Auspicium

Text zum Thema Zeichen

von  autoralexanderschwarz

Als sich die Käfigtore öffnen, wird es für einen kurzen Moment sehr still und vor ein kaum hörbares Raunen der Menge schiebt sich flatternde Verzweiflung. Keine - der Tauben - möchte die erste sein, die sich aus dem schützenden Gefängnis hinaus in die schutzlose Freiheit stürzt. Ängstlich ducken sie sich ineinander, fliehen dem unverhofften Ausgang, weil Himmel und Wolken unbekannt und alles Unbekannte feindlich ist. Immer wieder drängen sie einander nach vorne, damit einer die Verantwortung und den Schwarm übernehme, doch sie sind namenlos einander fremd und jeder bleiche Zufall, der nach vorne gespült wird, flieht zurück in das warme Knäuel, um sich treiben zu lassen. Es entsteht ein Sog, ein Karussell aus Schrecken treibt sie aneinander vorbei und immer schneller pumpen ihre kleinen Herzen Blut, flattern die kleinen Flügel. Immer tiefer windet sich das Knäuel in die Käfigecke und in Panik picken spitze Schnäbel im Federregen. Für einige Momente werden sie ein pulsierender Körper, eine in sich gekrümmte Gestalt, die ächzend gegen die Gitter torkelt, dann - endlich - durch die Gittertore bricht und quetscht und schiebt, als es kein Zurück gibt; rechts und links fallen die kleinen Körper wie Schnee. Dann: die Freiheit und der zufällig vorderste ist ein Held geworden, weist dem noch trunkenen Schwarm die Richtung, ein wilder verzweifelter Pfeil, der sich in die Sonne bohrt, dann - die Menge jubelt - ein Bogen nach rechts, eine weite Kehre, hoch und hinauf mit dem Sommerwind.
Dann treten die Seher vor, um mit sorgenvoller Miene das Zeichen deuten.

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Kommentare zu diesem Text


 MrDurden (14.08.12)
Irgendwie werde ich aus dem Text nicht schlau. Vielleicht spielt er auf Freiheit und Unfreiheit oder auf gefangenen Frieden an. Vielleicht sehe ich ihn aber auch nur falsch, und er will nicht wirklich auf etwas hinaus.
(Kommentar korrigiert am 14.08.2012)

 autoralexanderschwarz meinte dazu am 14.08.12:
So ist das mit Zeichen.
Gruß
AlX

 Lluviagata (14.08.12)
Ich finde, dass dies eine tolle Geschichte ist. Gut und bildhaft erzählt, sehr spannend.
Von derlei Zeichen hing einst das Wohl und Weh Vieler ab. Stieg Rauch kerzengerade in den Himmel, waren die Götter gnädig und nahmen das Opfer an.
In dem Wort Miene fehlt das e. ;) Llu ♥

 autoralexanderschwarz antwortete darauf am 14.08.12:
Vielen Dank fü das "e",
hab ich überlesen.
Gruß&Sympathie
AlX
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