Später 2

Text zum Thema Abgrund

von  larala

Der Mann bewohnt ein Zweibettzimmer allein. Sein Bettnachbar sagt, das Geschrei sei unzumutbar und trifft damit auf Verständnis beim Pflegepersonal. Am nächsten Morgen zieht der ein paar Türen weiter. Ab dem dritten Tag hat der Mann einen Rhythmus gefunden- nachts schreit er, bis gegen vier, den Tag verdämmert er, wenn man ihn lässt. Die Ärzte besprechen sich lieber außerhalb. Einmal kommt ein Psychologe und erklärt, dass es auch Schmerzen gäbe, die, wie solle er sagen, keine direkten körperlichen Ursachen hätten; der Mann schreit unverändert in der Nacht. Jeden Nachmittag besucht ihn seine Frau, mit verweinten Augen, rotem Traubensaft und Apfelsinen. Er versteht schlecht was sie sagt, vielleicht wegen der Schmerzmittel, die Apfelsinen gibt er wieder mit. Irgendwann packen die Schwestern seine Sachen, er wird in eine Fachklinik verlegt. Dort stellen die Spezialisten Wirbelsäulenmetastasen fest, der Primärtumor ist nicht auffindbar, das kommt vor. Viel könne man nicht tun, sagt der Arzt (er wolle doch die Wahrheit wissen?) und schüttelt bedauernd den Kopf. Später ... werde man noch einiges zu bereden haben.

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Kommentare zu diesem Text


 Lluviagata (17.07.13)
Emotionslos fast, wirklichkeitsgetreu wie ein Sachstandsbericht, lässt mich dieser Text nun im zweiten Teil ein wenig sprachlos und nickend zurück.

 larala meinte dazu am 18.07.13:
Ja, es ist fast ein Sachsandsbericht.
Und großartig Emotionen gibts, kann es in der Regeln nur auf der einen Seite geben. Das Schlimmste ist auch nicht Krankheit, Leiden oder Tod, sondern Angst, Schmerzen und damit Alleingelassensein.

 susidie (17.07.13)
Das haut rein und das Schlimme ist, es beschreibt schon fast "Alltag", weil diese Situationen so häufig vorkommen und man sich nie daran gewöhnen kann. Nie. Wir werden nochmal darüber reden, ja, aber es wird sich nichts ändern. Es lebe Morphium - für alle.

 larala antwortete darauf am 18.07.13:
Und es lebe all das, was nach dem Morphium noch möglich ist.
Graeculus (69)
(18.07.13)
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 larala schrieb daraufhin am 18.07.13:
Ich will es ihm nicht wünschen. Ich war da schon mal (Psychose), das war nicht nett.
ues (34)
(24.03.14)
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 larala äußerte darauf am 24.03.14:
Distanziert und trotzdem unmittelbar ist ziemlich genau das, was geschieht in der Kittelrolle. Jeder Selbstschutz, jeder Versuch professioneller Distanz ist letztlich Illusion. Und das ist gut so.
Danke fürs Lesen, Fühlen, deine Gedanken.
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