Warum ich ein Buch abstoße! Teil V
Groteske zum Thema Besessenheit
von pentz
Das diabolische Bild auf dem Buch
Ich schaue aufs Cover, dem Einband des Buches: ganz in dunkelster Schwärze gehalten: die weißen Teile vor schwarzem Hintergrund zeichnen und offenbaren ein Frauengesicht. Ach, damit das Hirn denkt, eine Frau, die im Dunkeln steht, hinter einem Baum hervorlugt inmitten der Nacht, hat bestimmt etwas zu verheimlichen, hütet ein furchteinflößendes Geheimnis oder verbirgt sie sich hinter dem Baum, weil sie vor irgendjemanden Gemeinen bedroht wird!?
Dazu den Titel: „Der Nymphomanenmord!“ Unheimlich, bedrohlich, Gefahr aussendend – für den Zweck und das Ziel dieses Buches ein kohärenter Einband, nicht wahr?
Doch auch das Symbol des Spiels mit dem Feuer.
Das war der Einband ganz und gar, zumal, wenn man bedachte, wie dieses Foto entstanden ist, nämlich dem Sujet auf anderer, nämlich seelischer Weise durchaus ebenbürtig und kongenial. Das Portrait einer Frau für einen Sex-und-Crime-Roman musste Unheimliches verströmen, beim Betrachter nachhaltiges Befremden hinterlassen – so die Theorie und Wunschvorstellung. Der Zufall ließ genau diese Umstände entstehen. Man kann in kein Gesicht hineinpflanzen oder erwecken, was man sich als Externer wünscht, einzig mit einer sehr guten Schauspielerin womöglich, aber noch besser wäre doch wohl ein realistisches Bild. Das Gesicht spiegele die wahre Befindlichkeit der Dargestellten wieder. FOTOGRAPHIERE Trauernde bei einer Beerdigung, wenn du mit einem Bild Trauer herüberbringen willst, nicht wahr, das ist die beste Methode!
Genau dies trug sich zu, Dinge geschahen, die diese Bedingungen erfüllten, erfüllt hatten - denn das Ereignis lag schon einige Zeit zurück, das Ereignis der Aufnahme zu diesem Bild, woraus das herangezogene Coverbild entstand und zur Gestalt gebracht wurde. Es wurde im Nachhinein von mir dazu verwendet oder missbraucht. Ich blätterte in meinem Fotoalbum, sah dieses Bild, erinnerte mich an die Umstände, die bei diesem Bild Pate gestanden hatten, als es geschossen worden war und wusste, genau, das passt als Romandeckel zu meinem Buch.
Dass ich zu des Trauernden Zustand ein gut Anteil Schuld hatte, will ich nicht verhehlen, so dass man sagen kann, dass ich mit der Aufnahme und Veröffentlichung gleich doppelte Schuld auf mich lud: zum einen, es wider Wissen der Abgebildeten und Zustimmung der Abgebildeten veröffentlicht zu haben und zum anderen, den Schmerz, den diese Person auf diesem Bild ausdrückte, ein großes Bisschen mit von mir verursacht zu haben.
Zum einen habe ich wohl Angst gehabt, die darin abgelichtete Person würde es merken, was in nächtlicher Atmosphäre in einer dunklen Ecke eines großen Studentenwohnheimes nach der schmerzhaft erhaltenen Nachricht von dem Tod ihres geliebten Vaters mit ihr angestellt worden ist, wenn sie es denn bemerkt hat, das jemand sie frontal mit der Kameralinse aufs Korn genommen und abgelichtet hat in ihrem wohl unendlich peinigendem Schmerz, den sie wohl notgedrungen mehr übel als wohl empfunden haben muss. Meine Angst verkündete ein entschiedenes JA.
„Du hast das Bild des Mädchens, ohne sie zu fragen, veröffentlicht“, rumorte eine Stimme mahnend. Natürlich weniger dieser Umstand als der, entdeckt, zur Rede gestellt, gar juristisch verfolgt zu werden und dann zu einer empfindliche Geldstrafe wegen Urheberrechts-Bruches verdonnert zu werden, bei meinen notorisch auf Ebbe stehendem Geldbeutel-Stand eine verheerende Vorstellung, verfolgte und quälte mich.
