Hubert

Märchen zum Thema Chancen

von  Prinky

Es war einmal
ein Schuhverkäufer. Dieser hieß nicht Al, sondern Hubert. Er hatte eine Frau. Hatte ist das Sprichwort, denn sie war weg. Würstchenverkäufer Smitty hatte sie ihm ausgespannt. Das war jetzt vier Jahre her.

Hubert saß also wieder mal in seinem Laden, und ähnlich einem amerikanischen Pendant hasste er dicke, alte und unförmige Frauen, doch es kam der Tag, der sein Leben von Grund auf änderte.

Wiedermal saß er auf den verwaisten Stühlen, und versuchte mit seinen Schuhen, die mittlerweile in die Jahre gekommen waren, das Portrait seines Chefs zu treffen. Schon seit langem warf er ihm vor, sein Gehalt  die letzten Jahre immer weiter zurück gefahren zu haben. Auf einmal ging die Türe mit einem lauten Knarren auf. Sicherlich von den millionenfachen Besuchen in jüngster Zeit.
"Haben sie Schuhe," sagte ein Mütterlein zu Hubert.
Es war eine Frau, die so alt war, wie es Hubert nie werden wollte. "Nein," sagte Hubert zu ihr. "Schuhe habe ich nur für lebende Menschen. Bei ihnen lohnt das nicht mehr."

Die alte Dame schaute etwas irritiert in seine Augen, und meinte nur "Schade"
Hubert bemerkte mit Erstaunen das die gar nicht wütend wurde. Stattdessen legte sie ihm ihre rechte Hand auf den Kopf und meinte:
"Ich denke, dein Leben war bisher so sehr von Leid und Schmerz gekennzeichnet, das du es verlernt hast nett und gut zu deinen Mitmenschen zu sein. Doch dies wird sich ändern. So sehr du mir mit deinen Worten eben nicht geschmeichelt hast, so sehr liebe ich dich als Menschen. Und du wirst dich schämen, denn deine Erinnerung wird nicht genüsslich sein"

Hubert wollte sich gerade wütend erheben, um die unverschämte alte Vettel raus zu schmeißen, als sie von sich aus ging.
Er setzte sich wieder hin, und auf einmal weckte ihn eine laute Stimme aus seinen Träumen.
"Haben sie Schuhe," sprach ihn eine alte Frau an, und er schaute sie nur ungläubig an.
"Sie haben mich doch schon gerade genervt," meinte er wütend zu ihr, doch sie verneinte.
"Du hast nichts gelernt," sprach sie enttäuscht zu ihm.
"Ich hätte gerne ein paar Schuhe gekauft, doch hier wäre es sinnlos. Denn hier gibt es nichts was mir gefällt."

Hubert saß noch ein paar Monate in seinem Laden, bis er schließlich geschlossen wurde. Er hasste sein Leben, und seiner Umwelt wurde er egal, bis er schließlich starb. Er fand sich an einem wunderschönen kleinen See wieder, der umzäunt von kleinen grünen Bäumen unter einer strahlenden Sonne lag. Auf einem Stein sah er eine alte Frau sitzen, die ihm seltsam bekannt erschien. Sie war es! "Ist das der Fluch meines Lebens," meinte er zu ihr. ""Nein," widersprach sie ihm, "ich wäre das Glück deines Lebens gewesen, hättest du es nur damals zugelassen."
Dann wandelte sich ihr Bild zu einer extrem hübschen, verdammt jungen Frau, die total seinem Geschmack entsprach. " So könnte ich auch ich dich sehen, aber du hast deinen Engel nicht gesehen!"

Sie verging, und der See wurde zu einem schmutzigen Tümpel. Die Bäume verloren ihr schönes Grün, und die Sonne wurde von dunklen Wolken verhangen. Er blieb allein und alt zurück.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 AZU20 (30.04.13)
Oh, wie traurig. LG

 Prinky meinte dazu am 02.05.13:
Ein sehr spezieller Text. Ich wollte Witz mit Ernst kombinieren, was mir, glaube ich, gelungen ist. Micha

 TrekanBelluvitsh (30.04.13)
Das ist echt gelungen!

Der Verweis auf einen allseits bekannte Sitcom ist sehr gut, auch weil du ihre Rahmenbedingungen einmal ernst nimmst. Auf einmal ist das alles gar nicht mehr lustig. Es ist grausam. Und genau darum ist es (auch) ein Märchen. Viele Märchen sind eben grausam...

 Prinky antwortete darauf am 02.05.13:
Grausam und traurig. Das Happ-End kann man aber so oder so sehen. Grüße dich...Micha

 TassoTuwas (30.04.13)
Hallo Micha,
das ist fesselnd vom ersten Satz und bleibt bis zum letzten spannend.
Wirklich schön erzählt.
Liebe Grüße TT

 Prinky schrieb daraufhin am 02.05.13:
Ich danke schön. Bei einem Prosatext gefällt es einem besonders wenn der Text gut ankommt. Micha
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram