Gitterstabgespräch

Erzählung zum Thema Freiheit/ Unfreiheit

von  Elén

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Am Tisch sitzt ein junger Mann, auf dem Tisch ein Blatt Papier, das eine weiße Fläche bereithält, Gedanken darauf zu schreiben. Der junge Mann beginnt zu schreiben, beginnt zu erzählen. Er erzählt, er hätte sich stets für das Gute eingesetzt. Er trägt ein Shirt, sitzt aufrecht, sitzt konzentriert.  Er konzentriert sich jetzt, damit es ihm nicht noch einmal passiert, sich für etwas einzusetzen, das am Ende nicht das Gute ist und er da hingehen muss, wo er jetzt ist. Er wirkt jung, so um die dreißig. Wenn er in den Spiegel schaue, würde er einen gutaussehenden jungen Mann sehen, sagt er von sich. Zurzeit hat er nur die Möglichkeit für einen Spiegel. Ein Spiegel, ein Mensch, ein Spiegelbild. Alles inhaftiert und ausgemacht für ein paar Quadratmeter. In der Begrenzung und in der Reflexion begegnen sich, umgarnen, umkreisen sich die Konturen von einem Menschen, von einem leibhaftigen und einem gespiegelten und bilden ein Kaleidoskop im gebrochenen Licht der Zelle. Derzeit bin ich in Haft, sagt der junge Mann. Leider.

Er wäre gerne mit Menschen zusammen, die ehrlich sind und auf Probleme anderer eingehen. So gibt es scheinbar zwei Charaktere von Menschen. Jene ohne Probleme und jene, die voll sind mit Problemen und noch aus freien Stücken hingehen zu anderen Menschen und sich deren Last aufladen, mit vollen Händen heimtragen, ganze Problemtürme einrichten in den innersten Zimmern und Fluren ihres Wesens. Man könnte glauben, sie hätten eigentlich ein Problem werden sollen und nicht ein Mensch. Und dann sind sie unversehens ein Mensch geworden, aber das Problem, es ist mit ihnen geblieben. Es hat sich festgewachsen und ist so mit diesem Menschenkind geblieben. Alles hat sich verwachsen. Und am Ende kennt der Mensch sich nicht mehr aus, - weiß nicht ob er nun ein Mensch ist oder ein Problem.

An seine schöne Kindheit dächte der junge Mann sehr gerne, sagt er. Da wäre alles ohne Sorgen gewesen und unbeschwert. So sind wir Menschen. Wenn wir Kinder sind, möchten wir raus aus den kleinen Kleidern und hinein in das Großsein. Wir strengen uns an, wir plagen uns wie verrückt, so schnell wie möglich herauszuwachsen aus der Zwergennummer, nehmen Schwung und springen ohne Furcht und Schrecken hin zum großen Weltgetriebe. Wir verheddern uns, verstauchen, zerrupfen uns und zerschellen tonlos, weil uns dann doch alles zu groß geworden ist. Wir krümmen uns und suchen traurig einen Schoß und den warmen Rocke einer Mutter der immer noch riecht wie früher. Es ist kein Schoß da für unseren Schmerz und für unsere Traurigkeit und da falten wir uns zusammen und denken uns flüchtig und schüchtern ein paar Fragmente unserer Kindheit, die uns Trost spenden für den Augenblick. Bis zu seinem sechsundzwanzigsten Lebensjahr würde er alles gleich machen, meint der Mann. Danach würde etwas anderes kommen müssen. Er würde sich nicht mehr vom schnellen Geld leiten lassen. Es wäre schnell da und schnell auch wieder weg.

Er denke viel nach. Darüber, wie lange er in der Haftanstalt zu bleiben hätte und zu wessen Ohren die Nachricht gekommen sei, dass er im Gefängnis gewesen wäre. Da ist die Angst vor dem Finger der auf einen Menschen zeigt und den anderen zuruft: schaut her, da geht der Verbrecher. Bringt einen Stempel, aber den größten! Er wisse nicht, ob er so leicht wieder hineinfinde in die Gesellschaft und, mit der Angst und mit den vielen Sorgen habe er gelernt sich abzuschalten. Er hat also einen Weg gefunden, wegzugehen von sich und der Welt. Er kann sich abschalten, für einen Haftraum und für eine Welt und ganz und gar für die Angst vor sich selbst, seinem Leben und der Welt.