Selbst der Alte Schwede, der das Bild aufgenommen hatte, wusste nichts von der Publikmachung und Veröffentlichung seines Kunstwerkes auf Zelluloid, aber diesen fürchtete ich weniger, denn er war wirklich ein Schwede und würde längst wieder in seine Heimat zurückkehrt sein und zu befürchten, dass mein Bestseller die Nordsee und das gesamte Skandinavien durchqueren würde und das in seiner Eigenheit in deutscher Sprache verfasst zu sein, erschien mir in meinem Verfolgungswahn denn doch als übertrieben. Zudem, überhaupt kein Gefühl für Alter, war er wirklich ein Alter Schwede und wie hoch sind die Lebenserwartung der Skandinavier?
Nein, realistischer erschien mir schon das Mädchen als Furie, zumal ich sie wie gesagt in einer denkbar unschicklichen, ach was, unzivilisierten, eigentlich inhumanen, vielleicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes menschenverachtenden Art und Weise habe ablichten lassen. (Ja, ich sah mich bereits als Akteur, obwohl ich nicht einmal dabei anwesend gewesen war.) Das war gewissermaßen das Schlimmste, das Barbarischte, was ein Mensch machen, verbrechen und womit er Schuld auf sich laden konnte: Leichenschändung, Grabschändung, Brunnenvergiftung, Brandstiftung - auf dieser Linie jedenfalls.
Und das ich! - Ich wollte mich wirklich am liebsten hinter dem nächsten Busch, der Ecke oder dergleichen verstecken.
Und diese Vorstellung der mich erbarmungslos verfolgenden Rachegöttin mit einer Geldstrafe, die mich in den totalen Ruin würde katapultieren, war ein schlechter Witz, da die Intention zum Schreiben, Herstellen und Veröffentlichen ursprünglich ja gerade in die andere Richtung zielte, nämlich stinkereich zu werden. Und was hatte ich davon? Ich würde gerade gegenteilig bettelarm werden. Und ich war es ohnehin schon. Wie konnte man das noch Schlimmere überhaupt ertragen? Eine Horrorvision par excellence, mir schauderte und schüttelte sich alles. Kein Wunder, dass die Vorstellung, dieses Buch in die Hände zu nehmen, gleichzog mit Heiße-Kohlen-Anfassen. Nein, ich verdrängte es, damit ich es nicht anfassen brauchte, um es dem ein oder anderen anzubieten und zu verkaufen. Das waren eindeutig die denkbar ungünstigsten Voraussetzungen für einen Bestseller, den Verkauf eines Bestsellers. Denn insgeheim dachte ich, es ruht gut dort, wo es ist, in hintersten Ecke des Kellers, wie in einem Grab. Alpträume erwachet nicht!; Leichen lässt man ruhen; schlafende Hunde weckt man nicht. Das Buch und seine Umstände nahmen allmählich diabolische Dimensionen an.
Worin lag übrigens der Anteil bei mir gegenüber dem Mädchen, die das Cover zierte, und es war wahrhaftig ein schönes Konterfei: mein unmittelbarer Anteil an ihrem bedauernswerten Zustand lag indirekt in den Sekunden, wo die Blitzlichter aufleuchteten.
Der hing hinwiderum mir ihrem Vater zusammen. Dieser war Richter gewesen. Ich hatte gerade Zorres mit einigen Vertretern dieses Berufstandes. Und in meiner Dummheit äußerte ich, als sie erzählte, ihr Väterchen sei einer dieser Sorte und bedeute ihr sehr vieles, etwas sehr Verletzendes: „Richter, schlecht!“ Damit, woher sollte ich es auch wissen, dass er gerade im Sterben lag, verletzte ich die Tochter des Todgeweihten zum einen und zum anderen stupste ich die hübsche Person, die echt an mir interessiert war, vor den Kopf und verbaute mir sämtliche Chancen, die ich tatsächlich besessen hatte. Dümmer kann man es kaum anstellen, sich eine „geile Schnecke“ zu verätzen zum einen und zum anderen eine liebenswerte potentielle Freundin sich zur Feindin zu machen, na ja.
