(1) - Am Strand

Lyrischer Prosatext

von  autoralexanderschwarz

I

Während unsere Gefühlsregungen immer noch weitestgehend unbewusst verhallen,
vertreiben wir uns inzwischen recht erfolgreich die Zeit:
wir tun dies und das und wieder dies,
halten uns belanglos beschäftigt
und tanzen nur noch heimlich mit alten Schattenbildern.

Wir erschrecken erst viel später, als wir sehen,
wie sich die Haare um uns herum zurückziehen,
wie Falten in die Gesichter kriechen,
wie alte Freunde zu Staub zerfallen.

Auch deswegen lenken wir uns ab:
wir gießen die Pflanzen,
wir putzen uns die Zähne,
wie spülen die tiefen Teller
und husten dabei selbst schon wie alte Männer.

Bald, bald schon werden wir unsere Jugend vollständig ausgehustet haben.



II

Unsere Prosa kommt uns dabei so barock vor,
die Vergänglichkeit lässt sich hier fast mit den Händen greifen,
nur das Carpe Diem entgleitet immer wieder unseren tastenden Fingern:

wir sind überhaupt viel zu nachtaktiv geworden,
den größten Teil des Tages verschlafen wir inzwischen;
zärtlich sind wir nur noch zu unserem Kopfkissen,
wenn wir es Nacht für Nacht glattstreichen.

Ähnlich geht es uns in dieser Zeit mit Buchstaben und Silben.



III

Die Tristesse mahnt uns irgendwann zum Aufbruch,
auf Dauer ist es hier nicht schön:

wir zeichnen uns eine Schatzkarte, deren Ränder wir mit dem Feuerzeug versengen:
mit Plastikeimer und Schäufelchen werden wir auf die neue Suche gehen
und während die Anderen nur Sandburgen bauen,
suchen wir einen verlorenen Schatz, das rote Kreuz auf der alten Karte.
Lenkdrachen rauschen im Sinkflug über unsere Schultern,
während wir überall am Strand tief-kleine Löcher graben.

Schließlich suchen wir nur noch ein Eimerchen Glück
und finden dabei:
ausgedrückte Kippen, Fischgräten
und ab und zu eine kleine Münze.

Nicht einmal ein Eis kann man heute noch davon kaufen.

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