Ich-Ich-Ich

Lied zum Thema Fremdenfeindlichkeit

von  Theseusel

Mein Nachbar, der als  Hindu den frühen Tag Tag begrüßt,
mit Räucherkerze in der Hand die Morgenluft versüßt.
Zwei Doppelhäuser weiter kniet ein Moslem Richtung Mekka
(der jüngste Sohn ist nicht zuhaus’; er lernt gerade Bäcker.)

Ich kenne die Ayani’s, die sich aus dem Schlachthaus schlichen,
(Aleppo war ein Albtraum... und)
den braunen Patrioten sind sie sorgsam ausgewichen.
Der lustige Matubo, der auf dem Markt am Fischstand jobbt,
wirkt fröhlicher als Flipper, denn er wird nicht mehr gemobbt.

Man wollte hier in Deutschland zunächst noch nicht verstehn,
wer übers Wasser fliehen will, soll auch übers Wasser gehn.
"Das ist ja gar kein Action-Film, das macht mich jetzt betroffen!
Ist wirklich da im Mittelmeer ein Frachter abgesoffen?"

Der eine stirbt im Mittelmeer, am Strand von Lampedusa,
der andere hängt leblos im Stahlzaun vor Ceuta;
ein Junge ist im Fahrwerk eines Jumbo-Jets erfroren;
ein Mädchen hat in Mali mehr als alles verloren.

Das Schulkind aus dem Libanon, das so nach Wissen giert,
dass die Lehrerin den Grund ihres Daseins wieder spürt,
wird abgeschoben, denn die Eltern sind nicht auf der Flucht,
so lange bis der nächste Vergeltungsschlag sie sucht.

Man wollte hier in Deutschland zunächst noch nicht verstehn,
wer übers Wasser fliehen will, soll auch übers Wasser gehn.
Das ist ja gar kein Action-Film, das macht mich jetzt betroffen!
Ist wirklich da im Mittelmeer ein Frachter abgesoffen?"

Mit Leuchten in den Augen zeigt mir Ben den deutschen Pass,
ein Fuß stand auf der Mine, doch ich spüre keinen Hass.
So steht er voll im Leben, wenn auch nur auf einem Bein,
ja er hat es sich verdient stolzer Deutscher zu sein!

Ich hab kein tolles Bild von mir, ich schimpf mich selbst als Christ,
der aus dem Club der Heuchler längst ausgetreten ist.
Wo Pille, Pallium, Pullermann stehn nur in Reih und Glied
egal, denn diese Schande ist ein anderes Lied!

Man wollte hier in Deutschland zunächst noch nicht verstehn,
wer keine Nazis haben will, muß den eigenen erst sehn.
Das ist ja gar kein fremdes Tier, oh - wie absonderlich!
Der Typ im Spiegel ähnelt mir... mein Gott, das bin ja ich!

Ich, ich, ich, ich!

Anmerkung von Theseusel:

Auf YouTube gewaltige 4 mal aufgerufen!;)

https://youtu.be/L_OlQ6CJbeo

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Kommentare zu diesem Text


 JohndeGraph (31.05.16)
Jetzt sind es 58 Aufrufe. Ein wenig Werbung wäre für die Aufmerksamkeit vielleicht nicht schlecht. Wobei es ja auch nicht wie eine leichte Kost geschrieben ist. Du erwartest, dass der Leser, Höhrer, Zuschauer mitdenkt. Heutzutage ist das ja schon fast zuviel verlangt. Das geht gar nicht gegen dich, nur mal eben zwischen Pommes und Burgern als Fastfood ist das nicht geschrieben und so sollte man das vielleicht auch nicht lesen. Eher im Stil eines Liedermachers. Stellst du mehr davon aus, kannst du auch dein Publikum dafür finden. Die Botschaft ist ja überzeugend, wenn man sich die Zeit dafür nimmt. Grüße J.d.G.

 Theseusel meinte dazu am 01.06.16:
Dank Dir lieber John; ich denke manchmal jeder Klick weniger adelt! Ein bedachter Kommentar macht zig unbedachte wett.;)

 Füllertintentanz (01.06.16)
Hallo Gerd,

ich habe deinen Text erst gelesen und dann das Video abgespielt, mittlerweile schon zum 2. Mal.
Deine früheren Texte mochte ich ja schon immer und dieser steht deinen jungen Werken in nichts nach.
Einfühlsam, zeitnah, realitätsbezogen, deprimierend und so unsagbar wahr. Ich werde traurig und wütend zugleich.
Das könnte ich mir auch gut im Bühnenprogramm von Konstantin Wecker vorstellen.
LG, Sandra

 Theseusel antwortete darauf am 01.06.16:
Das freut mich - danke Sandra!
Der große Konstantin ist ja auch ein Vorbild ... könnte mir ebenso gut vorstellen, dass Campino es auf seine Art für die Toten Hosen arrangiert. Aber das sind Stars und haben ihr eigenes Repertoire;)
Und wenn ich jetzt so drüber nachdenke wie alt meine Texte werden müssen bis sie "erhört" werden...wann war das 2005/2006:))
Liebe Grüße von Gerd

 HarryStraight (20.02.17)
Ein Lied, das sich Gedanken macht und mutig (nicht ohne Humor) voranschreitet.
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