Kannibalistische Vereinigung (KV): toltec, manfeld, janna

Kommentar

von  toltec-head

Kannibalismus als literarisches Thema lässt sich, bevor es in der schwarzen Romantik dann große Karriere machte, bereits bei den Frühromantikern nachweisen. In den Tagebüchern von Novalis lesen wir:

"Was uns das Fressen ist, das ist den Pflanzen die Befruchtung. - Vorstellung der Gottheit, als eines Verzehrenden und befruchtenden Wesens. Bei Mönchen hat Onanie und Päderastie daraus entstehen müssen."

"Je lebhafter das zu Fressende widersteht, desto lebhafter wird die Flamme des Genußmoments sein. Notzucht ist der stärkste Genuss."

Hiervon inspiriert schrieb ich mein Gedicht über Jeffrey Dahmer:

Es war einmal ein Ami namens Dahmer,
Der jeden Geliebten, dem er
Begegnet ist, gern gegessen hat
Und Reste in den Kühlschrank tat.

Man spritzte ihn tot, zu Recht, aber zu seinem Ruhme
In seinem Gehirn, in einer kleinen Kammer, die oval ist, fand
Ein Forscher eine nach Sperma riechende blaue Blume,
Auf deren Stengel NOVALIS stand.

Man kann getrost davon ausgehen, dass Dahmer den Namen Novalis nie gehört hatte. Überhaupt mag man meinem Gedicht vorwerfen, dass es Dahmer zu stark romantisiert und dabei die sozialpathologischen Umstände seines Tuns ausblendet.

Einen entromantisierten Dahmer, die sozialpathologischen Umstände seines Tuns betonendes und dabei seltsamer Weise gleichzeitig am klassischen Formenkanon orientiertes Gedicht bietet Manfeld:

 J. L. Dahmer

Als wenn sie den Beweis für Weiningers These antreten wolle, dass der Bereich absoluter Grausamkeit eine Domäne von Frauen ist, nähert sich janna dem Thema Kannibalismus und Sex in ihrem Gedicht Frischfleisch für hungrige Frauen ohne jeglichen theoretischen Überbau. Keine Romantik, keine Sozialpathologie - es herrscht das nackte Grauen.

 Frischfleisch für hungrige Frauen

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Kommentare zu diesem Text

Jeane (18)
(16.01.13)
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Dieter Wal (58) meinte dazu am 16.01.13:
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 toltec-head antwortete darauf am 16.01.13:
Musste heute mir Schrecken feststellen, dass Manfeld praktisch sein ganzes bisheriges Oeuvre gelöscht hat. Es ist furchtbar, was die Midlife-Crisis mit Männern alles anstellt. Hab ihn wegen seinem Dahmer aber bereits angeschrieben. Es handelt sich tatsächlich um ein bedeutendes Werk der Dichtkunst, das ja auch einige Resonanz erfahren hatte. Vielleicht stellt es noch einmal rein.
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