I'm not crying on sundays.

Kurzprosa zum Thema Dummheit

von  SunnySchwanbeck

Es gibt da so ein Wort „Helfersyndrom“ heißt es.
Bei Wikipedia steht dazu folgendes:

Laut Modell hat ein vom Helfersyndrom Betroffener ein schwaches Selbstwertgefühl und ist auf seine Helferrolle fixiert; das Helfen wird zur Sucht. Dabei versucht er ein Ideal zu verkörpern, das er selbst bei seinen Eltern oder generell in seiner Kindheit vermisst hat. Seine Hilfsbereitschaft geht bis zur Selbstschädigung und Vernachlässigung von Familie und Partnerschaft; dabei übersieht oder unterschätzt er die Grenzen des Möglichen und ignoriert auch die Frage, ob seine Hilfe überhaupt erwünscht oder sinnvoll ist. Dem Helfersyndrom liegt meist eine narzisstische Persönlichkeitsstörung zugrunde. Hilfe anderer bei seiner Mission lehnt er ab. Als Folge kann es bei ihm zu Depressionen oder zum Burnout-Syndrom kommen.

Helfen kann gut sein, helfen kann schön und richtig sein. Es gibt einem ein positives Gefühl, einem anderen Lebewesen geholfen zu haben. Man denkt sich dann, man, was wäre wohl passiert wenn ich nicht in diesem Moment an diesem Ort gewesen wäre? Was wäre wohl passiert, wenn ich nicht angerufen hätte, oder den Hörer abgenommen hätte? Was wäre passiert, wenn. Diese Theorien führen dazu, dass man an das Schicksal glaubt. Dass man denkt, alles hat seine Ordnung, seinen Grund und eine vorbestimmte Reihenfolge.

Ich habe auch an das Schicksal geglaubt, ich habe es oft erwähnt, wenn ich an warmen Abenden bei einem Bier und fremden Leuten in einer Runde saß und es schon so spät war, das selbst solche Themen auftauchten. „Ich glaube nicht an Gott, ich glaube an das Schicksal.“ war meist mein Einleitungssatz. Gefolgt von schönen Metaphern und Argumenten die ich auswendig gelernt hatte um einen guten Eindruck bei den alternativen, Bart tragenden Männern oder den gepiercten, bunt haarigen Frauen zu hinterlassen. Die stehen auf sowas. Haben fast auch alle ein Unendlichkeitszeichen auf dem Handgelenk tätowiert und eine Feder irgendwo auf ihrem Körper, die für Freiheit stehen soll. Ich habe so oft versucht interessant zu wirken und in Gedächtnissen zu bleiben, dass ich mich manchmal nicht mehr wiedererkenne, wenn ich mir selbst beim reden zuhöre.
Du hast sicherlich schon oft von diesen Männern gelesen, die alle Probleme haben und schlechte Kindheiten und irgendwie Junkies sind, oder arbeitslos oder depressiv oderoderoder. Wo wir wieder beim „Helfersyndrom“ wären. Ja, „Syndrom“ bedeutet nie etwas gutes, das habe ich in den letzten fünf Jahren gemerkt. Es heißt, etwas stimmt nicht mit dir, etwas ist kaputt oder gar nicht da und macht dich anders, aber nicht auf die gute Weise. Dieses „du bist so anders als die anderen“ geschwafel, nein, so überhaupt nicht. Ja, etwas stimmt nicht mit mir. Ich versuche nämlich alles, wirklich alles, um diesen Menschen zu helfen.
Ich schreibe für sie Bewerbungen.
Ich rufe für sie bei Beratungsstellen an.
Ich schreibe Beiträge in Foren, um mich schlau zu machen wie ich ihnen helfen könnte.
Ich motiviere sie, jeden verdammten Tag sagen ich ihnen, dass sie das nicht alleine schaffen müssen, dass ich da bin um ihnen zu helfen.
Ich höre nicht nur was sie sagen, sondern merke es mir, und analysiere es.
Ich versuche diejenige für sie zu sein, die sie brauchen. Die sie wollen.
Ich bin quasi der mies bezahlteste Psychologe/Sozialarbeiter/Vertrauenslehrer oder wasweißich.

Aber sie liegen weiterhin in ihren Betten und weinen ab und zu, weil alles so auswegslos erscheint. Weil alles so furchtbar aussieht und es sowieso keine Lösung gibt. Sie lassen ihr Leben an sich vorbei ziehen, während ich krampfhaft versuche meines festzuhalten.
Dabei müssten sie nur aufstehen und ein paar Schritte in die richtige Richtung gehen, sich Hilfe suchen.

Und ich liege in meinem Bett und weine, weil ich jeden Schritt in jede Richtung gegangen bin, aber letztendlich immer wieder hier stehe,

am Ende.


Anmerkung von SunnySchwanbeck:

titel - mary lambert.

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Kommentare zu diesem Text


 ViktorVanHynthersin (19.05.14)
Liegen bleiben ist (leider) leichter als aufstehen und die eigenen Tränen zu trocken ist schwerer als die von "fremden" Menschen.
Herzliche Grüße
Viktor

 Erdbeerkeks meinte dazu am 06.06.14:
Dem stimme ich zu.
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