Gibt es noch Träume (8.5) - Versunken, aber nicht versenkt

Bericht zum Thema Forschung

von  Inlines

Dieser Morgen war anders. Robbie Steinhardt hatte letztlich doch zur alten Form zurückgefunden. Die Kapselzerrung war vermutlich ausgeheilt. Und David Garret würde bald schon über Twitter melden, über kostenlose Zusatzsessions nachzudenken.

Ich blickte vom Balkon des Hochhauses auf die stumme, unüberschaubar große Metropole. Morgenlicht streute über das vor kurzem noch verdunkelte Terrain. Und eine erste Welle Schnäppchenjäger, stand schon kurz davor die Handelshäuser zu erreichen.

Ja, WELLE. Eine solche hatte auch mich erreicht. Gestern. Kein langsam dahin siechender Scheitel war es gewesen, sondern eine, die selbst dann nicht hätte brechen können, wenn sie auf das Alpenmassiv getroffen wäre. Das Wasser, welches aus ihr drängte, als sie mir ihr Herz geöffnet, und dann völlig ausgeschüttet hatte, war dafür zu wild. Es hatte mir die Füsse weggerissen. Mich mitgenommen. Fortgespült. Weit ins Meer hinaus gezogen. Über Unumkehrbarkeit hinaus. Und trotzdem war es besser gewesen wie ein großes Schokoladeneis oder sonntagmorgens länger auszuschlafen. Sie hatte mich dem Himmel näher gebracht. Mich mit dieser Welle dort hinauf gehoben. In dem sie mir ein Grundvertrauen gab. Und einen ersten scheuen Kuss. Am Telefon.

Nun stand ich hier. Träumte. Sah den Wellenkam in Richtung Süden weiterziehen. Spürte dieser Woge wortlos nach. Genoss. Rekapitulierte.

Gestern hatte sich die Welle aufgebaut. Gestern vormittag. Als ihr Vater sie entwürdigt hatte, während ihre brave Mutter schwieg. Er hatte geschrien, sie würde Schläge kriegen; gebrüllt, dass dieser Abischnitt im höchsten Maße schändlich sei, und dass er heute wieder jenen Tag bereue, an dem er sie zum Kind bekommen hat. Katrin hatte es mir berichtet, von Erzürnung und Kontrollverlust durchdrungen. Schlotternd und plärrend.

Meine Nummer war jedoch die letzte, die sie gewählt hatte. Denn niemand außer mir war erreichbar gewesen. Niemand, außer dem Jungen, der den Augenarzt aufsuchen sollte. Dem Jungen, der Probleme mit dem Handyspeicher hatte.

Schnell hatten wir herausgefunden, dass wir durch das gleiche Tal der Tränen stapften. Und ich verstehe nur allmählich, wie wir diesem dann entkommen sind. Es war Stoff für Romane. Vielleicht würde manch LKW-Fahrer, im Tankstellenverkauf, das eine oder andere Tittenheftchen dafür liegen lassen. Manche sinnierten darüber, wie sie handeln würden. Und zwar so lange, bis sie nicht mehr handelten, sondern nur noch neu sinnierten. Wir waren aktiv geworden.

Ich hatte sie direkt nach ihrem Anruf in Stuttgart / Friedinger Straße 16 abgeholt. Hatte ihr vom Fenstersims herab geholfen, um dann mit ihr in jene Freiheit einzudringen, in die es jugendliche, schwer gekränkte Herzen zieht.

Das Auto meiner Schwester hatte ich stehen gelassen. Es war reif für die Schrottpresse gewesen.

Also waren wir getrampt - Mit redseeligen Sozialoptimisten nach Hessen gefahren.

Die meisten davon waren Looser oder Andersdenkende...

Solche wie wir.


Anmerkung von Inlines:

Das nächste Mal wird geforscht. Dies wird der Abschluss sein.

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