Manchmal gehe er zur Hoffnung, aber nur manchmal. Ein Mensch, der keine Hoffnung hat, denke ich, hat also vieles gelernt über die Hoffnung. Er hofft nicht mehr. Weder das gute noch das schlechte. Er ist bei der Welt und beim Leben angekommen und geht mit ihr, wohin sie mit ihm gehen mag. Ein Mensch, der fertig ist mit der Hoffnung, ist bereit, mit dem Glauben zu beginnen. Der junge Mann habe gelernt, erzählt er, die Hoffnung derart groß zu machen, dass sie so groß und mächtig wird, dass sie alles Übrige aus dem Blickfeld, aus dem Denken und aus einem Leben drängt. Diese Hoffnung reicht bis in den Himmel hinauf und bringt dem Menschen eine Welt, die ihn frei macht vom Jetzt und alle Last und Sorge fortnimmt. Der junge Mann glaubt an Gott. Er hoffe, so meint er, Gott verzeihe ihm und bringe Freiheit zu ihm. Der Mensch ist nicht geschaffen für ein Festgehaltensein, für das Eingesperrtsein, für triste stupide Alltage und Sinnleere. Man möchte dem Gebrochenen den einen oder anderen großen Menschen wünschen, der die Kraft verfügt, das völlig Kaputte wieder zu reparieren, das Geschlagene aufzurichten, ins Dunkel ein Strahlen zu bringen, mit einer Berührung einen Menschen zu heilen. Man möchte sich denjenigen wünschen, der das bestimmte Ohr hat für den Leidenden und Sinnleeren.

Der junge Mann spricht über seine Familie und über seine Frau. Sie wären jene Menschen gewesen, die ihn in schwierigen Zeiten nicht alleine gelassen hätten. Er würde gerne wieder zur Arbeit gehen mit seinen Füßen und Händen. Arbeiter sind beschäftigt. Sie bewegen sich und produzieren und steigern das Bruttosozialprodukt. Sie gehen hinein in Gebäude und er würde gerne studieren mit seinem Kopf und gerne an einer Universität sein. Er würde gerne ein normales Leben haben wollen. Jetzt sitzt er da, der junge Mann, man hat ihn ausgeschaltet. Wie eine Maschine. Ihm wurde der Betrieb eingestellt und die Justiz hat bis auf weiteres die Produktionsstätte konfisziert, hat gleich den gesamten Menschen konfisziert und ihn in Verwahrung genommen. Hineingestellt in den Gerichtssaal und dann in die Zelle gestellt, die jetzt seine Arbeit ist. Hier kann der Mensch allein sich zur Schwerarbeit werden. Da muss er gar nichts machen mit seinen Händen und Füßen, da muss er sich nicht einmal viel bewegen.  Allein er selbst wird sich täglich zum Arbeitsplatz, er ist sich zum täglichen Arbeitsplatz geworden mit dem er oft gar nicht fertig wird. Und Urlaub gibt es auch keinen. An keinem Tag.

Zu dem Spruch, dass ein Gefängnis von Sorgen befreie, meint der junge Mann, der sich noch immer konzentriert, meint, dass er sich das beim bersten Willen nicht vorstellen könne. Der Mensch, der hier spricht sieht klug aus und so hat er neben seiner Erfahrung selbst noch seine Vorstellungskraft angestrengt. Ist zum Schluss gekommen, dass das Gegenteil der Fall wäre. Das sagt er mit fester und bestimmter Stimme. Das Gegenteil, hören Sie! Man verliere alles, sagt er. Man verliere die Arbeit, man verliere sein soziales Umfeld, man verliere sämtlichen Besitz und nur sehr wenig würde bleiben. Man bekomme auch etwas, sagt er. Nämlich einen gewaltigen Schuldenberg. Ich stelle mir den Berg vor, der groß ist und massiv wie eine ganze Gebirgskette und nach alle Richtungen Schatten wirft und die Schatten haben lange Schleppen und folgen ihm überall hin. Der Mensch ist zum Schuldenberg geworden. Er hat sich in vielerlei Hinsicht schuldig gemacht und jetzt gehört ihm das riesige Nichts mit Amt und Siegel der Staatsrepublik Österreich.

Er würde sich sehr wünschen, wieder aus der Haft entlassen zu werden. Er werde wieder Familie haben, eine Firma betreiben, sagt der junge Mann und er werde in diese Firma investieren, um mehr Geld daraus zu machen. Da ist es wieder das Geld, denke ich, das mehr werden soll und wahrscheinlich wieder eher schnell als langsam wird und vergeht aber doch immer süß ist. Wer weiß. Und er würde sich nie wieder einsperren lassen, sagt er und schreibt drei Rufzeichen auf das Blatt Papier. Hier drinnen, und damit meint er die Anstalt, würde alles den Bach runtergehen. Alles den Bach runter und er richtet die Augen fort und sieht, wie alles davonschwimmt von ihm, so lange, bis es irgendwo in der Ferne verschwunden ist. Ja, sagt er, je länger ich hier sitze, geht alles den Bach runter.

Ich denke an meine Familie, sagt der Mann. Und dann schweigt er.