Ich schaue aufs Cover, dem Einband des Buches: ganz in dunkelster Schwärze gehalten: die weißen Teile vor schwarzem Hintergrund zeichnen und offenbaren ein Frauengesicht. Ach, damit das Hirn denkt, eine Frau, die im Dunkeln steht, hinter einem Baum hervorlugt inmitten der Nacht, hat bestimmt etwas zu verheimlichen, hütet ein furchteinflößendes Geheimnis oder verbirgt sie sich hinter dem Baum, weil sie vor irgendjemanden Gemeinen bedroht wird!?
Dazu den Titel: „Der Nymphomanenmord!“ Unheimlich, bedrohlich, Gefahr aussendend – für den Zweck und das Ziel dieses Buches ein kohärenter Einband, nicht wahr?
Doch auch das Symbol des Spiels mit dem Feuer.
Das war der Einband ganz und gar, zumal, wenn man bedachte, wie dieses Foto entstanden ist, nämlich dem Sujet auf anderer, nämlich seelischer Weise durchaus ebenbürtig und kongenial. Das Portrait einer Frau für einen Sex-und-Crime-Roman musste Unheimliches verströmen, beim Betrachter nachhaltiges Befremden hinterlassen – so die Theorie und Wunschvorstellung. Der Zufall ließ genau diese Umstände entstehen. Man kann in kein Gesicht hineinpflanzen oder erwecken, was man sich als Externer wünscht, einzig mit einer sehr guten Schauspielerin womöglich, aber noch besser wäre doch wohl ein realistisches Bild. Das Gesicht spiegele die wahre Befindlichkeit der Dargestellten wieder. FOTOGRAPHIERE Trauernde bei einer Beerdigung, wenn du mit einem Bild Trauer herüberbringen willst, nicht wahr, das ist die beste Methode!
Genau dies trug sich zu, Dinge geschahen, die diese Bedingungen erfüllten, erfüllt hatten - denn das Ereignis lag schon einige Zeit zurück, das Ereignis der Aufnahme zu diesem Bild, woraus das herangezogene Coverbild entstand und zur Gestalt gebracht wurde. Es wurde im Nachhinein von mir dazu verwendet oder missbraucht. Ich blätterte in meinem Fotoalbum, sah dieses Bild, erinnerte mich an die Umstände, die bei diesem Bild Pate gestanden hatten, als es geschossen worden war und wusste, genau, das passt als Romandeckel zu meinem Buch.
Dass ich zu des Trauernden Zustand ein gut Anteil Schuld hatte, will ich nicht verhehlen, so dass man sagen kann, dass ich mit der Aufnahme und Veröffentlichung gleich doppelte Schuld auf mich lud: zum einen, es wider Wissen der Abgebildeten und Zustimmung der Abgebildeten veröffentlicht zu haben und zum anderen, den Schmerz, den diese Person auf diesem Bild ausdrückte, ein großes Bisschen mit von mir verursacht zu haben.
Zum einen habe ich wohl Angst gehabt, die darin abgelichtete Person würde es merken, was in nächtlicher Atmosphäre in einer dunklen Ecke eines großen Studentenwohnheimes nach der schmerzhaft erhaltenen Nachricht von dem Tod ihres geliebten Vaters mit ihr angestellt worden ist, wenn sie es denn bemerkt hat, das jemand sie frontal mit der Kameralinse aufs Korn genommen und abgelichtet hat in ihrem wohl unendlich peinigendem Schmerz, den sie wohl notgedrungen mehr übel als wohl empfunden haben muss. Meine Angst verkündete ein entschiedenes JA.
„Du hast das Bild des Mädchens, ohne sie zu fragen, veröffentlicht“, rumorte eine Stimme mahnend. Natürlich weniger dieser Umstand als der, entdeckt, zur Rede gestellt, gar juristisch verfolgt zu werden und dann zu einer empfindliche Geldstrafe wegen Urheberrechts-Bruches verdonnert zu werden, bei meinen notorisch auf Ebbe stehendem Geldbeutel-Stand eine verheerende Vorstellung, verfolgte und quälte mich.
