seelenspannung zum Ausdruck bringt.
Weshalb die GEMA daran ein Interesse haben sollte erschließt sich mir nicht. Vielleicht sind bescheidene lyrische Riesenkübel mein einziges Reservoir aus dem ich mit mittelgroßer Kelle ( übrigens ein sehr metaphorischer Ausdruck) nach bescheidenem Grübeln schöpfen kann. Die Adaption von verwendeten lyrischen Begriffen war nicht beabsichtigt, sondern zwingend und Celan war ein Dichter, der diese Kenntnisse hatte. Die weiße Anacardium-Milch färbt sich an der Luft schwarz und dieser ambivalente Prozess zwische Nahrung, Leben und Zorn und Tod das Motiv.
Ich danke ihrer hochgeschätzten Meinung.
Mit freundlichen Grüßen, Georg Maria Wilke
Steyk (61)
(09.08.12)
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