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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (13.05.17)
Sorry, schon die ersten paar Sätze sind so ungelenk-holprig formuliert, dass ich die Lust verloren habe, weiterzulesen. Nichts für ungut, sollen sich andere damit abmühen!
Graeculus (69) meinte dazu am 13.05.17:
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 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 13.05.17:
Es fängt gleich mit dem ersten Satz an:
"Am Tisch sitzt ein junger Mann, auf dem Tisch ein Blatt Papier..."
Da der erste Nebensatz kein Verb enthält, übernimmt man als Leser natürlich das Verb aus dem Hauptsatz, was ja heisst, dass "ein Blatt auf dem Tisch sitzt" - schon allein das ist - mir Verlaub - sehr blöd formuliert.

 niemand schrieb daraufhin am 13.05.17:
@ Dieter_Rotmund
Um den von Dir aufgeführten Satz so [siehe Dein Kommentar] zu interpretieren, müsste der Leser schon "sehr blöd" sein.
Man merkt, dass Du ein staubtrockener Journalist bist,
mir ziemlich magerer Fantasie. Nichts für ungut, aber das beobachte ich schon ziemlich lange. LG niemand
Anmerkung: Änderung wegen eines Fehlers, jedoch nicht
wegen des Inhaltes.
(Antwort korrigiert am 13.05.2017)

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 13.05.17:
(niemand) Zu allem: Ja!

Aber es geht nicht darum, was wir als Leser uns da vielleicht zusammenreimen können, es geht um die offensichliche mutwillige handwerkliche Schlampigkeit, die ich sehr ärgerlich finde.

Dein fantasiemagerer, staubtrockener Journalist (ein großes Kompliment!)

 niemand ergänzte dazu am 13.05.17:
Kompliment? Es soll ja Leute geben die ein A mit vier Punkten
für ein großes Kompliment halten, alleine weil das A groß geschrieben wird Wie sagt man da? Jedem das Seine ...

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 13.05.17:
Journalisten müsse berichten (fanatasielos, nichts dazuerfinden) und zwar so, dass sich der Leser selbst eine Meinung bilden kann (staubtrocken). Niemand, was ist Dein Beruf?

Und überhaupt: Was sagt Elen zu allem?
Hilde (62) meinte dazu am 13.05.17:
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 13.05.17:
Liebe Hilde, auf kV bin ich privat, deshalb werde ich keinen Lektor für meine Kommentare engagieren, sorry! Trotz meiner Rotzfehler sind meine Kommetare dennoch fehlerfreier als gefühlt 90% aller kV-Texte!
Was meine eigenen kV-Texte anbetrifft (z.B. meine Kolumentexte), dort bin ich sehr bemüht sie fehlerfrei zu gestalten und für jeden Hinweis dankbar!
Hilde (62) meinte dazu am 13.05.17:
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 niemand meinte dazu am 13.05.17:
Am Tisch sitzt ein junger Mann, auf dem Tisch ein Blatt Papier, das eine weiße Fläche bereithält, Gedanken darauf zu schreiben.

Am Tisch sitzt ein junger Mann. Auf dem Tisch ein Blatt Papier, das eine weiße Fläche bereithält, Gedanken darauf zu schreiben.

Mein Gott, Dieter, ein Punkt hinter Mann und groß anfangen
und schon ist das "Problem" behoben. Ich habe es auch ohne so gelesen.
Hilde (62)
(13.05.17)
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 Dieter_Rotmund meinte dazu am 13.05.17:
Mein Gott, Dieter, ein Punkt hinter Mann und groß anfangen und schon ist das "Problem" behoben

So ist es. Aber warum sprichst Du damit mich an und nicht die Autorin?
bbx (68) meinte dazu am 13.05.17:
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 niemand meinte dazu am 13.05.17:
@ Dieter
Warum? Weil Du den Zwergenaufstand machst, darum.
Hilde (62) meinte dazu am 13.05.17:
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bbx (68) meinte dazu am 14.05.17:
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 W-M meinte dazu am 15.06.17:
also zurück zum anfang, da müsste es wirklich heißen auf dem tisch liegt ein blatt papier, dieter hat da schon recht mit seiner kritik, das stimmt so, wie es dasteht nicht.

 Dieter_Rotmund (14.05.17)
Ich klinke mich aus, Beleidigungen sind nicht das Niveau, auf dem ich hier diskutieren möchte.

 keinB meinte dazu am 14.05.17:
Mag sein, ich bin bin unbedarft und blauäugig - wo siehst du hier Beleidigungen?

 warmeseele01 (05.06.17)
,,,Wenn man sich nicht in kleinkarierter Grammatikfehlersuche begibt (...) ,,,! Findet man hier, wie eigentlich immer bei dieser Begnadeten, gar facettenreiches und echt tieftiefstes Leben und Empfinden. Eins Plus,,,für den Blick die Dame! Liebe Grüße,,,tom:-)
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