Das weiß ein jeder - Hommage an H. M. Enzensberger

Text zum Thema Besessenheit

von  pentz

Wir sind entrüstet
und rüsten auf.

Wir bauen Brücken,
Brücken,
Brücken usw.
und fühlen uns brüskiert.

Wir sind alle politisch,
kritisch,
polemisch,
aber immer individuell

und haben das Gemeinwohl
im Sinn
und auch den Zoll für Alle,
unsere und anderer
Besoldung,
Mindestlohn,
Spitzenverdienst
und wollen hoch hinaus,
wenn nicht
mehr.

Wir grämen uns sehr,
wenn es anderen schlecht geht
und wollen ständig mehr,
und mehr;
sind in der Gewerkschaft
oder auch nicht,
im Arbeitgeberverband oder/und
in der Handelskammer
oder auch nicht,
doch wollen wir alle
ständig
sehr viel
mehr,
vollkommen mehr.

Doch wir streben nicht nach totaler Voll-
kommenheit
mehr,
aber nach mehr.

Es lebt sich schwer
ohne Mehr,
schließlich braucht man
Hehres,
auch ohne Sinn, Hauptsache
mehr,
viel mehr,
sehr viel mehr,
vollkommen mehr,
wenn auch nicht vollkommen
vollkommen mehr.

Was will man mehr?
Was wollen wir mehr?

*

Wir können uns durchaus bescheiden.
Wir sind nicht maßlos.
Wir schießen nicht übers Ziel hinaus.
Wir wollen nur mehr!
Zur Weltspitze wollen wir gehören.
Das ist Okay.
Keine Frage.
Bescheidenheit war gestern.
Maßlosigkeit ist nicht gut,
aber mehr.

Natürlich viel mehr!
Außerordentlich mehr.
Doch sind wir europäisch.
Nach dem zu fragen, ob das uns noch mehr oder
weiniger bringt,
ist legitim,
außerdem tut das jeder
weniger oder mehr.

Wir sind uns unserer bewusst.
Das weiß ein jeder.

*

Vor allem wollen wir den Mehrwert.
wir begnügen uns nicht bloß mit mehr
oder mit dem Mehr, sondern
wir wollen alles, nämlich
so schlau sind wir –
vor allem den Mehrwert.
[Da weiß zwar nicht ein jeder,
doch wir,
die wir
Gedichte
lesen.
(Irgend einen Sinn muss es doch haben!)]

*

Wir lassen uns nicht bespitzeln.
Das geht gegen die Ehr`
und untergräbt
unser Streben nach Mehr.
Das Letzte ist wohl,
unsere (Ver-)Führer(in) zu belauschen,
nein,
so geht das nicht mehr,
wir rufen auf zur
Umkehr
(– immer mehr,
von Tag zu Tag mehr –
ich kann es nicht hören mehr...)


Anmerkung von pentz:

Wir sind entrüstet
und rüsten auf.

Wir bauen Brücken,
Brücken,
Brücken usw.
und fühlen uns brüskiert.

Wir sind alle politisch,
kritisch,
polemisch,
aber immer individuell

und haben das Gemeinwohl
im Sinn
und auch den Zoll für Alle,
unsere und anderer
Besoldung,
Mindestlohn,
Spitzenverdienst
und wollen hoch hinaus,
wenn nicht
mehr.

Wir grämen uns sehr,
wenn es anderen schlecht geht
und wollen ständig mehr,
und mehr;
sind in der Gewerkschaft
oder auch nicht,
im Arbeitgeberverband oder/und
in der Handelskammer
oder auch nicht,
doch wollen wir alle
ständig
sehr viel
mehr,
vollkommen mehr.

Doch wir streben nicht nach totaler Voll-
kommenheit
mehr,
aber nach mehr.

Es lebt sich schwer
ohne Mehr,
schließlich braucht man
Hehres,
auch ohne Sinn, Hauptsache
mehr,
viel mehr,
sehr viel mehr,
vollkommen mehr,
wenn auch nicht vollkommen
vollkommen mehr.

Was will man mehr?
Was wollen wir mehr?

*

Wir können uns durchaus bescheiden.
Wir sind nicht maßlos.
Wir schießen nicht übers Ziel hinaus.
Wir wollen nur mehr!
Zur Weltspitze wollen wir gehören.
Das ist Okay.
Keine Frage.
Bescheidenheit war gestern.
Maßlosigkeit ist nicht gut,
aber mehr.

Natürlich viel mehr!
Außerordentlich mehr.
Doch sind wir europäisch.
Nach dem zu fragen, ob das uns noch mehr oder
weiniger bringt,
ist legitim,
außerdem tut das jeder
weniger oder mehr.

Wir sind uns unserer bewusst.
Das weiß ein jeder.

*

Vor allem wollen wir den Mehrwert.
wir begnügen uns nicht bloß mit mehr
oder mit dem Mehr, sondern
wir wollen alles, nämlich
so schlau sind wir –
vor allem den Mehrwert.
[Da weiß zwar nicht ein jeder,
doch wir,
die wir
Gedichte
lesen.
(Irgend einen Sinn muss es doch haben!)]

*

Wir lassen uns nicht bespitzeln.
Das geht gegen die Ehr`
und untergräbt
unser Streben nach Mehr.
Das Letzte ist wohl,
unsere (Ver-)Führer(in) zu belauschen,
nein,
so geht das nicht mehr,
wir rufen auf zur
Umkehr
(– immer mehr,
von Tag zu Tag mehr –
ich kann es nicht hören mehr...)

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (06.02.14)
Ich vermute, dass diese Satire Enzensberger gefallen würde.
LG
Ekki
(Kommentar korrigiert am 06.02.2014)
Dieter Wal (58) meinte dazu am 06.02.14:
Diese Antwort ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Dieter Wal (58)
(06.02.14)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram