(7) - Hasch bildet sich unter der Haut

Lyrischer Prosatext

von  autoralexanderschwarz

Als wir endlich die Kraft finden uns zu erheben,
bleibt unser Kaffee schwarz:
die Milch ist noch immer im Supermarkt,
sie ahnt nicht, wie sehr wir vermissen:
Hasch bildet sich unter der Haut
und unter den Fingernägeln
klebt noch ein Rest
von Bewusstsein.

Wieder haben wir zu wenig
geschlafen,
gegessen,
getrunken,
gelebt
und dabei ganz vergessen
die Haare in Unschuld zu waschen:

„Schaut doch nur wie fettig sie sind“,
schreien wir hoffnungsvoll in den leeren Spiegel,
„sie quellen wie Talg aus den Poren“
und der Spiegel antwortet:
„Beruhige dich: ein kranker Geist braucht keinen gesunden Körper.“
Wir beruhigen uns.
Hasch bildet sich unter der Haut.

Zwischen rohen Gedanken und Bücherstapeln
suchen wir kalorienreiche Nahrungsreste und finden:
libanesisches Brot, das zu Staub zerfällt,
als wir es berühren:
alles zerfällt jetzt zu Staub,
Hasch bildet sich unter der Haut
und wir suchen einen verlorenen Strohhalm
in einem Nadelhaufen.

Mit der Nagelschere sammeln wir kleine Muttermale aus Fleisch,
wir haben schon eine ganze Kiste voll,
wir irren durch unseren eigenen Supermarkt
und haben vergessen,
dass das Obst erst an der Kasse gewogen wird:
wo sollen wir da nur hin,
mit unseren ganzen eingebildeten Äpfeln,
Hasch bildet sich unter der Haut,
dann Donnerschläge,
noch so weit, noch so weit
in der Ferne.

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