Beim Überfall (1)

Erzählung zum Thema Allzu Menschliches

von  Inlines

Ich war irgendwie beleidigt, dass man mich nicht niederstach oder mir das Brotmesser zumindest an die Kehle drückte.

Als ob ich nicht der prominenteste Mann im Saal wäre, der im Falle einer Geiselnahme die wohl höchste Prämie und auch ein stark verkürztes Auszahlintervall versprach. Diese Dilettanten übersahen den Minister eines Bundeslandes, und widmeten während der viel Geduldigkeit verlangenden Phase, in der alle nur bewegungslos am Boden hocken durften, ihre Energie dem frisch ausgelernten Kassierer, der auf der sozialen Leiter weit unter mir, eigentlich schon direkt am Abgrund stand, und gerade noch den linken Arm um eine letzte Sprosse hakte.

Sollte ich die Thematik ansprechen? Meinen Ausweis vorlegen, und die Verbrecher über diese Ungerechtigkeit in Kenntnis setzen? War es es nicht auch meine Aufgabe als Person des öffentlichen Lebens im Sinne einer nachhaltigen Image-Verbesserung zu handeln?

Der Kassierer hatte jetzt einen neutralen Gesichtsausdruck, aber irgendetwas sagte mir, dass er innerlich heftig lächelte, und das Interesse an ihm genoß. Er trug einen schwarzen Anzug, der unter den gegebenen Lichtverhältnissen seine Figur recht gut zur Geltung brachte. Und hantierte effizient und sicher die Geldbündel in die weiße Pflastiktüte hinein, als würde er dies täglich machen.

Einer der Gangster flüsterte ihm etwas zu. Vermutlich ein Lob, oder ein Angebot beim nächsten Überfall mit dem Fluchtwagen vorfahren zu dürfen. Vielleicht war es auch eine sexuelle Anrüchigkeit, da auf Grund der Tarnanzüge das Geschlecht nicht sicher zu bestimmen war. Vielleicht wurde hier ein Date vereinbart, der Grundstein für eine Ehe, eine Generationenabfolge eines Herrschergeschlechts gelegt. Dieser Kassierer zettelte wahrscheinlich eine Revolution an, während mir der Geruch abstandenen Bohnenkaffees durch die verschnupfte Nase strömte.

Langsam kam ich aus der Deckung.

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (22.03.18)
" der auf der sozialen Leiter weit abseits von mir"

Auf einer Leiter steht man über-/untereinander.

 Inlines meinte dazu am 22.03.18:
Von mir aus dürfen sich auch gleichzeitig einer hinten und einer vorne an die selbe Sprosse hängen, und mit den Beinen radfahren.

Im Zirkus bist du auch noch nie gewesen?

Alles klar.

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 22.03.18:
Es geht darum, das Bild mit der Leiter korrekt zu verwenden, damit es alle Leser richtig verstehen. War nur konstruktive Kritik, nichts für ungut!

 Inlines schrieb daraufhin am 22.03.18:
Ja, ok, in meinem Kopf ist diese Leiter halt etwas länger, und steht eher schräg, so dass dieses abseits für mich Sinn machte. "Abseits" bedeutet eigentlich nur, dass man entfernt von einander steht, sozusagen "andere Liga". Mehr nicht... Ich werd s mir aber in einer ruhigen Minute nochmal durch den Kopf gehen lassen.

EDIT: Ich hab jetzt mal "entfernt" statt "abseits" genommen.

Antwort geändert am 22.03.2018 um 16:00 Uhr

 Inlines äußerte darauf am 14.05.18:
Mit einem gewissen Abstand macht dieses "unter" nun auch für mich am meisten Sinn. Habe es entsprechend angepasst.
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