Selbst der Alte Schwede, der das Bild aufgenommen hatte, wusste nichts von der Publikmachung und Veröffentlichung seines Kunstwerkes auf Zelluloid, aber diesen fürchtete ich weniger, denn er war wirklich ein Schwede und würde längst wieder in seine Heimat zurückkehrt sein und zu befürchten, dass mein Bestseller die Nordsee und das gesamte Skandinavien durchqueren würde und das in seiner Eigenheit in deutscher Sprache verfasst zu sein, erschien mir in meinem Verfolgungswahn denn doch als übertrieben. Zudem, überhaupt kein Gefühl für Alter, war er wirklich ein Alter Schwede und wie hoch sind die Lebenserwartung der Skandinavier?
Nein, realistischer erschien mir schon das Mädchen als Furie, zumal ich sie wie gesagt in einer denkbar unschicklichen, ach was, unzivilisierten, eigentlich inhumanen, vielleicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes menschenverachtenden Art und Weise habe ablichten lassen. (Ja, ich sah mich bereits als Akteur, obwohl ich nicht einmal dabei anwesend gewesen war.) Das war gewissermaßen das Schlimmste, das Barbarischte, was ein Mensch machen, verbrechen und womit er Schuld auf sich laden konnte: Leichenschändung, Grabschändung, Brunnenvergiftung, Brandstiftung - auf dieser Linie jedenfalls.
Und das ich! - Ich wollte mich wirklich am liebsten hinter dem nächsten Busch, der Ecke oder dergleichen verstecken.
Und diese Vorstellung der mich erbarmungslos verfolgenden Rachegöttin mit einer Geldstrafe, die mich in den totalen Ruin würde katapultieren, war ein schlechter Witz, da die Intention zum Schreiben, Herstellen und Veröffentlichen ursprünglich ja gerade in die andere Richtung zielte, nämlich stinkereich zu werden. Und was hatte ich davon? Ich würde gerade gegenteilig bettelarm werden. Und ich war es ohnehin schon. Wie konnte man das noch Schlimmere überhaupt ertragen? Eine Horrorvision par excellence, mir schauderte und schüttelte sich alles. Kein Wunder, dass die Vorstellung, dieses Buch in die Hände zu nehmen, gleichzog mit Heiße-Kohlen-Anfassen. Nein, ich verdrängte es, damit ich es nicht anfassen brauchte, um es dem ein oder anderen anzubieten und zu verkaufen. Das waren eindeutig die denkbar ungünstigsten Voraussetzungen für einen Bestseller, den Verkauf eines Bestsellers. Denn insgeheim dachte ich, es ruht gut dort, wo es ist, in hintersten Ecke des Kellers, wie in einem Grab. Alpträume erwachet nicht!; Leichen lässt man ruhen; schlafende Hunde weckt man nicht. Das Buch und seine Umstände nahmen allmählich diabolische Dimensionen an.
Worin lag übrigens der Anteil bei mir gegenüber dem Mädchen, die das Cover zierte, und es war wahrhaftig ein schönes Konterfei: mein unmittelbarer Anteil an ihrem bedauernswerten Zustand lag indirekt in den Sekunden, wo die Blitzlichter aufleuchteten.
Der hing hinwiderum mir ihrem Vater zusammen. Dieser war Richter gewesen. Ich hatte gerade Zorres mit einigen Vertretern dieses Berufstandes. Und in meiner Dummheit äußerte ich, als sie erzählte, ihr Väterchen sei einer dieser Sorte und bedeute ihr sehr vieles, etwas sehr Verletzendes: „Richter, schlecht!“ Damit, woher sollte ich es auch wissen, dass er gerade im Sterben lag, verletzte ich die Tochter des Todgeweihten zum einen und zum anderen stupste ich die hübsche Person, die echt an mir interessiert war, vor den Kopf und verbaute mir sämtliche Chancen, die ich tatsächlich besessen hatte. Dümmer kann man es kaum anstellen, sich eine „geile Schnecke“ zu verätzen zum einen und zum anderen eine liebenswerte potentielle Freundin sich zur Feindin zu machen, na ja.